Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Schild, das alles sah. Ihre Jagdhunde waren grauenerregend. Ihr Name wurde niemals leichtfertig ausgesprochen, auch nicht von einer Sprecherin.
    Teia richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Schale in ihren Händen. Der Häuptling der Amhain nickte und schürzte die Lippen, als ob er, da er ein verständiger Mann war, diese Möglichkeit zumindest in Betracht ziehe.
    »Das mag sein«, sagte Eirdubh, »aber ich würde gern ein solches Zeichen persönlich sehen. Unsere Götter haben zu viele Jahre geschwiegen. Wir haben sie um Hilfe gebeten, als die Pest kam, und wir haben nichts von ihnen gesehen. Ich sage, wir warten ab, und am letzten Tag der Versammlung treffen wir uns wieder und bitten die dunkle Göttin um ihren Segen. Wenn sie antwortet, werde ich der Erste sein, der dir seinen Speer anbietet, Drwyn. Wenn sie keine Antwort gibt, werde ich an diesem Krieg nicht teilnehmen. Mir ist das Überleben des Steinkrähenclans zu wichtig, als dass ich ihn den Weg des Schwarzwasserclans gehen sehen will.«
    »Niemand schätzt seinen Clan höher als ich, Eirdubh. Ich würde ihn niemals unnötig in Gefahr bringen«, sagte Drwyn. »Aber Blutrache ist Blutrache. Ich habe vor, einen Tropfen Blut unserer Feinde für jeden Tropfen zu fordern, den unser Volk vergossen hat, als es aus seinem Land vertrieben wurde. Ein Leben für ein Leben. Ich werde unsere Ehre mit den Seelen der Südländer zurückkaufen, und ich werde es allein tun, wenn es sein muss.«
    Eine angespannte Stille ergriff die Versammlung. Ytha brach sie, trat vor und legte die Hand auf Drwyns Arm. »Der Vorschlag des Amhain ist klug, mein Häuptling«, sagte sie. »Wir brauchen Zeit zum Nachdenken und sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass wir keine Entscheidung im Zorn treffen, die wir später bereuen müssen. Ich lobe ihn für seine Weisheit in dieser Sache.«
    Drwyn schüttelte sich und nickte mit großem Nachdruck. »Allerdings, allerdings. Eirdubhs Weisheit ist allgemein bekannt, und er hat recht, wenn er uns allen zur Vorsicht rät. In drei Tagen, meine Brüder, treffen wir uns wieder und bitten Maegern um ihre Hilfe. Möge sie uns freundlich zulächeln.«
    Teia ließ das Bild in der Schale verblassen. Kopfschmerzen überfielen sie wie vom plötzlichen Tritt eines störrischen Pferdes, und sie musste sich eine Weile mit geschlossenen Augen hinsetzen, bevor sie wieder klar denken konnte.
    Drei Tage. Würde die dunkle Göttin kommen? Sie wusste es nicht. Wie jede andere Frau des Clans nahm sie ein wenig von jeder Mahlzeit und warf es ins Feuer als Gabe für Macha, die Ernährerin. Dieses Ritual hatte sie seit ihrer Kindheit verinnerlicht. Doch obwohl sie es manchmal vergaß, hatte sie bisher nicht der Blitz getroffen, und keine Riesenraben hatten sie davongetragen. Sie hatte schon lange die Angst davor verloren, und das rituelle Opfer war eher eine Gewohnheit als eine Glaubenssache. Dennoch erschauerte sie, als ob ihr jemand Schnee in den Ausschnitt gesteckt hätte. Geistesabwesende Gaben an Gottheiten, die vielleicht existierten, vielleicht auch nicht, waren eine Sache, Götter, die möglicherweise eines Tages mit am Herdfeuer saßen und ernährt werden wollten, eine andere.
    Rasch goss sie das Wasser aus und trocknete die Schale behelfsmäßig mit ihren Fingern, bevor sie selbige in ihre Gürteltasche zurücksteckte. Die Versammlung würde sich jetzt auflösen, und man würde sie vermissen, sollte Drwyn oder, schlimmer noch, Ytha nach ihr suchen.
    Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt, als Drwyn in sein Zelt zurückkehrte. Zwei seiner Krieger folgten ihm mit allem, was er auf dem Markt ergattert hatte. Sie waren armselige Träger und stellten alles wahllos in der Mitte des Zeltes ab, aber er schien es nicht zu bemerken. Er entließ sie mit einer knappen Handbewegung und durchstöberte die Bündel wie ein spielendes Hündchen.
    Teia flickte gerade einen Umhang im Licht einer Lampe und sah ihm verstohlen zu. Das Seehundfell war angenehm weich auf der Haut, aber es war schwer zu bearbeiten. Obwohl sie den Löchern des alten Saums folgte, war es schwierig, die Nadel durchzustechen. Ihr Daumen war schon wund, und sie musste sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren, damit sie endlich fertig wurde. Daher bekam sie nur halb mit, wie Drwyn seine Einkäufe untersuchte und ihr sagte, dass er seine Satteldecke gegen einen Mantel und ein neues Stahlmesser getauscht hatte. Da erhielt sie plötzlich eine Ohrfeige. Sie fiel rücklings von ihrem Kissen, und Schmerzen

Weitere Kostenlose Bücher