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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Personen, und eine fünfte enthielt einen Schmorapfel. Er tauchte den Finger in die Dessertschüssel und probierte: Himbeeren und ein Schuss Branntwein in der Soße. Köstlich. Er nahm eine der Schalen sowie einen Löffel und ging hinaus in den Korridor. Das leise Klappern von Besteck und eine gedämpfte Unterhaltung, unterbrochen von den lauten Zwischenrufen eines Kindes, das eindeutig noch zu jung für einen Nachtisch mit Branntwein war, führten ihn zu dem Zimmer im vorderen Teil des Hauses, in dem der Herr und die Herrin tatsächlich ihr Abendessen einnahmen.
    Alle Gespräche verstummten, als er die Tür öffnete. Die Frau, dunkelblond und recht hübsch, die gerade dem kleinsten Kind den Mund abwischte, hielt in der Bewegung inne, während die beiden Älteren ihn anstarrten. Am Kopf des Tisches schnitt soeben ein untersetzter Mann in einer Brokatweste eine Scheibe von einem köstlich duftenden Schweinebraten ab. Er schaute auf, als er das Geräusch der sich öffnenden Tür hörte, und das Messer erstarrte in seiner Hand.
    »Was zum …«
    »Guten Abend«, sagte Savin und schnitt ihm das Wort mit einem strahlenden Lächeln ab.
    Der Mann blinzelte, durch diese Zurschaustellung guter Manieren kurzzeitig aus der Fassung gebracht, doch dann kehrte seine Wut zurück. Die Vorlegegabel klapperte auf dem Teller, aber das Messer hielt er weiterhin fest gepackt.
    »Erklärt Euch, Herr, oder ich rufe nach der Wache.« Er sprach mit dem rollenden Akzent des Marschlandes, und seine Stimme war tief und fest. Zweifellos wollte er seine Familie nicht beunruhigen. Großartig , dachte Savin. Jetzt wusste er genau, wo er Druck anwenden musste.
    »Ich hoffe, Ihr könnt mir helfen«, fuhr er im Plauderton fort. Er zog mit der Kraft seines Geistes einen Stuhl unter dem Tisch hervor, setzte sich und nahm einen Löffel von dem Nachtisch, den er noch in der Hand hielt. »Ich habe ein paar Fragen zu einem Besucher, den Ihr vor einigen Tagen empfangen habt. Ich wüsste gern, warum er hier war.«
    Die kleine Demonstration seiner Gabe rief bei dem Mann nicht einmal ein Blinzeln hervor, was bestätigte, dass er mit dem Sang vertraut war.
    »Meine Besucher gehen Euch gar nichts an! Ihr könnt nicht …«
    Savin lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, schlug die Beine übereinander, nahm einen weiteren Löffel und sagte: »Ihr werdet sehen, dass ich durchaus kann.«
    Der Mann bewegte stumm den Mund, riss sich zusammen und schaute kurz seine Frau an. »Ich glaube, es ist das Beste, wenn du die Kinder nach oben bringst, meine Liebe.«
    »Hm.« Savin machte eine Bewegung mit seinem Löffel. »Ich möchte Euer Mahl nicht unterbrechen. Das hier sollte nicht allzu lange dauern.«
    Er sah sich im Zimmer um und täuschte Interesse vor. Wie er vermutet hatte, waren die Möbel zu groß und zu dunkel für den Raum, und auf dem Tisch standen zu viele Blumen, Kerzenleuchter und Teller mit Goldrand. »Was für ein bezauberndes Zimmer.«
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie die Frau ihre Serviette beiseitelegte und langsam das jüngste Kind in die Arme nahm. Sie bewegte sich unruhig auf ihrem Stuhl und verriet sich, als sie voller Panik einen raschen Blick zur Tür warf. Ein einziger Gedanke Savins warf die Tür so heftig zu, dass das Porzellan in der hässlichen Vitrine klirrte. Die Frau zuckte zusammen, und das Kind in ihren Armen begann zu quengeln.
    »Ich fürchte, ich muss darauf bestehen, dass Ihr hierbleibt.«
    Jetzt strahlte sie Angst aus und sah ihn mit großen Augen wie ein gefangenes Tier an. Alle erstarrten, und es wurde so still in dem Raum, dass Savin die Kerzen brennen hörte.
    »Wo ist Cally?« Obwohl die Stimme vor Angst fast erstickt war, klang sie doch unerwartet lieblich.
    »Die Magd? In der Küche.« Er löffelte noch ein wenig Nachtisch. »Hat sie das hier gemacht? Wirklich gut.«
    »Bitte sagt mir, dass Ihr ihr nichts angetan habt!«
    Savin schenkte ihr sein schönstes Lächeln, bei dem die Fächer der Damen der höheren Gesellschaft für gewöhnlich wie von allein schneller fächelten. »Ich kann Euch versichern, dass sie keine Schmerzen erleidet. Und jetzt berichtet Ihr mir, warum Alderan hier war und wohin er danach gegangen ist.«
    »Wer?« Der Mann hatte jetzt offensichtlich Angst, was an seinem allzu festen Tonfall und an den weiß hervorstechenden Knöcheln der Hand zu erkennen war, mit der er das Tranchiermesser hielt. Seine sich hebende und senkende Brust unter der Weste verriet, wie schnell er atmete. »Diesen Namen kenne ich

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