Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
auch in
diesem Land den lebendigen dokumentarischen Stil zu entwickeln, mit dem die
Kanadier sich in jüngster Zeit hervortun. Und sollte es kleinen, unabhängigen
Filmproduzenten jemals gelingen, landesweite Leinwanderfolge hervorzubringen,
so wohl indem sie sich den kunstfertig-lockeren Stil zum Vorbild nehmen, den
Ralph Packer sich schließlich mit seinem Film ›Der Griff in die Sch…‹ zu eigen
gemacht hat. Ich bin nicht sicher, ob das wirklich ein bereichernder oder
befriedigender Stil ist, aber Packer verfügt jedenfalls über großes
handwerkliches Geschick. Es ist sein Thema, das sich mir
entzieht. Er entwickelt kein eigentliches Thema, sondern schneidet es nur immer
wieder am Rand an…«
[458] Newsweek bezeichnete
den Film als »einen auf Hochglanz polierten, geschliffenen, ausgefeilten,
provokanten Streifen, der sich als Suche tarnt: als Suche nach der Psyche des
Helden – über eine grobe Montage von Pseudo-Interviews mit der ehemaligen Frau
des Protagonisten, seiner jetzigen Freundin, zweifelhaften Bekannten und mit
irritierenden Unterbrechungen durch den Hauptcharakter selbst, der sein
Spielchen damit treibt, so zu tun, als würde er sich viel lieber aus dem Film
heraushalten. Das hätte er wohl besser auch getan. Nicht nur, daß der Film den
wesentlichen Charakterzügen des Hauptdarstellers nie auf den Grund kommt, nein,
er hat seine Zugkraft schon lange vor dem Ende verloren.«
Time setzte ihre langjährige Tradition
des Widerspruchs zu Newsweek fort und dröhnte: »Ralph Packers
›Der Griff in die Sch…‹ ist ein wunderbar komprimierter Film – ruhig und voller
Understatements. Bogus Trumper, dessen Verdienst der innovative Soundtrack des
Streifens ist, gibt ein großartiges Debüt als Schauspieler in der Rolle eines
unnahbaren und verkniffenen gescheiterten Helden mit einer kaputten Ehe hinter
und einer neuen, oberflächlichen und unsteten Beziehung vor sich – der absolute
Paranoiker, ein Opfer seiner eigenen Selbstanalyse. Er ist Gegenstand wider
Willen von Packers unheimlich feinfühliger Untersuchung in Form eines knappen,
ungeschminkten Dokumentarfilms, bei dem Interviews und spontan formulierte
Kommentare sowie einige perfekte Aufnahmen von Trumper bei alltäglichen Verrichtungen
einander abwechseln und überschneiden. Es ist ein Film darüber, wie ein Film
gemacht wird über jemanden, der in einem Film mitspielt, doch Trumper
entwickelt sich zu einer Art Held, als er alle seine Freunde und den
Film zurückweist – Packers subtile Art, der Annahme zu widersprechen, man
brauche nur tief genug in der Psyche eines Menschen zu wühlen, um seinen wahren
Motiven auf die Spur zu kommen…«
[459] Trumper
las all diese Rezensionen im Arbeitszimmer seines Vaters in Great Boar’s Head.
»Ist das die
Rezension aus Time ?« fragte seine Mutter. »Die hat
mir besonders gut gefallen.«
Seine Mutter
hatte alle Rezensionen ausgeschnitten und aufbewahrt, und der Grund, warum sie
die aus Time besonders mochte, war
offensichtlich, daß Trumper namentlich erwähnt wurde. Sie hatte den Film nicht
gesehen und schien nicht verstanden zu haben, daß er sich um das schlimme,
traurige Leben ihres Sohnes drehte. Aber das hatten die Rezensenten auch nicht.
Sein Vater
meinte: »Ich glaube nicht, daß er hier oben bei uns jemals laufen wird.«
»Die Filme, die
wir gern sehen würden, werden hier nie gezeigt«, sagte seine Mutter.
Der Film war
noch nicht aus New York herausgekommen, doch er sollte bald auch in Boston, San
Francisco und in ein paar anderen Großstädten in Programmkinos anlaufen.
Vielleicht würde es ihn auch an ein paar großen Universitäten zu sehen geben,
aber es war unwahrscheinlich, daß er in Portsmouth, New Hampshire, gezeigt
werden würde – Gott sei Dank. Er selbst hatte den Film bisher nicht gesehen.
Im letzten Monat
hatte er eine ganze Reihe Bewerbungsgespräche in Boston und Umgebung geführt
und war gelegentlich übers Wochenende nach Hause gefahren, um das Magengeschwür
seines Vaters zu besänftigen und als Gegenleistung für den neuen Volkswagen,
den er ihm geschenkt hatte, für den er wirklich dankbar war. Eine Art
Promotionsgeschenk, nahm er an.
Es sah immer
mehr so aus, als müsse er bis zum Frühling warten, um einen Job zu bekommen; er
hatte festgestellt, daß sein eben erworbener Doktor bei einem Bewerbungsgespräch
die gleiche Zugkraft und Bedeutung hatte wie ein Paar blankgeputzte Schuhe. Die
einzigen, die um diese Jahreszeit ein neues Schuljahr anfingen,
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