Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
lange
herumgestrichen war, daß es jetzt unmöglich schien, hineinzutauchen und danach
zu suchen.
»Ich kann arbeiten
gehen«, sagte sie mechanisch, »und das werde ich auch tun. Wenn er ein bißchen
älter ist. Ich werde ihn zu Matje bringen und dann halbtags arbeiten. Matje
will auch bald ein Kind haben…«
»Ist das Ralphs
neue Freundin?« fragte er.
»Seine Frau«,
antwortete Tulpen. »Sie haben geheiratet.«
Trumper
erkannte, daß er überhaupt nichts wußte, von niemandem. »Ralph ist verheiratet ?«fragte
er ungläubig.
»Er hat dir
eine Einladung geschickt«, sagte Tulpen. »Aber da warst du schon nicht mehr in
Iowa.«
Er merkte
langsam, wieviel ihm entgangen war. Doch Tulpen war seiner langen inneren
Monologe überdrüssig, und er dachte, sie habe auch von seinem Schweigen genug.
Vom Wohnzimmer aus sah er ihr zu, wie sie zu Bett ging; sie zog sich den
Bademantel unter der Bettdecke aus und warf ihn auf den Boden. »Du kennst dich
ja noch so gut mit Babys aus«, sagte sie, »da wird es auch nichts Neues für
dich sein, daß er um zwei Hunger hat. Gute Nacht.«
Er ging ins Bad
und pinkelte bei offener Tür. Er hatte die Badezimmertür immer offengelassen;
auch dies war eine seiner [468] unschönen
Gewohnheiten, deren er sich immer erst wieder im entscheidenden Moment bewußt
wurde, wenn es schon zu spät war. Als er aus dem Bad kam, fragte Tulpen: »Was
macht der neue Pimmel?«
Was soll denn
das sein – ein Witz ? fragte er sich. Er hatte keine
normalen Instinkte mehr, auf die er sich verlassen konnte. »Ist völlig in
Ordnung«, antwortete er.
»Gute Nacht«,
sagte sie, und als er auf Zehenspitzen zur Couch schlich, verspürte er den
Wunsch, seine Schuhe gegen die Wand zu schleudern und das Baby aufzuwecken, nur
damit seine durchdringenden Schreie diesen leeren Ort erfüllten.
Er lag da und
lauschte seinem eigenen Atem, dem von Tulpen und dem des Babys. Nur das Baby
schlief.
»Ich liebe
dich, Tulpen«, sagte er.
Eine
Wasserschildkröte in dem Aquarium, das ihm am nächsten stand, schien ihm zu
antworten; sie tauchte tiefer.
»Ich bin
hergekommen, weil ich dich will«, sagte er.
Nicht einmal
ein Fisch rührte sich.
»Ich brauche
dich«, sagte er. »Ich weiß, daß du mich nicht brauchst, aber ich brauche dich.«
»Nun, ganz so
ist es nicht«, sagte sie so leise, daß er es kaum hörte.
Er setzte sich
auf. »Würdest du mich heiraten, Tulpen?«
»Nein«, sagte
sie. Ohne zu zögern.
»Bitte?«
flüsterte er.
Diesmal wartete
sie einen Augenblick, sagte dann aber: »Nein. Das werde ich nicht.«
Er zog sich die
Schuhe an und stand auf. Es gab keinen anderen Weg aus dem Zimmer als an ihrer
nach einer Seite offenen Nische mit den Aquarien vorbei, und als er da
angekommen war, saß sie aufrecht da und starrte ihn wütend an. »Mein Gott!«
sagte sie. »Gehst du etwa schon wieder?«
»Was hättest du
denn gern?«
[469] »Mein
Gott, weißt du das nicht?« fauchte sie. »Ich werd es dir sagen, Trumper, wenn
es sein muß. Ich werde dich noch nicht heiraten, aber wenn du eine Weile
hierbleiben möchtest, kann ich mir’s ja überlegen. Wenn du
hierbleiben willst, dann solltest du es auch tun, Trumper!«
»Okay«, sagte
er. Er überlegte sich, ob er sich wieder ausziehen sollte.
»Mein Gott,
jetzt zieh dich aus«, sagte sie. Das tat er und schlüpfte dann neben sie ins
Bett.
Sie lag neben
ihm, jedoch von ihm abgewandt. »Mein Gott«, murmelte sie.
Er lag da, ohne
sie zu berühren, bis sie sich plötzlich umdrehte, seine Hand ergriff und sie
unsanft an ihre Brust zog. »Ich will nicht, daß du jetzt mit mir schläfst«,
sagte sie. »Aber du kannst mich festhalten… wenn du das möchtest.«
»Ich möchte
es«, murmelte er. »Ich liebe dich, Tulpen.«
»Das denk ich
auch«, erwiderte sie.
»Liebst du
mich?«
»Mein Gott, ja,
ich denk schon«, sagte sie ärgerlich.
Langsam
begannen sich wieder einige Instinkte in ihm zu regen; er streichelte sie
zärtlich am ganzen Körper, spürte die Stelle, wo sie sie rasiert hatten, die
Haare waren ganz stoppelig. Als das Baby zu seiner 2-Uhr-Mahlzeit aufwachte,
war Trumper vor ihr aus dem Bett, brachte ihr das Kind und legte es ihr an die
Brust.
»Nein, die
andere«, sagte sie. »Welche ist fester?«
»Die hier.«
»Ich bin ganz
durcheinander…« Sie wußte nicht mehr weiter und weinte still in sich hinein,
während sie dem Baby die Brust gab. Trumpers Gedächtnis ließ ihn nicht im
Stich; er hielt eine Windel unter ihre unbenutzte Brust, weil er
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