Die wilde Gärtnerin - Roman
Grausamkeiten hinwegtrippeln konnte.
»Er hat gewusst, dass wir Freunde sind, dass ich eng mit Leda bin, dass ich Shiatsu mache. Is schon
spooky
, wenn ein Fremder so viel über dich weiß.«
Sind
hat sie gesagt, dachte Helen. Dass wir Freunde
sind
. Sie überlegte, ob dieser Satz nicht mit »waren« zu korrigieren sei.
»Aber er dürfte ganz okay sein, dein Vater.«
Jetzt schnellte Helen herum. »Er ist nicht mein Vater«, sagte sie gereizt. Zu gereizt für eine Person wie Robert. »Ich gehe davon aus, dass er nicht mein Vater ist«, entschärfte sie ihre Aussage. »Außerdem bedeutet Vaterschaft ein bisschen mehr, als vor 25 Jahren möglicherweise einen halben Chromosomensatz beigesteuert zu haben.« Helen wollte ihren Magen nicht länger vertrösten. Selbst wenn es wie Flucht aussehen würde, sie ging Richtung Buffet zu Leo.
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25.7.
Nach einer Woche Untersuchungshaft bekomme ich Papier und Bleistift. Einer Staatsfeindin Schreibmaterial zu geben, ist möglicherweise unüberlegt, von meiner Warte aus betrachtet aber äußerst großzügig.
Beschreibung meiner Umgebung: gesamter Gefängniskomplex steril, Farbwahl eintönig. Werde, von meiner Umwelt isoliert, in einer kleinen Einzelzelle mit Fernseher und Radio gehalten. Einmal am Tag darf ich für eine Stunde Runden im betonierten Hof machen oder in die Anstaltsbibliothek gehen. Dort gibt es Internetanschluss. Höre Radiobeiträge und lese Online-Artikel über mich und die Festnahme → Der Wahrheitsgehalt der Meldungen stimmt, wie wahrscheinlich öfter, nur begrenzt mit der Realität überein.
Aber was ist die Realität? Weiß es nicht. Habe keine Ahnung, was die von mir wollen. Wurde in den bisherigen zwei Einvernahmen nach Lebensgewohnheiten und Tagesablauf befragt. Auf meine Bemerkung: »Verlasse nach Jahren erstmals mein Haus und lande in einer acht Quadratmeter großen Zelle, kein allzu großer Unterschied«, reagiert der Staatsanwalt humorlos. Er fragt nach Beziehungen zu meinen Mietern, den Shantis und Toni → gebe ihm so gut wie möglich Auskunft. Kann nicht beurteilen, ob ihm meine Antworten gefallen.
Darf jeden zweiten Tag ein Telefonat machen. Rufe zuerst Toni an, kann sie nicht erreichen. Weiß nicht, was mit ihr los ist. Hier sagt mir niemand irgendetwas → gehört zur Isolation!
Mein zweiter Anruf geht an meine Großeltern. Haben seit 25 Jahren die gleiche Telefonnummer. Die Einzige, die ich auswendig kann. An ihnen rauscht die digitale Revolution folgenlos vorüber. Omas Begrüßungsworte: »Auf dem Foto, das sie von dir im Fernsehen zeigen, schaust du grauenvoll aus.« Entspreche wohl nicht ihrer Vorstellung eines Filmstars. Ansonsten stellt sie mir Fragen, die ich nicht beantworten kann, weil ich auch nicht weiß, was das alles soll. »In den Häfn hat’s nicht einmal deine Mutter geschafft«, sagt sie bewundernd oder verzweifelt. Sie wünscht mir alles Gute und erkundigt sich nach den Besuchszeiten. »Damit ich dir einen Kuchen bringen kann.« Für Oma sind Gefängnisse anscheinend so was Ähnliches wie Krankenstationen. Kann ihr aber die Zeiten nicht nennen → das ist hier eben kein Spital.
Mein drittes Telefonat verbindet mich mit meiner Anwältin (dazu hat mir Oma geraten). Die hält sich bisher eher bedeckt. Meint, wir müssten noch warten → worauf, verrät sie nicht.
Nach einer Woche habe ich nicht den blassesten Schimmer, was das hier soll. Es kann sich nur um eine Verwechslung oder einen schlechten Scherz handeln. Nehme das Ganze ziemlich gelassen, schätze, meine Inhaftierung ist von kurzer Dauer (obwohl eine Woche schon viel ist). Das Allersinnloseste: muss meine Scheiße einem WC überantworten → »Die Schwemmkanalisation ist der größte Irrtum der Menschheit«, wer das gesagt hat, muss wohl im Gefängnis gesessen sein.
28.7.
Werde bei einer weiteren Einvernahme nach Kontakten und Verbindungen in Deutschland befragt → welche Verbindungen? Ermittelnder Kriminalbeamte will wissen, ob mir die Firmen Osram und E.ON bekannt sind. Wem nicht? Zählt mir einige Namen von Vorsorgekassen auf → Soweit sie mir geläufig sind, gebe ich zu, sie
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