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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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bekommt, was sie will – und das ist der Dank dafür. Schleich dich, aber schnell, du verwöhntes Luder. Wegen mir brauchst nicht bleiben. Ich bin froh, wenn ich dich nicht mehr sehe. Ich Rindvieh reiß mir für sie den Haxen aus ...«, startete die ewig gleiche Leier, die diesmal so lange andauerte, bis Hilde ihre Kleider und Bettzeug gepackt hatte. Währenddessen versuchte Erna Anton zu beruhigen. Wie immer vergeblich. Auch Hilde ließ sich von ihr nicht vom Packen abhalten. Bisher hatte sie immer klein beigegeben, sich Antons Geschrei gefügt, getan, was er gefordert hatte. Aber jetzt gab es keinen Grund mehr, seine Launen länger zu ertragen. »Es war wie immer ein reizender Abend«, sagte sie und schmiss die Wohnungstür ins Schloss, lautstark wie sonst nur Anton. Auf dem Weg zum Südbahnhof rief sie von einer Telefonzelle aus Robert an. Er sollte sie vom Bus abholen, damit sie die letzten Kilometer nicht zu Fuß gehen müsste. Während sie darauf wartete, dass jemand in Ludwigshof den Hörer abnahm, kamen ihr dennoch die Tränen. »Warum muss es mit Papa immer zum Streit kommen?«, fragte sie sich. Weshalb konnte sie mit ihm nicht genauso entspannt reden wie mit jedem anderen Menschen auch? »Kindisch«, dachte sie und war sich nicht sicher, ob sie damit ihren Vater oder sich selbst meinte. Sie ärgerte sich über den verpatzten Abend, der doch im Zeichen ihrer geglückten Matura hätte gefeiert werden sollen. »Dieser Typ zerstört einfach alles«, dachte sie. »Nicht einmal gratuliert hat er. Obwohl
er
diese blöde Matura wollte und nicht
ich
.« Als sie ihm das Zeugnis hingehalten hatte, hatte er nur gemeint: »Na endlich, das war ja eine schwere Geburt.« Robert wartete bei der Busstation auf Hilde. Er saß im Kleinbus der Kommune, die Scheinwerfer des Wagens beleuchteten die geteerte Landstraße. »Zwei Kegel, die mir den Weg wärmen«, dachte Hilde, als sie auf das Auto zuging. Sie stieg ein und ihr kam vor, als würden die vergangenen achtzehn Jahre von ihr abfallen. Und mit ihnen alle Erfahrungen von Enge, Bevormundung und Trübsinn. In den folgenden Monaten blühte Hilde auf. Sie wuchs, kräftiger als die gemalten Blumenranken an der Fassade des Ludwigshofs, einem blauen Sommerhimmel zu.
    Helena wollte nicht weitertrinken. Hilde legte sie über die Schulter und stand auf. »Komm, meine Schöne, wir beide spazieren auf die grüne Wiese. Schau mal, Helena, da wirst du bald herumlaufen, gaaanz schnell wirst du laufen.«
    Ein Bus der Linie 29 fuhr die Straße entlang. Er war laut und betonte die Stille, die ihm folgte. Ein Mann kam Hilde entgegen, schaute sie an, sah das Baby auf ihrer Schulter und schüttelte verständnislos den Kopf. Er ging grußlos an ihr vorbei. »Hier wird mir niemand im Weg stehen«, dachte sie erleichtert.
    Den Großteil ihrer Zeit hatte sie mit Robert verbracht. Sie teilten sich ein Zimmer und hatten Sex miteinander. Mit ihm war Zusammensein wie Alleinsein, bloß besser. Hilde lag im Bett, döste vor sich hin, Robert meditierte auf seiner Yogamatte und schlug eine Klangschale an. »Robert«, sagte sie, »ich fühl mich wohl mit dir.« Auf Roberts Bauch wackelte die Klangschale, die er mit einem Holzklöppel erneut in Schwingung versetzte. Draußen ging die Sonne unter, Abendstille bereitete sich auf ihren Einsatz vor, Amseln halfen ihr dabei. »Du bist das genaue Gegenteil von meinem Vater«, sagte sie und Robert sagte nichts. Im Endeffekt lief Sex auf Robert, Oswald und Günter hinaus. Manchmal zusammen mit ein paar Frauen. Da war es Hilde dann egal, welche Männer dabei waren. Wahrscheinlich weil sie ihre Freundinnen derartig anregend fand, dass ihr das eher ungelenke Herumgestochere der Männer nichts ausmachte. Von ihren drei Hauptmännern hatte jeder sein spezielles Einsatzgebiet. Robert war für Hildes wohlig einsame Gesellschaft zuständig. Günter garantierte eine Mischung aus Zirkeltraining, Ölbad und Kostümball. Sex mit Oswald startete als Tantraübung und endete meist in erholsamem Cannabis-Tiefschlaf. In der Kommune wurde Sex, vor allem Gemeinschaftssex, und wer mit wem und wie oft und hoffentlich nicht zu oft mit dem oder der Gleichen, ausgiebig besprochen. Für Hilde entwickelte sich dieses Thema trotzdem bald zur Nebensache. Wichtiger waren ihr die Fortschritte in der Tischlerei des Ludwigshofs. Hilde fertigte vom Tisch, über Schemel und Sessel, bis hin zur Kommode alle Möbel ihres Zimmers selbst an. Mit tatkräftiger Unterstützung einiger Mitbewohnerinnen.

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