Die wilde Jagd - Roman
Speichelfäden hingen von ihrem Mund herab. Sie stützte sich auf die Hände, bis die Zuckungen aufhörten, und blieb in dieser Haltung, denn sie war zu erschöpft für weitere Bewegungen. Tränen quollen ihr aus den Augen.
Das war es also. Sie war schwanger. Langsam wischte sie sich mit dem Handrücken über den Mund und setzte sich auf die Fersen. Im letzten Viertelmond hatte sie nicht geblutet, aber sie hatte gehofft, dass es nichts bedeutete. Drws plötzlicher Tod, die Unruhen danach – jede Frau wusste, dass solche Ereignisse den Mondzyklus unterbrechen konnten. Aber jetzt, da sie das Brot und die Milch, die sie zum Frühstück in sich hineingezwungen hatte, wieder von sich gegeben hatte, war sie sich sicher.
Sie trocknete sich die Augen und sah sich um, ob jemand sie beobachtet hatte, doch im Lager regte sich kaum etwas. Drwyns Schnarchen aus dem Innern des Zeltes verriet ihr, dass er so bald nicht aufwachen würde, aber wenn er es tat, würde er erwarten, etwas zu essen zu bekommen – oder einen Kübel. Beide Möglichkeiten führten dazu, dass sich ihr wieder der Magen umdrehte, und sie zwang sich dazu, ihn zu beruhigen. Ihr Bauch und ihre Seite schmerzten zu sehr, um noch ein weiteres Erbrechen ertragen zu können.
Es hatte früher oder später passieren müssen. Das Verhütungsmittel, das ihre Mutter ihr empfohlen hatte, wirkte nur in drei von sieben Fällen, und Drwyns Lust schrie nach andauernder Befriedigung. Sie hatte so unweigerlich schwanger werden müssen wie eine Ziege.
Er würde es natürlich erfahren müssen. Irgendwann. Sie dachte an ihn, wie er im Zelt lag, auf dem Bauch, nach dem Uisca der letzten Nacht stank und wie ein Gewitter schnarchte. Dann dachte sie daran, wie er ihren Kopf nach unten gedrückt hatte und sie beinahe erstickt wäre, und sie erschauerte.
Die Aussicht auf einen Sohn mochte ihn vielleicht davon abhalten, sie weiterhin zu schlagen. Möglicherweise heiratete er sie sogar. Als seine Frau wäre sie sich ihrer Stellung sicherer, und sie würde mit jedem Sohn gestärkt, den sie ihm schenkte, und in gewisser Weise würde sie dann größere Freiheiten haben … aber in anderer Hinsicht wäre sie noch eingeschränkter. Es war schwer zu sagen, was schlimmer war: das Konkubinat oder ein mit Pelzen verbrämter Käfig ehefraulicher Pflichten.
Sie zuckte zusammen, als sie aufstand und zum Zelt zurückging. Rauch erhob sich von einigen Kochfeuern der Crainnh wie auch der anderen Clans. Blau trieb er über den eisenfarbenen Himmel über der Senke. Frost versilberte das Gras und hatte eine dünne Eisschicht auf dem Wasserkübel neben dem Eingang hinterlassen. Teia hob das Eis heraus, hielt es gegen das blasse Sonnenlicht und betrachtete die zarten Musterungen darin, bevor es in ihren Händen schmolz.
Sie wusste, dass sie das Unvermeidliche nur hinauszögerte, aber sie wollte ihren Magen wieder unter Kontrolle haben, wenn sie Drwyns Essen zubereitete und es ihm servierte. Der Gedanke an Nahrung verursachte ihr Übelkeit, doch sie wagte nicht, sich vor dem Häuptling zu übergeben, denn dann würde er es wissen, und darauf war sie nicht vorbereitet. Noch nicht.
Die nächsten zwei Tage vergingen schmerzhaft langsam. Prellungen färbten Teias Schultern und Bauch in so kräftigen Farben, wie sie auf den Flügeln eines Juwelenkäfers zu sehen waren, und ihre gebrochene Rippe machte es schwierig für sie, sich vorzubeugen und ohne Schmerzen gerade zu stehen. Drwyns heftiger Kater am Morgen nach seinem Gelage verschaffte ihr eine gewisse bittere Befriedigung, aber danach blieb er mehr oder weniger nüchtern und verbrachte seine ganze Zeit mit Ytha und den anderen Häuptlingen. Sie erneuerten alte Allianzen, die noch im Namen seines Vaters eingegangen worden waren, und er begann damit, neue zu schmieden, die seine Position als Häuptling der Häuptlinge festigen würden. Er kehrte nur in sein Zelt zurück, um zu schlafen oder sein Hemd zu wechseln. Zu Teias großer Erleichterung ließ er sie in Ruhe. Das war nur eine geringe Gnade, aber sie war dankbar dafür. Das bedeutete auch, dass sie auf die Suche nach einer Wartgutpflanze gehen konnte. Ein Splitter aus der Wurzel, den sie sich in die Wange steckte, hielt die Übelkeit im Zaum, aber sie befürchtete, dass das kleine Stück Holz bald als das erkannt würde, was es in Wirklichkeit war.
Doch bisher hatte Drwyn es nicht bemerkt, denn er beschäftigte sich nur noch mit Politik. Seine Aufmerksamkeit hatte stark nachgelassen, und als der
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