Die Wildkirsche. Erotischer Roman
bekommen hatte. Eine Maßanfertigung! Und es stand ihr noch immer wunderbar.
»Ich hoffe, Sie frieren nicht hier draußen«, sagte Ducat und trat hinter sie.
Überrascht drehte sie sich um und blickte zu ihm auf. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr folgen würde, schien er doch sehr in das Gespräch vertieft zu sein. »Nein, es ist schließlich Sommer.«
»Aber ein kühler Sommer.«
Er machte einen Schritt zur Seite und sah über die Brüstung. »Ich hoffe, Sie langweilen sich nicht?«
»Oh nein, nein. Es ist alles sehr interessant.«
Er wandte ihr den Kopf zu, hob eine Braue, lächelte aber dann. »Das freut mich zu hören.« Er öffnete eine Schatulle, träufelte etwas Schnupftabak auf den Handrücken und saugte ihn in seine Nase. »Vielleicht finden wir heute Abend noch ein wenig Zeit für uns, was meinen Sie?«
»Zu gern«, platzte es aus ihr heraus. Peinlich berührt legte sie die Hand auf den Mund. »Ich meine, sehr gern. Es lässt sich gewiss einrichten.«
Er lachte herzlich und wischte sich über die Nase. »Ich würde Sie wirklich gern näher kennenlernen, Mademoiselle Lorraine.«
Sie lächelte. »Darum bin ich doch hier.«
Er sah ihr tief in die Augen. Lorraine erwiderte seinen Blick voller Leidenschaft, doch gerade als sie sich ihm unauffällig nähern wollte, drehte er sich um und kehrte zügigen Schrittes in den Salon zurück, wo man ihn offenbar vermisst hatte.
»Da sind Sie endlich! Wir haben eine Idee, was es mit der Sichel auf sich hat, die in der fünften Strophe im Vordergrund steht.«
Lorraine sah ihm nach und fröstelte in freudiger Erwartung. Sie wusste, sie stand kurz vor ihrem Ziel.
Wenige Stunden später verabschiedeten sich die Gäste. Dieses Ritual zog sich zu Lorraines Bedauern in die Länge und strapazierte ihre Geduld. Nach einer Ewigkeit war die letzte Dame in Begleitung ihrer Freundin verschwunden, und sie waren allein. Beaumont brachte sie auf ihr Zimmer, wünschte ihr eine angenehme Nacht und ging dann ins Bett, das sich im Nebenzimmer befand. Lorraine ließ eine halbe Stunde verstreichen, schlich sodann in den Salon und wartete dort auf Ducat, der ihr während des Kartenspiels, das sie zwischenzeitlich in einem dafür vorgesehenen Raum veranstaltet hatten, einen Schlummertrunk versprochen hatte.
Als er endlich eintrat, verspürte sie ein aufregendes Prickeln abwärts der Taille. Ducat hatte seinen Rock abgelegt und stand nun in seinem Rüschenhemd und den engen Breeches vor ihr. Nie hatte er so gut ausgesehen wie in diesem Moment. Seine Figur war männlicher als geahnt. Die breiten Schultern kamen ohne Rock erst richtig zur Geltung. In seinem Rüschenhemd strahlte er etwas Verwegenes aus.
»Bon soir, darf ich Ihnen einen Wein einschenken?«
Sie nickte ihm zu und nahm das gefüllte Glas entgegen.
»Ich hoffe, Sie genießen Ihren Aufenthalt bisher?«
»Oh ja, sehr. Es ist ein schönes Haus. Und ich bin in bester Gesellschaft.«
»Darauf sollten wir anstoßen.« Die Gläser klirrten klangvoll aneinander.
»Ich habe mir Gedanken über den morgigen Tag gemacht. Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen die Stadt zeige und wir abends in die Oper gehen?«
»Das klingt hervorragend«, sagte sie ehrlich begeistert.
»Fein! Ihren Herrn Vater werden wir selbstverständlich mitnehmen.«
Lorraine seufzte innerlich. Natürlich gebot es der Anstand, dass ihr Vater sie begleitete, jedoch hätte sie es bevorzugt, mit Louis allein zu sein. Nun, zumindest in diesem Augenblick waren sie allein. Diesen Umstand musste sie ausnutzen. Unauffällig rückte sie ein Stück näher und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln.
»Ich habe mich noch gar nicht für Ihre wundervollen Geschenke bedankt.«
»Ihr Lächeln ist mir Dank genug, Lorraine.«
Sie kicherte verlegen.
»Ich finde Sie wirklich hinreißend«, sagte er dann und nahm rasch einen Schluck, als wollte er sich Mut antrinken. »Sie sind so natürlich, gehen nicht nach der Mode und geben sich, wie Sie sind.«
Lorraine verschluckte sich an ihrem Wein und hustete. Sie ging nicht nach der Mode? Sie trug heute ihr bestes Kleid! Sacht klopfte er ihr auf den Rücken.
»Danke«, brachte sie hervor.
»Dies verspricht ein höchst interessantes Wochenende zu werden.«
Oh ja, und es würde nur noch interessanter, wenn er sie endlich küsste! Doch das tat er nicht. Im Gegenteil, er saß nur da, sah sie nicht einmal richtig an und erhob sich auch noch in dem Moment, in dem Lorraine ihre Hand auf sein Knie legen wollte. Er stellte sein
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