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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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sein Komplize. »Entweder, der ist absolut taff oder er weiß wirklich nichts.«
    Sniper grinste kalt. »Er hätte geredet, das kannst du mir glauben.«
    »Wir hätten besser auf Viktor warten sollen.«
    »Bei dem Sturm fliegen keine Flugzeuge auf die Insel und die Zeit drängt«, entgegnete Sniper. »Wie oft haben wir uns das in der letzten Zeit anhören müssen!«
    »Er hat vielleicht gewusst, was wir auch wissen sollten, aber du hättest ihn beinahe totgeschlagen. Du warst zu schnell und zu unbeherrscht. So wie damals.«
    Sniper nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. »Er hätte mich nicht anspucken dürfen. Mir ist da einfach eine Sicherung durchgebrannt.«
    Einen Augenblick lang schwiegen beide. Das Schiff hatte Kurs auf Bremerhaven genommen. Das Auf und Ab der Wellen kümmerte die Männer nicht, sie waren Schlimmeres gewohnt.
    »Was machen wir jetzt?«
    Sniper nahm eine filterlose Reval aus der Schachtel und zündete sie umständlich an. Er inhalierte tief. »Viel bleibt uns nicht mehr übrig. Wir werden mit Viktor reden müssen.«
    *
    Sie verbrachten die meiste Zeit am Computer, doch ihre Fortschritte hielten sich in Grenzen. Für Rike war klar, irgendetwas auf dieser CD war so brisant, dass es Menschenleben gekostet hatte. Aber Onno Behrends Computerspezialist war immer noch nicht weitergekommen. Lediglich eine der drei Dateien auf der CD ließ sich öffnen. Eine einfache Tabellenkalkulation. WiLaRoSa, was hatte das zu bedeuten? Wofür standen die Werte in der Tabelle? Sie waren scheinbar willkürlich zusammengestellt, ohne durchschaubare Ordnung. Trotzdem glaubte Onno, dem Rätsel ganz dicht auf der Spur zu sein.
    Eines aber wusste Behrend: Rike hatte nur eine Chance, wenn er den Inhalt des Datenträgers entschlüsseln und die Daten in irgendeine Verbindung bringen konnte. In eine Verbindung mit dem Tod.
    Immer wieder ging er die einzelnen Positionen durch. Koordinatensysteme, Gitternetzlinien, Landschaftsstrukturen, nichts passte zusammen, nichts ergab einen Sinn. Vielleicht war es ratsam, einfach noch einmal von vorne zu beginnen. Wenn man sich in eine Idee verrannt hatte, dann trat man nur noch auf der Stelle. Oder man verlief sich und verirrte sich immer tiefer im Labyrinth. Dabei müsste man nur zur Ausgangsposition zurückkehren. Und die Ausgangsposition hieß Björn Larsen.
    »Du bist dir sicher, dass Larsen damals vom Roten Sand gesprochen hat?«, vergewisserte sich Onno Behrend noch einmal.
    »Ganz sicher. Aber ich weiß nicht, was es damit auf sich hat.« Rike schaute aus dem Fenster. Der Wind pfiff ums Haus und die See glänzte in der Ferne. Weiße Schaumkronen trieben auf den Wellen auf den Strand zu. »Manchmal habe ich das Gefühl, dass das alles sinnlos ist. Ich glaube, es ist das Beste, wenn ich mich freiwillig stelle.«
    »Mädchen, wenn du das ernst meinst, dann bringe ich dich aufs Festland und begleite dich aufs nächste Revier.« Onno stand auf und legte Rike väterlich die Hände auf die Schultern. »Ich besorge dir auch einen Anwalt. Aber wenn du auf mich hörst, dann gehst du erst zur Polizei, wenn du ihnen was bieten kannst.«
    Sie schmiegte sich an ihn. »Du hast schon mehr für mich getan, als ich verlangen konnte. Ich werde mich aber nicht ewig hier verstecken können. Was ist, wenn die Kerle, die Larsen umgebracht haben, auch hier auftauchen?«
    »Nur Hilko und ich wissen, dass du bei mir bist.«
    Rike wandte sich um. »Genau das ist es, was mir Angst macht.«

26
    Der letzte Tag des Jahres kam mit heftigen Regenfällen und Sturmböen. Die beißende Kälte hatte sich verzogen. Es wurde mild. Überaus mild sogar. Dennoch blieben die Straßen verwaist. Die Menschen bevorzugten ein Dach über dem Kopf. In einem Bremer Hotel saß Alexander Romanow vor einem opulent gedeckten Frühstückstisch und legte eine Scheibe finnischen Wildlachs auf sein Brötchen. Kaviarpaste, Prosecco, Multivitaminsaft, eine Schale mit Obst. Er ließ es sich richtig gut gehen, obwohl er überhaupt keinen Anlass zum Feiern hatte. Seine Mitarbeiter hatten einmal mehr versagt. Noch immer war die einzige Person, die seinem Vorhaben gefährlich werden konnte, im Besitz verräterischer Daten. So konnte das nicht weitergehen. Vor allem jetzt nicht, wo das Projekt in die Endphase kam.
    »Ich will, dass ab sofort du alle Aktionen vor Ort leitest und diese Stümper endlich auf Vordermann bringst«, sagte er mit vollem Mund. Noch immer lag der Duft von billigem Parfüm in der Luft. Aus dem Badezimmer drang leise

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