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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verwitterten rosafarbenen Stein einer hohen Mauer. Sein Klopfen ging im Brüllen des Windes unter, und er musste mit dem Griff seines Gürtelmessers gegen das Holz hämmern, um sich Gehör zu verschaffen.
    Nach einer oder zwei Minuten glitt hinter einem Gitter in der Tür ein kleines Rechteck zur Seite.
    »Ja?«
    Zu Gairs Überraschung gehörte die Stimme einer Frau. Er blinzelte die Öffnung an, konnte aber kaum etwas anderes sehen als den Rand einer braunen Kapuze. Was machte eine tamasische Schwester in einem suvaeonischen Tochterhaus?
    »Gesegnet seiest du, Schwester«, erwiderte Alderan. »Wir sind Reisende und suchen Unterschlupf. Es ist ein schlechter Tag, um draußen zu sein!«
    »Ihr müsst anderswo Zuflucht suchen, Sayyar. Ich kann euch nicht hereinlassen.«
    Das Holz wurde langsam vor die Öffnung geschoben.
    Alderan drückte sich in den schwachen Schutz der Wand und senkte seinen Schal. »Der Sturm sitzt uns im Nacken, Schwester. Wir können nirgendwo anders hingehen.«
    Ihr ängstlicher Blick flog von Alderan zu Gair und wieder zurück, dann senkte sie ihn. »Es tut mir leid, aber die Gästehalle ist geschlossen. Versucht es bei der Kaufmannstaverne am Fluss.«
    »Dazu müssten wir durch die halbe Stadt reiten!«, rief der alte Mann aus. »Wir würden es niemals rechtzeitig bis dorthin schaffen!«
    Gair trat auf die Tür zu und stieß die Finger durch das Gitter, um das Fensterchen offen zu halten. »Das Haus der Göttin steht den Gläubigen immer offen.«
    Die Nonne starrte ihn durch den verbliebenen schmalen Spalt an. »Sankt Tamas und die Leprakranken«, sagte sie. »Buch der Lektionen, Kapitel fünfzehn. Ihr seid Eadorier.«
    »Das sind wir.« Mit der freien Hand schob Gair seinen Kaif herunter und zeigte mehr von seinem Gesicht. »Bitte, Schwester, wir werden sonst nirgendwo willkommen sein!«
    Sie schloss die Augen wie zu einem kurzen Gebet, und dann hörte er, wie die Riegel zurückgeschoben wurden. »Kommt schnell herein, bevor die Superiorin es bemerkt.«
    »Danke, Schwester.«
    »Dankt mir nicht, bevor ihr nicht wisst, welches Geschenk ihr erhalten habt.«
    Die Nonne hielt die Tür gegen den Wind auf, bis die Männer und die Pferde drinnen waren; dann half Alderan ihr, die Tür zu verschließen und den Riegel vorzulegen. Sie zog gegen den Wind die Schultern hoch, hielt sich mit der einen Hand die Kapuze vor das Gesicht und führte die beiden Männer an einer verschlossenen Pförtnerloge vorbei. Sie drückten sich an den Wänden entlang und umrundeten den Hof, bis vor ihnen einige Steingebäude aus dem wirbelnden Staub ragten. Eine Kapelle mit gedrungenem Turm beherrschte das eine Ende; sie war durch den Sturm kaum sichtbar. Am anderen Ende stand ein zweistöckiger Anbau, an den sich eine Reihe von Stallungen und Lagerräumen anschlossen. Alderan brachte die Pferde dorthin, während Gair der Schwester zu dem Anbau folgte. Sobald sie dessen Tür geöffnet hatte, riss der Wind sie ihr aus der Hand. Gair fing sie auf und bedeutete der Frau, sie solle eintreten. Er musste mit der Schulter gegen das schwere Holz drücken, damit er die Tür wieder schließen konnte.
    Im Innern befand sich ein langer Raum mit einem Kamin am gegenüberliegenden Ende und einer hölzernen Treppe in der Ecke. Die Wände waren weiß gekalkt; an der einen Seite befanden sich Fenster mit vorgelegten Läden und an der anderen Eisenhalterungen für Lampen, doch die Halterungen waren leer, und der geflieste Boden, auf dem hereingewehter Sand lag, war schon seit einiger Zeit nicht mehr gefegt worden. Abgesehen von einem bäuerlichen Kleiderschrank an der Wand bestand die Möblierung nur noch aus einem klobigen Tisch mit zwei Bänken vor der Feuerstelle, auch wenn der Raum mindestens drei weitere von gleicher Größe hätte aufnehmen können.
    »Ihr müsst die Begrüßung verzeihen«, sagte die Nonne, während sie ihre Kapuze zurückschob und sich den Staub von der Kutte wischte. Sie war klein und gedrungen wie ein Foxterrier und hatte kurz geschnittenes drahtiges schwarzes Haar. Ihr Gesicht war tiefbraun und gerunzelt von Sonne und Wind, aber es wirkte nicht wie das einer gebürtigen Wüstenländerin. »Diese Gästehalle ist seit dem Erstmond geschlossen.«
    Es war beispiellos, dass Reisenden die Tür verschlossen war, aber es erklärte den Mangel an Brennholz neben dem Kamin und die Staubschicht auf Tisch und Schrank.
    »Hat es Unruhen in der Stadt gegeben?«, fragte er, und sie nickte.
    »Unsere Superiorin sorgt sich um unsere

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