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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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habe ihn ja nicht freiwillig geschworen – sondern unter Zwang. Wenn ich damals nicht nach Ihrer Pfeife getanzt hätte – weiß Gott, nicht gern –, dann hätte man mich aufgehängt. Man wird also wohl Gründe finden, meine Tat zu entschuldigen …«
    »Weiter.«
    »… aber nicht die Ihrige. Sie haben in amtlicher Eigenschaft als Captain der Militärregierung mich als Werkzeug für einen Justizmord benutzt.«
    Felix schaute in das leere Glas. Seine Hand umfaßte es fest, aber er glaubte, die Eiswürfel klappern zu hören. Der Barmann hatte zu deutlich gezeigt, wie wenig ihn das Gespräch interessierte – um kein Zuhörer zu sein. Die Szene schien ihm peinlich zu werden, und so sagte er, daß er aus der Küche Eis holen müsse.
    »Diese Story ist noch nicht geschrieben«, fuhr Silbermann fort, »obwohl es bestimmt dankbare Abnehmer für sie gibt.« Er lachte, als schnaufe er. »Wir haben bis zum Überdruß die Schandtaten unserer unbewältigten Vergangenheit vernommen – wie wär's denn nun mit einem Schwank aus dem Leben der Besatzung?«
    Felix starrte auf seine Hände, die sich zu Fäusten ballen wollten. Er legte sie flach auf die Theke; obwohl sie ausgestreckt waren, wurden ihre Knöchel weiß.
    »Ich habe schlaflose Nächte genug gehabt. Meinen Sie, es war ein Vergnügen, meinen alten Kameraden Ritt …« Er nickte wie ein pickender Kapaun. »Ich spreche nicht davon, wie sehr mir mein Gewissen …«
    »Was kostet Ihr Gewissen? Wieviel?« fragte Felix.
    »Geld brauche ich nicht«, entgegnete der Birnenkopf und fuhr in plumper Geste mit der Hand über die Jacke, unter der die Brieftasche steckte. »Geld spielt keine Rolle mehr – bei uns.«
    »Was dann?«
    »Eine Gefälligkeit.«
    »Ihnen?« erwiderte Felix verächtlich.
    »Dann könnte ich unsere Begegnung im Internierungslager vergessen. Für immer, das schwöre ich Ihnen – als Gegenleistung.« Seine Miene wurde überaus treuherzig. »An Ihnen bin ich gar nicht interessiert.«
    »Sondern?«
    »An Ihrem Freund, an Martin Ritt. Ein ehrliches Geschäft: Ich habe Ihnen den Vater geliefert, und Sie werden mir den Sohn übergeben.«
    »Das ist alles?« fragte Felix höhnisch.
    »Exakt. Er hat als Schieber begonnen, und Sie haben ihn gedeckt. Sie oder andere Offiziere der Militärregierung. Liefern Sie mir einwandfreie Beweise dafür – ein schriftliches Geständnis – Namen, Tatsachen, Zahlen, dann sehen wir uns nie wieder.«
    Einen Moment war Felix versucht, dem Birnenkopf als Antwort sein Glas ins Gesicht zu schütten, wie es am Vorabend Guido Brenner mit einem ähnlichen Ekel getan hatte. Aber er sagte sich rechtzeitig, daß es für solcherlei Leute andere Waffen geben müsse.
    »Kapiert?« fragte Silbermann.
    »Martin Ritt hat niemals durch meine Hilfe irgendwelche Unregelmäßigkeiten …«
    »Friedrich Wilhelm Ritt«, erwiderte Silbermann, »hat auch niemals zwei amerikanische Flieger gelyncht.« Seine Augen verkleinerten sich. »Ich rede nicht von der Wahrheit, ich rede von Beweisen. Ich möchte dasselbe von Ihnen, was Sie von mir vor rund zehn Jahren erhalten haben.«
    Der Birnenkopf warf einen Geldschein auf die Theke. »Tun Sie das nicht, geht der Fall Lessing durch die ganze Presse. Ich bin Public-Relations-Mann, verlassen Sie sich darauf, daß ich weiß, wie man so etwas aufzieht!« Er stieg vom Hocker und schaute auf die Uhr. »Nützen Sie die Zeit, um sich etwas Anständiges einfallen zu lassen.«
    Zu dieser Zeit saßen Martin und Eva im umlaubten Attico ihres römischen Hotels.
    »Das ist die Stunde der Geständnisse«, sagte Martin zu Eva, »und so muß ich dich vor deiner Zukunft warnen.«
    »Danke.«
    »Die Sache ist die«, fuhr er fort, umständlich sein zweites Frühstücksei löffelnd, »daß mein Leben nicht ganz unkompliziert ist. Ich habe eine Mutter, sie ist eifersüchtig.«
    »Natürlich«, antwortete Eva.
    »Dann eine Tochter, sie ist gefährlich. Verstehst du das?«
    »Du hast es genial erzählt«, erwiderte sie lachend.
    »Es ist so: die beiden haben sich verbündet und teilen sich die Herrschaft über mich. Ab und zu entkomme ich ihnen.« Martin lächelte wie ein Faun. »Maman geht früh zu Bett, und Petra lebt bei ihrer Mutter – aber sonst gibt es keine Gnade.«
    »Für eine dritte Frau«, ergänzte Eva.
    »Ja.« Martin war erleichtert, daß sie so rasch begriffen hatte.
    »Das wäre zur Zeit ich?«
    »Das bist du jederzeit.«
    »Was soll ich tun?«
    »Abwarten«, antwortete er, »ein bißchen verstecken, eine

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