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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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nicht, aber sie hatte schon bei ihrer Abreise vermutet, daß Felix ihr einige Tage später nach Deutschland folgen und sich hier eine Weile unbemerkt aufhalten werde.
    Die junge Frau war auch sicher, daß er zumindest in den nächsten Jahren in Deutschland bleiben und den Lehrauftrag annehmen würde. Sie hätte lieber in München gelebt, aber es war wohl besser, in die Mainstadt zu ziehen, wo Martin wohnte, den Felix sicher bei der aufregenden Wiederbegegnung mit seinem Geburtsland brauchen würde.
    Die Kinder fehlten ihr sehr, aber Susanne hatte sich damit abgefunden, daß die beiden Jungen erst später nachkommen würden. Felix hatte darauf bestanden, Nathan und little Martin so lange in den Staaten zu belassen, bis über seine berufliche Zukunft entschieden war.
    Er ist ein schüchterner Liebhaber Deutschlands, dachte Susanne, und er fürchtete, ein unglücklicher zu werden; so will er die beiden Jungen nicht vorzeitig aus ihrer Umgebung reißen.
    Felix war auch in den Staaten ein Europäer geblieben, der immer noch in dem Land, für das er gekämpft hatte, auf Besuch zu sein schien. Doch seine Söhne wuchsen als Söhne des Landes heran, ausgestattet mit allen Vorteilen der dynamischen Neuen Welt. Sie waren selbstbewußt, sportlich, schlicht und gesund. Susanne freute sich darüber, daß Nathan und Martin geborene und echte Amerikaner sein würden – während Felix es uneingestanden ein wenig bedauerte.
    Susanne war eben von einem Spaziergang zurückgekehrt, als sie der Notruf aus Frankfurt erreichte. Sie hatte seit langem bei Felix mit einem Rückfall gerechnet und sich in Gedanken darauf eingerichtet; deshalb handelte sie jetzt ohne Verzug, ließ sich mit Martins Firma verbinden, wandte sich an Dr. Schiele, zeichnete mit wenigen Worten die Gefahr auf, die Felix für sich und andere bedeutete, bat, ihren Mann zu suchen, ihn zu einem Arzt zu bringen und dort festzuhalten, bis sie ankäme.
    »Ich verstehe«, sagte Dr. Schiele, der wußte, daß es sich um Martins einzigen Freund handelte. »Ich tue, was ich kann. Nehmen Sie das Nachmittagsflugzeug, ich schicke Ihnen einen Wagen – und bis dahin werden wir Ihren Mann gefunden haben.«
    Er ging in sein Vorzimmer, beauftragte eines der Mädchen, die Hotels der Reihe nach anzurufen und einen Gast namens Lessing zu suchen. »Sehen Sie zu, daß Sie den Polizeipräsidenten erreichen«, sagte er zu einer zweiten Sekretärin, »und verbinden Sie mich in der Zwischenzeit mit der Universitäts-Nervenklinik.«
    Dr. Schiele sprach mit einem Psychiater, den er kannte, einer Kapazität, und bat den Arzt, sich am Nachmittag für einen Patienten freizuhalten. Minuten später war auch das Hotel, in das Felix umgezogen war, gefunden. Schiele erfuhr, daß der Gesuchte vor etwa zehn Minuten im Wagen mit unbekanntem Ziel abgereist sei. Zehn Minuten Vorsprung, dachte Schiele, um am Abgrund entlangzurasen.
    Mit dem langen Arm der Firma Ritt erreichte deren Bevollmächtigter den Polizeipräsidenten in seiner Privatwohnung, und eine Minute später begann bereits der Behördenapparat zu spielen: der Autoverleih wurde ausfindig gemacht; damit war das polizeiliche Kennzeichen des Opelwagens bekannt.
    Über Sprechfunk erging der Alarm an die Streifenwagen, den Beamten in den Verkehrskanzeln wurde befohlen, den gesuchten Wagen bei seinem Auftauchen sofort in die Zentrale zu melden.
    Alles ging glatt und reibungslos. Susanne, Dr. Schiele und die Frankfurter Polizei arbeiteten mit mustergültiger Präzision zusammen, um ein Debakel zu verhindern.
    Felix lenkte den Wagen geschickt und zügig; er war über die Brücke auf die andere Seite des Mains gerollt, hatte den Stadtrand erreicht und fuhr weiter Richtung Reichswald. Viermotorige Maschinen stießen auf den Flughafen hinab und brummten Felix den Gedanken zu, das Auto stehen zu lassen und nach München zu fliegen, aber das Lenkrad schien ihn nüchtern zu machen, und so entschloß er sich, bis München durchzufahren und Silbermann dort auf die Straße zu setzen.
    »Fahren wir ruhig spazieren«, sagte der Birnenkopf spöttisch, »der Tag ist schön, und die Waldluft macht Ihnen einen klaren Kopf. Sie werden ihn brauchen.« Seine dicken Lippen schwollen. »Ich habe es Ihnen leicht gemacht.« Er klopfte an seine Brieftasche. »Sie brauchen nur noch eine eidesstattliche Erklärung zu unterschreiben. Sie werden auch sehen, daß ich Sie so weit wie möglich geschont habe.«
    Felix nahm sich vor, die Worte zu überhören, aber sie trafen ihn an die

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