Die wilde Jagd - Roman
Sicherheit. Bitte ruh dich hier aus. Ich werde dir Tee holen.«
Nachdem die Nonne gegangen war, zog Gair seine Handschuhe aus und rieb sich den feinen Sand von den Fingern, der trotzdem eingedrungen war; dann schüttelte er etliches mehr aus den Falten seines Barouk. Er steckte die Handschuhe in die Schärpe und erkundete die Gästehalle. Die Tür rechts neben dem Kamin führte zu einer kleinen Küche, deren eiserner Herd kalt und deren Vorratsregale leer waren, wenn man von einigen Säcken mit getrockneten Nahrungsmitteln und ein paar Töpfen mit Gewürzen absah. Im Obergeschoss befanden sich die Gästequartiere, doch als er in den ersten Raum spähte, sah er, dass das Bett keine Decke hatte und die Matratze aufgerollt war. Im nächsten Zimmer war es genauso. Die Luft roch schal und abgestanden.
Er ließ die Türen der beiden Räume offen, damit es etwas frischer in ihnen wurde, und kehrte ins Untergeschoss zurück. Die Nonne, die vermutlich für die Gäste im Tochterhaus zuständig war, kehrte mit einem Stapel Decken und Laken über den Armen zurück.
»Ich helfe dir damit.« Gair ging auf sie zu und streckte die Hände aus.
Sie riss die Augen auf, und zu spät erkannte er, dass er seine Handschuhe besser anbehalten hätte, denn so war das Hexermal, das in seine linke Handfläche eingebrannt war, deutlich sichtbar.
»Ein Scheußling«, keuchte sie kaum hörbar in dem Kreischen des Sturms. Sie starrte ihn an, und das Bettzeug geriet ins Rutschen.
»Es tut mir leid; ich wollte dich nicht erschrecken.« Sanft nahm Gair ihr die Laken und Decken ab und legte sie auf den Tisch.
Die Nonne sah ihn mit ihren Knopfaugen unverwandt an wie eine Maus die Katze und machte einen Schritt zurück.
»Ich hätte das Tor niemals öffnen dürfen«, flüsterte sie. Unter der Bräune wurde ihr Gesicht blass. Mit der Hand tastete sie nach der einfachen hölzernen Eiche, die an einer Kette um ihren Hals hing, und hielt sie abwehrend vor sich. »Heilige Mutter, vergib mir, ich habe einen Agenten des Namenlosen auf heiligen Boden gelassen!«
Bei allen Heiligen, wie sollte er es ihr erklären? Die Suvaeoner glaubten sicherlich, dass er genau das war. »Ich bin nicht, was du befürchtest, Schwester …«
»Namen geben den Verborgenen Macht!« Die Nonne wich weiter zurück. »Die Superiorin hatte recht – Schlimmes bevölkert die Straßen von El Maqqam!«
Leise begann sie ein Gebet zu sprechen, machte weitere Schritte nach hinten und war bereit, jederzeit zu fliehen. Obwohl er die Worte nicht verstand, konnte er ihre Lippenbewegungen lesen. Sie sprach das Glaubensbekenntnis. Dies sind meine Sünden, die ich vor dich lege, o Mutter; mit offenem Herzen komme ich zu dir, eine bußfertige Seele … Die stämmige kleine Nonne schwebte in Todesangst und machte sich bereit, vor die Göttin zu treten.
Bei allen Heiligen!
»Bitte, Schwester, du hast von mir nichts zu befürchten.« Damit er nicht so einschüchternd groß wirkte, setzte sich Gair auf die nächste Bank, zog sich den Kaif vom Kopf und legte ihn sich um den Hals. »Mein Name ist Gair. Ich schwöre, dass ich dir nichts Böses will.«
Hinter ihr flog die Außentür auf, und Alderan trat in einem Wirbel aus Sand und Wind ein. Er trug ihre Satteltaschen. Als er die Tür mit dem Absatz hinter sich zustieß, wirbelte die Nonne herum und schwang ihr Eichenamulett.
»Und du? Trägst du auch das Zeichen der Hexer?«
Alderan warf Gair einen raschen Blick zu, der zur Erwiderung hilflos die Hände spreizte.
»Nein«, sagte der alte Mann und stellte die prall gefüllten Taschen auf dem Boden ab. »Du brauchst dich vor keinem von uns beiden zu fürchten, Schwester. Gair wurde von den suvaeonischen Rittern im wahren Glauben erzogen.«
Sie warf einen argwöhnischen Blick über die Schulter. »Wirklich?«
»Ich bin im Alter von elf Jahren in die Heilige Stadt gegangen«, sagte Gair. »Schwester, wir wollen uns lediglich vor dem Sturm schützen und die Bücher einsehen, die von den Rittern hier zurückgelassen wurden. Danach werden wir sofort wieder aufbrechen.«
Die Hand, die das Eichenamulett hielt, sank ein wenig. »Und das Zeichen auf deiner Handfläche?«
Bevor Gair eine Antwort einfiel, die der Wahrheit entsprach, antwortete Alderan für ihn.
»Er wurde fälschlich angeklagt«, sagte er, während er die Satteltaschen über die Fliesen zum Tisch zog. Falls es ihm etwas ausmachte, vor einer Nonne zu lügen, zeigte er es nicht.
Sie biss sich auf die Lippe und sah ängstlich vom
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