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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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unterstützen. »Servus, Robert«, grüßte Hermann. Hildes Augen weiteten sich, dann schaute sie peinlich berührt zu Boden. Sie glaubte sofort versinken zu müssen, weil Robert nicht die Tür zumachte und die beiden allein ließ, sondern Gertrud in ein Gespräch verwickelte. »Kommst du nachher bitte zu mir runter? Ich brauch deine Hilfe bei der Keramikglasur, irgendwas hat da nicht funktioniert. Wär schön, wenn du dir das anschauen würdest.« – »Ja, okay, wahrscheinlich hast du nur zu viel Wasser in die Farbe gemischt.« Gertrud beugte ihren Oberkörper vor, stützte sich mit ihren Armen neben Hermanns Kopf auf und ließ ihm ihre Brust in den Mund hängen. Robert schloss endlich die Tür hinter sich und erklärte: »Ich hab gestern nämlich das erste Mal alleine Keramik gebrannt, aber die Glasur hat lauter kleine Risse bekommen.« Dann ging er weiter. Er hielt vor einem leeren Zimmer, das Flecken an der Wand und Holzbretter quer über das Fenster hatte. »Dieser Trakt ist noch nicht renoviert, das wollen wir kommenden Frühling angehen. Wenn du willst, kannst du mithelfen.« Hilde musste über Roberts Selbstverständlichkeit, mit der er ihr handwerkliches Geschick zutraute, lachen. »Tut mir leid, aber ich wäre von geringem Nutzen«, wollte sie Robert vor zu hohen Erwartungen bewahren. »Na, irgendwas kann doch jeder.« Sie lachte noch immer, weil ihr nicht einfiel, was das in ihrem Fall sein konnte. »Ich weiß nicht mal, wie man eine Scheibtruhe schiebt.« – »Beste Voraussetzungen, würd ich sagen«, meinte Robert und ging mit ihr hinunter in den ersten Stock. »Hier sind unsere Gemeinschaftsräume. Ich meine, alle Zimmer gehören uns allen, aber hier sind unsere Werkstätten und der Aktionsraum.« Mit einer Geste, als zöge er einen Vorhang beiseite, deutete er auf einen riesigen Saal mit Matratzen, Pölstern und Kerzen am Boden. Am Abend gab es ein Gemeinschaftsessen. Fünfundzwanzig Leute saßen an einer langen Tafel, schöpften Speisen aus riesigen Töpfen, tranken Wein aus Dopplern, reichten sich selbst gebackenes Brot. Alle redeten durcheinander, lachten, Musik plärrte aus dem Radio. Hilde schmeckte es gut. Sie verlangte sogar Nachschlag. »Wie geht’s dir?«, fragte Anne, obwohl sie an Hildes Gesicht die Antwort ablesen konnte. »Ich wusste, dass dir das hier guttun würde.« Hilde grinste, weil es ihr nichts ausmachte, durchschaut worden zu sein.
    Hilde hörte hinter sich Gezischel. »Des darf net wohr sein, die gibt dem Kind die Brust, mitten im Hof! Die muass deppert sei.« Hilde drehte sich um. Zwei dicht aneinandergedrängte Köpfe schauten aus dem Rahmen eines Erdgeschoßfensters. Hilde schmunzelte und wendete sich wieder von den beiden ab. Sie wusste, dass sie im Gemeindebau richtig war. Hier würde sie ohne soziale Kontakte leben und sich in Ruhe um Helena kümmern können. Die vergangenen zwei Jahre hatte sie genug Gemeinschaft um sich gehabt. »Meine Schöne, du bist ja hungrig heute«, sagte sie und legte Helena an der anderen Brust an.
    Anton und Erna Cerny wollten den Abend nach Hildes Maturazeugnisverteilung mit einem festlichen Essen begehen. »Ich ziehe aus«, zerstörte Hilde die Pläne ihrer Eltern. »Nächste Woche seid ihr mich los.« – »Wie meinst du das?«, fragte Erna Cerny, schaute von ihrer Tochter zu ihrem Mann und wieder zurück. Wusste er etwas, von dem sie nichts mitbekommen hatte? Doch auch Anton wirkte ratlos. »Ich verlasse euch. Meine Schuldigkeit ist getan, ich habe meine Schullaufbahn erfolgreich beendet. Jetzt packe ich meine Sachen.« – »Aber wo wirst du wohnen, Hilde?«, konnte Erna ihren Anflug von Panik nicht verhehlen. Antons Hand ballte sich allmählich zur Faust. »Na, wohin wird’s schon gehen«, spottete er, »zu ihren Hippies. Gifteln und herumschnackseln. Aber nicht, dass d’ wiederkommst, wennst schwanger bist. Wennst jetzt gehst, bleibst bei deinen Freunderln. Mich kannst dann vergessen!« Hilde hatte seit ihrem Einstand in Ludwigshof fast jedes Wochenende dort verbracht. Jetzt bereute sie, ihrem Vater davon erzählt zu haben. »Ich brauch dich sowieso nicht mehr. Ich kann für mich selbst sorgen! Um mich braucht ihr euch nicht zu kümmern!«, schrie sie. Ihre Wut über die Unmöglichkeit, mit ihrem Vater ein normales Gespräch zu führen, ließ ihre Stimme kippen. »Pass auf, ich sag dir was, warum schleichst dich nicht gleich?«, gewann Anton wieder an Lautstärke. »Da rackert man sich sein Lebtag ab, damit die Prinzessin alles

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