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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Eimer mit frischen Aalen. Schließlich
kam es, wie es kommen mußte, und sie nahm einen Liebhaber, der hinterher nicht
so erschöpft und von der Liebe betäubt war, wie er aussah, und der schlug ihr den
Kopf ab. An die Zeremonie mit den Aalen hielt er sich allerdings nicht.
    Schließlich war
das Königreich Thak kaum mehr ein Königreich, sondern ein chaotischer
Landstrich mit Hunderten von kleinen, einander befehdenden Fürsten, und dann
geschah ein weiteres Mal, was immer geschieht.
    Der junge
Axelrulf kehrte aus Flan zurück. Er mochte die Flanen so sehr, daß er eine
ganze Armee davon ins Königreich Thak mitbrachte und im Handumdrehen die
Herrschaft über das ganze Land errang. Er sorgte für Frieden im Königreich,
indem er alle Fürsten tötete, die Krieg wollten. So wurde das Königreich Thak
zu einer Art zweitem Flan, und Axelrulf heiratete ein nettes flanisches Mädchen
namens Gronigen.
    In der letzten
Strophe von Akthelt und
Gunnel gibt
der [454]  anonyme Dichter
seinem Publikum durch die Blume zu verstehen, daß die Geschichte von Axelrulf
und Gronigen wahrscheinlich nicht sehr anders ist als die von Akthelt und
Gunnel. Warum es also nicht dabei belassen?
    Bogus Trumper
stimmte dem nur zu gerne zu. Als er mit allen vierhunderteinundzwanzig Strophen
fertig war, erschien ihm das Ganze ziemlich fad. Teilweise lag das daran, daß
seine Übersetzung so wortgetreu war, daß er in das Werk nichts von sich selbst
eingebracht hatte. Also fügte er noch etwas hinzu.
    An der einen
Stelle, wo Gunnel erst Hrothrund das Haupt abschlägt und später Akthelt – nun,
Trumper deutete vage an, daß Gunnel mehr abschlug als nur Köpfe. Schließlich
paßte das ganz gut. Es paßte in die Geschichte, ganz sicherlich paßte es zu
Gunnel, und, das war das Wichtigste, es paßte zu Bogus. Der war fest davon
überzeugt, daß Gunnel wirklich mehr als nur Köpfe abgeschlagen
hätte, aber daß der Autor aufgrund der Etikette, deren Vorschriften die
Literatur jener Zeit unterworfen war, bestimmte Details diskret verschweigen
mußte. Jedenfalls fühlte sich Trumper nach dieser Überarbeitung besser und
hatte jetzt das Gefühl, daß etwas von seiner Persönlichkeit mit in die
Übersetzung eingeflossen sei.
    Dr. Holster war
sehr angetan von Akthelt und
Gunnel. »Welch
gehaltvolles Werk!« rief er aus. »Welch grundsätzlicher Pessimismus!« Der alte
Mann schwang seine Arme wie ein Dirigent. »Welch derbe Geschichte! Was für ein
gewalttätiges, barbarisches Volk! Selbst Sex ist ein brutaler Jagdsport!«
    Dieser Gedanke
erstaunte Trumper keineswegs. Dennoch war ihm nicht ganz wohl dabei, daß
Holster ausgerechnet die Andeutung, die er eingefügt hatte, so gut gefiel, und
als der Alte vorschlug, man solle nochmals in einer Fußnote auf die Kühnheit
eines solchen Aktes hinweisen, schüttelte Bogus den Kopf und sagte, er wolle
dies nicht allzusehr in den Vordergrund rücken.
    »Und die Stelle
mit den Aalen!« rief Holster. »Meine Güte! Sie hat ihnen die Schwänze
abgeschnitten! Wie perfekt – aber das kann ich mir einfach nicht vorstellen!«
    »Ich schon«,
entgegnete der diplomierte und promovierte Fred Bogus Trumper.
    Also hatte er endlich etwas zu Ende gebracht. Er packte seine
Post zusammen und las sie noch mal durch. Jetzt, wo er nichts mehr zu tun
hatte, kam es ihm vor, als sei sein Puls langsamer geworden, als sei sein Blut
dick wie das eines Reptils.
    Tulpen hatte
nichts mehr von sich hören lassen. Seine Mutter hatte ihm vom Magengeschwür
seines Vaters geschrieben. Bogus fühlte sich ein wenig schuldig und überlegte
sich ein Geschenk. Nach längerem Nachdenken ging er in ein Delikatessengeschäft
und kaufte einen köstlichen Knochenschinken. Als es schon zu spät war, kamen
ihm Zweifel, ob Schinken gut für ein Magengeschwür war, und er schickte schnell
einen Entschuldigungsbrief hinter dem Päckchen her.
    Couth hatte
auch geschrieben. Biggie hatte ein siebenpfündiges Baby zur Welt gebracht, ein
Mädchen; es hieß Anna Bennett. Noch eine Anna. Als Trumper versuchte, sich das
Baby vorzustellen, erinnerte er sich daran, daß der Schinken, den er seinem
Vater geschickt hatte, auch sieben Pfund wog. Und er war so froh für Couth und
Biggie, daß er ihnen auch einen Schinken schickte.
    Ralph hatte
sich ebenfalls gemeldet. Typisch Ralph, ein seltsamer Brief. Mit keinem Wort
erwähnte er die Tatsache, daß Trumper eine Filmkarriere an den Nagel gehängt
und die RALPH PACKER FILMS INC. im Stich gelassen hatte, sondern er schrieb

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