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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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wandte sich an die vier Späher. »Reitet dorthin. Seht euch alles an, was es zu sehen gibt, und seid in einer Stunde wieder hier.« Sie benötigten keine weiteren Anweisungen, sondern teilten sich in zwei Gruppen auf. Die eine ritt flussaufwärts, die andere flussabwärts.
    Duncan warf einen Seitenblick auf Kael. Der Mann war mit der Welt um sich herum noch nie gut zurechtgekommen, aber seit sie Maegerns Hundebestie in den Bergen aufgespürt hatten, war seine Unruhe erheblich gewachsen. Der Gestank des Untiers schien andauernd in seiner Nase zu sein. Immer wieder verzog er angeekelt die Lippen, und seine Laune war schlimmer denn je. Er wollte nicht einmal in Richtung der Ebene und dessen blicken, was er dort spürte.
    Duncan saß ab, band die Zügel um einen Zweig und bahnte sich zu Fuß einen Weg zwischen den Erlen hindurch in die Richtung, in die Kael gezeigt hatte. Als er aus dem Schutz der Bäume trat, kauerte er sich nieder und betrachtete die wellenartigen Schneeverwehungen. Selbst aus dieser Entfernung konnte er deutlich erkennen, wo sie vor dem letzten Schneefall durch viele Füße aufgewühlt worden waren. Spuren führten dorthin und wieder weg; sie waren vom frischen Schnee überlagert, aber noch immer sichtbar. In der Mitte des aufgewühlten Bereiches lagen zwischen den Erlen und der Biegung des Flusses zwei unregelmäßige Umrisse; sie hatten ungefähr die Größe von Menschen und waren fast vollständig vom Schnee bedeckt.
    »Ich sehe sie«, sagte er. Er musste nicht laut sprechen; seine Stimme trug sehr weit in dieser kalten, stillen Luft. Er schaute wieder nach rechts und links und vergewisserte sich, dass niemand sie beobachtete – die Ebene lag bis zum Horizont leer und ungestört vor ihm wie ein frisch gemachtes Bett –, dann ging er hinüber zu den Leichen.
    Es war kein Versuch unternommen worden, einen Steinhaufen über ihnen zu errichten und sie damit im Tod zu ehren; sie waren einfach an der Stelle zurückgelassen worden, wo sie gestorben waren; man hatte sie nicht einmal zurechtgelegt. Er kniete sich hin und wischte ihnen mit dem Ärmel den Schnee aus den Gesichtern. Die eine Leiche lag auf dem Rücken, und Aasfresser hatten bereits an ihr gepickt, bis nur leere Augenhöhlen und ein lippenloses Grinsen zurückgeblieben waren. Duncan versuchte nicht zu zittern, aber es gelang ihm nicht. Er hatte schon viele Tote gesehen, aber noch nie in einem solchen Zustand.
    Der andere Mann war auf die Seite gefallen. Die rechte Seite seines Gesichts war bis auf den Knochen abgefressen, aber als es Duncan gelang, ihn anzuheben, sah er auf der linken Seite noch die aschgraue Haut mit der Clantätowierung an der Wange. Es waren drei Linien; eine lange, geschwungene deutete Kopf, Hals und Rücken eines laufenden Pferdes an, die beiden anderen kurzen Striche bildeten die Vorderbeine. Duncan kniff die Lippen zusammen und ließ den Leichnam wieder in den Schnee sinken. Der Clan der Morennadh. Sein eigener Clan.
    Rasch wischte er noch mehr Schnee von den Leichen und legte die blutigen, froststarren ledernen Hosen frei, die beide trugen. Ihre Pelze und Winterausrüstung waren verschwunden und auch die Stiefel und Waffen. Die meisten Finger fehlten. Zuerst glaubte er, Tiere hätten sie gefressen, doch dann bemerkte er die sauberen Schnittstellen, die trotz der Nagespuren noch sichtbar waren. Vermutlich waren sie abgehackt worden, weil jemand an die Ringe hatte herankommen wollen.
    Wegen der Kälte war es unmöglich zu sagen, wann sie gestorben waren. Zwar waren sie bereits steif gefroren, aber sie waren von den wilden Tieren noch nicht völlig abgenagt worden. Er suchte sie so gründlich wie möglich nach Dingen ab, durch die man sie hätte identifizieren können, aber nichts von Wert war ihnen geblieben. Er fand lediglich ein kleines Amulett aus Glasperlen und Knochen, das an den Gürtel des einen Mannes genäht war.
    Vorsichtig durchtrennte Duncan die Fäden mit seinem Messer. Er drehte das Amulett in der Hand hin und her und erkannte das Zeichen für eine sichere Reise, das in den Knochen geritzt war. Es hatte dem armen Mann nicht sehr geholfen.
    Er richtete sich wieder auf, steckte sein Messer weg, drehte sich zu den Bäumen um und steckte das Amulett ein. Vielleicht würde jemand von Sors Reitern es erkennen und dem Toten einen Namen geben können, damit er anständig besungen werden und vielleicht beizeiten auch gerächt werden konnte.
    Als er wieder zu Kael kam, hatte der narbengesichtige Sucher der Ebene

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