Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
Typ…«
Augenblicklich
starrten ihn ein Dutzend Leute an wie einen Hollywood-Star.
»Ich dachte, er
sei größer«, sagte ein Mädchen.
Ein paar von
den Jüngeren – alles noch Kinder, die dumm herumkicherten – folgten ihm bis zu
seinem Auto.
[465] Ein
anderes Mädchen veräppelte ihn: »Oh, komm mit, ich stell dich meiner Mami vor!«
trällerte sie.
Er stieg in den
Wagen und fuhr los. »Ein neuer Volkswagen!« sagte ein Junge mit übertriebener
Ehrfurcht. »Echt Spitze…«
Trumper fuhr
ziellos umher und verirrte sich; in New York war er noch nie Auto gefahren.
Schließlich schickte er ein Taxi vor sich her zu Tulpens Wohnung. Er hatte noch
immer einen Wohnungsschlüssel. Es war schon nach Mitternacht, doch er dachte in anderen Zeitkategorien. In Monaten, und
daran, wie lange er weg gewesen war; daran, wie schwanger Tulpen war, als sie
den Film beendet hatten; daran, wieviel Zeit verstrichen war, bis der Film in
die Kinos kam. Obwohl er wußte, daß das nicht stimmen konnte, hatte er eine
konkrete Vorstellung, wie Tulpen jetzt wohl aussah: lediglich noch ein bißchen
aufgeblähter als im Film. Er versuchte, in die Wohnung zu gelangen, doch sie
hatte die Sicherungskette vorgelegt. Er hörte, wie sie sich erschreckt im Bett
aufsetzte, und flüsterte: »Ich bin’s.«
Es dauerte
lange, bis sie ihn hineinließ. Sie trug einen kurzen Bademantel, den sie in der
Taille zusammengebunden hatte; ihr Bauch war so flach wie vorher, sie hatte
sogar etwas abgenommen. In der Küche stolperte er über eine Kiste Pampers und
trat auf einen Schnuller. Ein perverser Dämon in seinem Hinterkopf erzählte
seinem Gehirn schmutzige Witze.
Er versuchte zu
lächeln. »Junge oder Mädchen?« fragte er.
»Junge«, sagte
sie. Sie sah zu Boden und tat so, als reibe sie sich den Schlaf aus den Augen,
aber sie war hellwach.
»Warum hast du
es mir nicht gesagt?«
»Du hast dich
ziemlich deutlich ausgedrückt. Außerdem ist es mein Kind.«
»Meins auch«,
erwiderte er. »Du hast es selbst gesagt, im Film…«
»In Ralphs
Film«, entgegnete sie. »Er hat das Drehbuch geschrieben…«
[466] »Aber
es ist doch meins, oder?« wollte er
wissen. »Ich meine, es ist doch wirklich… «
»Biologisch
gesehen?« fragte sie schnippisch. »Natürlich.«
»Kann ich ihn sehen?«
fragte Trumper. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, doch sie brachte ein
gleichgültiges Schulterzucken zustande und führte ihn an ihrem Bett vorbei in
eine Ecke zwischen Bücherregalen und noch mehr Fischen.
Der Junge
schlief in einem großen Korb und hatte eine Menge Spielzeug um sich herum. Er
sah genauso aus wie Colm, als er ein paar Wochen alt gewesen war, und fast
genauso wie Biggies neues Baby, das wahrscheinlich nur einen Monat älter war.
Bogus starrte
auf das Kind, weil das einfacher war, als Tulpen anzusehen; obwohl es bei einem
Kind in diesem Alter nicht viel zu sehen gibt, schien Trumper in seinem Gesicht
zu lesen.
Tulpen werkelte
im Hintergrund herum. Aus dem Kleiderschrank holte sie ein paar Decken und
Laken und ein Kissen heraus; es war klar, daß sie Bogus eine Schlafgelegenheit
auf der Couch bereitete.
»Willst du, daß
ich gehe?« fragte er sie.
»Warum bist du
gekommen?« fragte sie zurück. »Du hast gerade den Film gesehen, oder?«
»Ich wollte
schon früher kommen«, sagte er. Als sie ungerührt fortfuhr, ihm das Bett zu
richten, sagte er wie ein dummer Junge: »Ich hab meinen Doktor.« Sie starrte
ihn an und wendete sich dann wieder der Decke zu. »Ich bin auf der Suche nach
einem Job«, fügte er an.
»Hast du schon
einen?« Sie schüttelte das Kissen.
»Nein.«
Sie drängte ihn
von dem schlafenden Baby weg. In der Küche öffnete sie eine Flasche Bier für
ihn und schenkte sich auch einen Schluck ein. »Für die Brüste«, sagte sie und
stieß mit ihm an. »Steigert die Milchproduktion.«
»Weiß ich.«
[467] »O
ja, natürlich.« Sie spielte mit dem Gürtel an ihrem Bademantel herum, fragte
dann: »Was willst du, Trumper?«
Doch ihm fiel
so schnell nichts ein.
»Nur, weil du
dich schuldig fühlst?« fragte sie weiter. »Denn das brauch ich nicht. Du bist
mir nichts anderes schuldig als deine offenen, ehrlichen Gefühle, Trumper. Wenn
du überhaupt welche hast«, fügte sie hinzu.
»Wovon lebst
du?« fragte er sie. »Du kannst nicht arbeiten gehen«, fing er an, doch dann
schwieg er, weil er wußte, daß es nicht um Geld ging. Seine offenen, ehrlichen
Gefühle lagen tief in einem Sumpf verborgen, um den er schon so
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