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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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ich die ganze Zeit
über deutsch sprach!
    Nun brüllte
Trumper auf deutsch: »Du Arschloch!« Zu spät [325]  sah er den schwarzen, harten Gummiknüppel in
der Hand des Polizisten.
    Dann hörte er
eine Radiostimme: »Ein Betrunkener…« Und er hörte sich selbst murmeln: »Ich bin
nicht betrunken…« Dann tat es ihm leid, etwas gesagt zu haben, denn er sah, wie
der Gummiknüppel gschwungen wurde und hörte das zong! an seinen Rippen; er spürte es erst beim nächsten Atemholen.
    »Ein
Betrunkener…«, sagte die Radiostimme. Er bemühte sich, nicht mehr zu atmen.
    »Bitte
durchatmen…«, sagte die Stimme. Er atmete, und ihm wurde ganz kalt.
    »Er wurde ganz
kalt«, sagte die Stimme einer Hure, wie vom Tonband.
    »Du Drecksau«,
murmelte Trumper. »Du Tonbandhure…« Und wieder sauste der Gummiknüppel auf
seine Rippen nieder, auf seine Handgelenke, seine Nieren und sein Gehirn.
    Er brauchte
lange, um so weit hinauszuschwimmen, daß er sich genau an dem Punkt in der
Donau befand, wo er den Unterwasserpanzer sehen konnte. Er trat im Wasser auf
der Stelle, schaute mit einem Auge hinüber zum Licht an der Anlegestelle bei
Gelhafts Keller und sah das Kanonenrohr des Panzers hochschwingen, so nah, daß
er meinte, es berühren zu können oder daß es direkt auf ihn gerichtet sei, als
wolle es ihn zerfetzen. Dann öffnete sich die Einstiegsluke des Panzers, oder
sie schien sich zu öffnen, oder sie bewegte sich jedenfalls im Wasser. Wer war
da unten im Panzer? Interessierte sich niemand dafür, daß da jemand drin war?
Aber dann dachte er, ich bin in einem Volkswagen, und wenn im Dach ein Loch
ist, dann bin ich bei Couth und sicher aufgehoben.
    Dann rauschten
die Bidets und spülten sein Gehirn durch.
    Wie lange sein Gehirn ausgesetzt hatte, wußte er nicht, und
auch nicht, ob es wieder vollständig eingesetzt hatte, als er bemerkte, daß das
Blatt in seiner Schreibmaschine mittlerweile vollgetippt [326]  war. Er las es und fragte
sich, wer das wohl geschrieben haben könnte, studierte es wie einen Brief, den
er bekommen hatte, oder wie einen Brief von einem anderen an jemand anders.
Dann sah er die dunkle, gebeugte Gestalt in der Fensterscheibe, ganz unten in
der Ecke, und erschreckte sich selbst, als er sich plötzlich aufrecht hinsetzte
und zu stöhnen anfing, während sich gleichzeitig im Fenster eine schreckliche,
gnomenhafte Kopie seiner selbst aufrichtete und wie etwas, was man unter einem
Mikroskop betrachtet, vor seinen Augen verschwamm.
    Als er seine
Zimmertür öffnete, starrte ihn ein Meer von Gesichtern an – Huren mit ihren
Kunden, Frau Taschy und ein Polizist.
    »Was ist los?«
fragten mehrere gleichzeitig.
    »Was?«
    »Was geht hier
vor?« fragte der Polizist.
    »Warum haben
Sie so geschrien?« fragte Frau Taschy.
    »Betrunken«,
flüsterte eine Hure.
    Mit einer
Tonbandstimme sagte Trumper: »Ich bin
nicht betrunken.«
    »Aber Sie haben
geschrien«, beharrte Frau Taschy. Der Polizist kam einen Schritt näher und
schaute über Bogus hinweg ins Zimmer.
    Doch er sagte
nur: »Sie haben geschrieben, hm?« Trumpers Blick suchte nach dem Gummiknüppel
des Polizisten. »Was schauen Sie so?« fragte der. Er hatte keinen Gummiknüppel.
    Bogus schlich
zurück in sein Zimmer und schloß die Tür. Er steckte sich einen Finger ins
Auge; es schmerzte. Er betastete seinen Nacken, wo ihn die Hure gebissen hatte;
er spürte keinen Schmerz. Seine Handgelenke und die Rippen, auf die der
Gummiknüppel eingedroschen hatte, waren nicht weich geklopft.
    Er lauschte dem
Gemurmel vor seiner Tür und packte seine Sachen. Sie versuchen, die Tür durch ihre Willensanstrengung aus den
Angeln zu heben. Doch
das taten sie nicht; sie standen einfach [327]  nur da, als er herauskam. Er dachte, wenn ich jetzt nicht die
Initiative ergreife, tun sie es. Also sagte er sehr würdevoll: »Ich gehe. Bei
dem Lärm hier ist es unmöglich, zu arbeiten.« Er hielt Frau Taschy eine Summe
hin, die er für sehr großzügig hielt, doch sie erzählte eine wilde Geschichte,
meinte, er sei schon seit ein paar Monaten hier. Er war verwirrt; und die
Tatsache, daß der Polizist neben ihm stand, bewog ihn, zu zahlen, was sie
verlangte. Sein Paß lugte aus seinem Spionagemantel hervor, und als der
Polizist ihn sehen wollte, deutete er mit einer Kopfbewegung auf die
Manteltasche, und der Polizist zog ihn vorsichtig heraus.
    Dann wollte
Bogus es ein für allemal wissen, wollte ganz sichergehen. »Merrill Overturf?«
sagte er. »Ein Diabetiker?« Doch niemand

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