Die wilde Gärtnerin - Roman
suspekt)
3.) habe bzw. hatte Internet-Zugang (gilt noch nicht als sozialer Kontakt)
4.) führe Protokoll über meine Anschläge.
Weil das für eine vollwertige Terroristin noch immer etwas dürftig ist, wurden auch meine Handydaten ausgewertet:
1.) Bertas Anrufe (Telefonnummern unterdrückt) wurden mit unterschiedlichen ausländischen SIM-Karten, umgeleitet auf ausländische Handys, geführt → laut Beamte sind die Daten noch unvollständig, die bisher ausgehobenen Nummern nicht existent. Zusätzlich weist die Rufdatenrückerfassung Fehler auf (Information von meiner Anwältin).
2.) Die Telefonnummer, die mir Berta bei unserem ersten Treffen gegeben hat, ist inaktiv.
3.) Wunderbarer Zirkelschluss der Kriminalbeamten: Da mein Handy keinerlei sachdienliche Verbindungsgespräche aufweist + die Funkzellenauswertung des nahegelegenen Handyfunkmastens eine »demonstrative Immobilität« ergeben hat (mein Handy wurde permanent in der Lerchengasse geortet, beispielsweise auch während meines nachweislichen Ausflugs auf die Mariahilfer Straße), kann mein Gerät nur zur Irreführung der Behörden angeschafft worden sein. Organisationsarbeit muss daher von anderen, derzeit unauffindbaren Geräten durchgeführt worden sein.
Werde gefragt, weshalb sich von Berta kein Lebenszeichen finden lässt. Würde am liebsten schreien: »Weil ihr unfähig seid!« Schreie (diesmal) aber nicht.
»Weil sie offensichtlich so clever war, Scheinidentitäten anzunehmen und falsche Fährten zu legen. Bei Hackern soll das üblich sein, sowohl im Internet als auch in der Offline-Welt. Sie muss es irgendwie geschafft haben, Sie auf mich aufmerksam zu machen und gleichzeitig hinter mir zu verschwinden. Wie, das müssten eigentlich
Sie
wissen. Aber wahrscheinlich, weil Profis sich nicht erwischen lassen und Sie mit ihrer Sonderkommission nur unbedarfte Bürgerinnen einfangen können, die dumm-tölpisch Spuren beim Online-Zeitungslesen hinterlassen.« Leider ist eine Einvernahme wie ein Streitgespräch: Alle Beteiligten trachten danach, die Äußerungen des anderen missverstehen zu wollen.
»Dann geben Sie endlich zu, dumm-tölpisch gewesen zu sein und aus Unachtsamkeit Spuren hinterlassen zu haben?«, fragt mich der Beamte allen Ernstes.
Muss mich zusammenreißen, um nicht völlig auszurasten. »Bitte, denken Sie doch logisch. Wie soll ich irgendetwas mit den Aktionen zu tun gehabt haben? Wie kann ich in München Quecksilberlampen zertreten, während ich zuhause in meinen Garten scheiße?«
Aber durch solche Fangfragen lässt sich ein Soko-Beamter nicht aus der Ruhe bringen. »Eben«, sagt er süffisant, »ein Profi lässt sich nicht erwischen.«
12.8.
Wie gesagt, es geht immer noch schlimmer:
Liege auf meinem Bett und lese, die Zellentür wird aufgesperrt. Glaube, man holt mich wieder zu einer Befragung. »Besuch«, sagt meine Wächterin stattdessen und führt mich in den Besuchsraum. Toni wartet hinter der Glasscheibe auf mich. Sie ist schneewittchenschön, wenn auch leicht mitgenommen. Man kann sich hier nur mittels Telefonhörer unterhalten, was den Charme des Gesprächs etwas trübt. Egal, bin froh Toni überhaupt zu sehen.
Zuerst erzählt sie von ihrer Festnahme und Inhaftierung. Wie sie sich über das zerstörte Sommerfestival geärgert hat. Dann von ihren Shantis und meinen Mieterinnen und Mietern. »Alle schicken dir Energie«, meint Toni. Die Gefangenschaft macht mich derartig mürbe, dass mich sogar solche Sprüche freuen! Angeblich wollen mich viele besuchen, was nicht leicht ist, selbst Toni hat es erst beim 3. Versuch geschafft → werde hier abgeschottet, wie sich das für eine Staatsfeindin gehört.
Wir schweigen einen Moment. Es tut so gut, Toni zu sehen. Sie geht mir fast noch mehr ab als mein Garten. (Wer hätte das gedacht?) Die Wächterin, die uns das gesamte Gespräch über beäugt, meint: »Noch fünfzehn Minuten.«
Toni schaut traurig. »Helen, seit dem Fest hab ich nichts von Benno gehört. Es war so ein furchtbares Durcheinander, ich hab nicht gewusst, wo sie dich hingebracht haben noch wo Benno oder die anderen sind, anrufen war auch nicht möglich, du weißt, wie chaotisch das alles war.« Sie schnauft, als könnte sie dadurch eine Last wegstemmen. »Ich hab’s mehrmals bei Benno versucht, immer erfolglos, aber gestern hat er sich endlich gemeldet. Er war total anders, Helen, so völlig ohne Gefühl und Wärme.« Sie bricht wieder ab und lässt den Hörer sinken. Die Wächterin neben ihr scheint darauf
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