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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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die Luft weggeblieben wäre.
    »Ja«, sagt sie. So ist das also. Fragen, einfach direkt fragen, dann bekommt man eine Antwort. Nicht blöd herumüberlegen und konfuse Theorien entwickeln. Frage → Antwort → einfach. Niemandem bricht dabei etwas ab. Obwohl ich mich fühle, als wäre gerade etwas in mir zerplatzt. Eine Illusionsblase?
    +++ Lobbyist gibt Selbstanzeige in zehn Fällen bei Staatsanwaltschaft ein +++ mehr als 60 Verletzte bei Protesten gegen Sparpolitik in Madrid +++ Österreichische Bankenhilfe: Staat hat schon 2,3 Milliarden Verlust +++ EU für Aufspaltung von Großbanken +++ Kursmanipulation: Anklage gegen drei Ex-Telekom-Vorstände +++

1970
    Sie trafen sich im
Wirtshaus zum Lerchenfeld
von Magda und Franz Cerny. Die Flügeltüren zum Gastgarten standen offen und ließen Sonne in die alte, dickwandige Stube scheinen. Das Lokal hielt Nachmittagsruhe. Küchendunst und Körperausdünstungen wohlig satter Gäste waberten noch wie Staubflankerln im Licht. Erna, Hilde und Amalia saßen an einem Tisch nahe dem Garten. Magda ließ die dritte Tasse Kaffee aus der kürzlich angeschafften Maschine laufen.
    »Wie geht’s euch?«, fragte sie hinter der Ausschank hervor, doch ihre Schwiegertochter zupfte Amalia gerade etwas aus den Haaren und hörte sie nicht. Ihre Enkelin Hilde kam zu ihr und wartete, dass sie ihr eine heiße Schokolade anrührte. Sobald das geschehen war, nahm Hilde ihre Tasse in Empfang und ging zu den anderen an den Tisch. Magda folgte mit einem Tablett in der Hand, auf dem Kaffeetassen schepperten.
    »Wie geht’s euch?«, fragte Magda nochmals und setzte sich. Mit einer Hand drückte sie ihr kurzes, in Wellen gelegtes Haar im Nacken nach oben. Eine Geste, die sie oft und gedankenverloren vollführte. Für Erna wirkte ihre Schwiegermutter stets geistig entrückt, als könnte sie sich auf Gegenwärtiges nur schwer konzentrieren. Amalia leerte Zucker aus dem Streuer in ihre Tasse und rührte lange darin um. Sie wusste, dass der Kaffee ihrem Magen nicht guttat. Aber er würde ihr schmecken, was mehr Wert hatte als ein kurzzeitig schmerzfreier Körper. Magen und Darm machten ihr bereits des Längeren zu schaffen. Das musste aber nicht unbedingt beachtet werden und war definitiv kein Thema für den Nachmittagskaffee.
    »Ganz guat, danke. Und selber?«, fragte sie stattdessen.
    »Jaja, geht schon«, war Magdas Antwort, womit sie nichts verriet, aber einiges erahnen ließ.
    »Und dem Franz geht’s auch gut? Wo is er denn?«, erkundigte sich Erna nach ihrem Schwiegervater. Amalia bot ihr den Zuckerstreuer an. Erna lehnte ab. Sie trank ihre Melange ohne Zucker. Ihr kam vor, ihr Körper würde seit ihrem dreißigsten Geburtstag immer besessener ein Kilo ums andere an sich binden wollen. Sie aß kaum noch und trotzdem nahm sie zu. Süßigkeiten verbot sie sich gänzlich. »Gemein«, dachte sie, »jetzt, wo Eis und Schokolade grenzenlos verfügbar sind, darf ich nicht mehr naschen.« Sie ärgerte sich über die Ungerechtigkeit des Zeitenlaufs und die Bösartigkeit von Fettgewebe. Nach Hildes Geburt konnte sie ihre Mannequin-Figur zwar nicht wiedererlangen, aber der Weg zur totalen Tonne durfte nicht beschritten werden.
    »Der hat sich oben hinglegt.« Magda wollte den beiden verschweigen, dass Franz jeden Tag um zwei das Wirtshaus zusperrte, um seinen Rausch auszuschlafen. Sie mussten nicht erfahren, dass er schon zum Frühstück einen kräftigen Schuss Obstler in seinen schwarzen Kaffee kippte, damit seine Hände ruhig wurden. Magda brauchte ihnen nicht zu schildern, wie er nach dem Mittagsschlaf das Wirtshaus aufsperrte, nur um sich gleich wieder ein Vierterl Veltliner zu genehmigen. Und sie mussten auch nicht wissen, dass er seine Gäste am liebsten um sieben Uhr abends hinauswarf, weil er zu betrunken war, um sie noch länger zu bewirten. Das alles musste Magda nicht erzählen. Das würden die beiden auch von anderen erfahren oder selbst bemerken. Für Magda war Franz’ Zustand ohnehin offensichtlich. Ihrer Meinung nach müsste alle Welt sehen, dass er ein Trinker war. Da bräuchte sie das Thema nicht auch noch breittreten.
    »Der Bub muss heut arbeiten?«, erkundigte sie sich stattdessen nach ihrem Sohn.
    »Ja, dafür hat er die nächsten vier Tage frei«, erklärte Erna. Somit würde nächste Woche eine gute sein. Erna würde Zeit mit Anton verbringen können, Hilde von der Schule abholen, einen Ausflug machen, vielleicht mit dem Auto auf den Semmering fahren oder an den Neusiedlersee. Anton

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