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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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stinkend, den Kajütenwächter, ihr einen Eimer frischer Aale zu
bringen. »Für seine Hoheit«, sagte sie und ließ ihr Gewand etwas über die Schulter
herabgleiten, und der Tölpel brachte ihr hurtig die Aale.
    Am Morgen
überfiel Akthelt mit seiner Flotte Hrothrunds Schiffe; sie massakrierten jeden,
den sie an Deck fanden, einschließlich Gunnels längst von den schmutzigen
Bogenschützen entehrter und entwürdigter treuer Dienerinnen. Dann schritt der
kühne, aufrechte Rächer Akthelt zu Hrothrunds Kajüte, spaltete mit seiner
zweischneidigen Klinge die Tür in zwei Teile und erwartete, die falsche Lady in
den Armen des feigen Vatermörders vorzufinden.
    Doch Gunnel saß
da, erwartete ihn in ihrem besten Gewand, und auf dem Nachttisch vor ihr lag
der Kopf von Hrothrund, gefüllt mit lebenden Aalen. (Im Königreich von Thak
gibt es eine Legende, derzufolge dieses Rezept das Gehirn keines Mannes mehr
zur Ruhe kommen läßt.)
    Akthelt fiel
vor ihr auf die Knie, winselte Entschuldigungen, flehte sie um Verzeihung an
wegen der Last, die er ihr aufgebürdet hatte. »Ich trage noch eine andere
Last«, sagte Gunnel kühl. »Hrothrunds Samen ist in meinem Bauch. Das ist eine
Last, die auch du für mich tragen mußt.«
    In dem Moment
hätte Akthelt alles getan, was sie von ihm verlangte, und so willigte er auf
der Stelle ein.
    »Jetzt«, sagte
sie, »bring deine treue Frau nach Hause.«
    Was Akthelt
auch tat, und er trug seine Last, bis das Kind von Hrothrund auf die Welt kam.
Doch er konnte nicht verstehen, daß sie an diesem Kind hing; für ihn lebte in
dem Baby der Geist des [452]  Vatermörders
und Frauenschänders, und so schlug er ihm den Kopf ab und warf es den Ebern im
Burggraben vor. Es war ein Mädchen gewesen.
    »Ich könnte dir
alles mögliche verzeihen«, sagte Gunnel. »Doch das werde ich dir nie
verzeihen.«
    »Du wirst es
schon noch tun«, erwiderte er, aber er war sich da gar nicht so sicher. Er
schlief schlecht – und allein –, während Gunnel jede Nacht in der Burg
umherlief wie eine Bordsteinschwalbe, deren Preis für alle potentiellen Kunden
zu hoch ist.
    Dann kam sie
eines Nachts in sein Bett, liebte ihn stürmisch und sagte ihm, sie sei jetzt
endlich versöhnt. Doch am nächsten Morgen bat sie die Kammerzofe um einen Eimer
frischer Aale.
    Danach erging
es dem Königreich Thak so wie den meisten Königreichen, wo der Thron an den
Meistbietenden geht. Gunnel war, natürlich, völlig durchgedreht. Sie selbst
verkündete am nächsten Morgen im Ältestenrat Akthelts Tod. Sie brachte, auf
einem Schneidbrett, seinen mit lebenden Aalen gefüllten Kopf mit und stellte
ihn direkt vor die Ältesten auf den großen Sitzungstisch. Schon seit Jahren
servierte sie bei diesen wöchentlichen Versammlungen immer wieder exotische
Leckereien, und deshalb nahmen viele der Ältesten gar nicht davon Notiz.
    »Akthelt ist
tot«, verkündete sie, als sie ihr Mahl auftischte.
    Einer der
Ältesten war so alt, daß er vollständig erblindet war. Er tastete nach dem Kopf
auf dem Tisch; auf diese Weise hatte er immer Gunnels exotische Köstlichkeiten
identifiziert. »Lebende Aale!« rief er aus. Die Ältesten wußten nicht so recht,
was sie tun sollten.
    Der rechtmäßige
Thronfolger war der junge Axelrulf, der einzige Sohn von Akthelt und Gunnel,
zur Zeit gerade mit der Eroberung von Flan beschäftigt. Der Ältestenrat sandte
einen Boten zu ihm, der ihm die Nachricht von der Ermordung seines Vaters durch
die Hand seiner Mutter überbrachte und andeutete, daß das Königreich Thak ohne
einen starken Führer in Gefahr sei, [453]  zerrissen zu werden. Doch Axelrulf amüsierte sich prächtig bei
den Flanen. Sie waren ein hübsches, hedonistisches und zivilisiertes Volk, das
Leben war schön, und Axelrulf hatte noch nie politische Ambitionen gehabt. Das
war zumindest ein Teil seiner Beweggründe. »Sag Mutter, daß es mir
außerordentlich leid tut«, hieß er den Boten.
    Mittlerweile
verschworen sich einige der Ältesten, wollten einen aus ihrer Mitte auf den
Thron setzen und Axelrulf ermorden, sollte er nach Hause kommen und auf sein
angestammtes Recht pochen. Das war der wesentliche Beweggrund, warum Axelrulf
an dieser Position kein Interesse hatte. Er war nicht dumm.
    Dann geschah,
was immer geschieht. Als sie keinen starken
Führer finden konnten, versank das Königreich Thak in Chaos und fruchtlosen
Rebellionsversuchen. Gunnel tobte sich in der Burg mit einer ganzen Horde von
Liebhabern aus, und es gab immer häufiger

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