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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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und führte seine Pferde an den Wegrand. Tief in Gedanken hatte er die Passhöhe erreicht, der große Augenblick des Triumphs war ungefeiert verstrichen. Verdammt, weg mit diesen trübseligen Gedanken, hier nutzen sie keinem was!
    Er beschloss sich einen Kaffee zu kochen, um mit einer heißen Tasse Kaffee den Beginn seiner weiteren Reise zu feiern.
    »Ich hab ja gehofft, dass wir uns noch mal treffen würden.«
    Jack hatte es sich hinter einem Windfang gemütlich gemacht, errichtet aus dem Haufen Kisten und Bündeln, den er von den Pferden abgeladen hatte. Er blickte von dem kleinen Feuer auf, das er sich angesteckt hatte, und sah in das rötliche, grinsende Gesicht von Merritt Sloper. Der Mann hatte Frost in seinem kastanienfarbenen Bart und eine dicke Mütze ins Gesicht gezogen, sodass er wie ein leicht vertrottelter Weihnachtsmann aussah.
    »Du willst wohl eine Tasse Kaffee, was?« Jack musste grinsen. Zwar war er sich selbst Gesellschaft genug, aber im Momenthatte er nichts gegen Unterhaltung, auch mit jemandem, den er nur flüchtig kannte.
    »Ich dachte, du fragst mich nie.«
    »Aber nur wenn du deine eigene Tasse hast«, entgegnete Jack. »Ich hab nur eine.«
    Sloper grunzte, ließ sich auf dem Boden neben Jack nieder und zog seinen Rucksack ab. Er schlug die behandschuhten Hände zusammen, zog sich die Handschuhe aus und hielt die Handflächen über das kleine Feuer. In erster Linie galt seine Aufmerksamkeit jedoch der kleinen schwarzen Kaffeekanne, die Jack an die Feuerstelle gelehnt hatte.
    Sloper holte einen Blechnapf aus seinem Rucksack. Während Jack ihm eine halbe Tasse starken Kaffee einschenkte, näherte sich ein zweiter Mann, der ein Pferd führte.
    »Verdammt noch mal, Merritt, du hättest ruhig mal auf mich warten können!«, schimpfte der Mann. Er war ausgemergelt und trug eine Brille, ein bisschen wie ein pedantischer Lehrer, der auf den Hund gekommen ist.
    »Ich konnte dem Kaffeegeruch einfach nicht widerstehen, Freund Jim«, erwiderte Sloper mit gespielter Reue und ließ den Kopf hängen. »Verfluche mich nicht wegen meiner einzigen Sünde.« Dann zuckte er die Achseln zur Entschuldigung, schlürfte seinen Kaffee, seufzte lauthals und voller Zufriedenheit, schloss die Augen und kuschelte sich weiter in den knirschenden Schnee hinein.
    »Du hast mich mit dem Pferd allein gelassen«, setzte Jim an und senkte dann seine Stimme. »Diese beiden Kerle aus Texas haben ein Auge auf unsere Vorräte geworfen, seit ihr letztes Pferd gestorben ist, und du …«
    »Und überhaupt!«, rief Sloper und riss die Augen auf. »Wirhaben es geschafft! Trotz all deiner Zweifel, mein Freund: Wir sind da! Ich hatte nicht genug Energie für einen Siegestanz, aber eine schöne Tasse Kaffee tut’s auch.«
    Jim verdrehte die Augen und gab auf. Er führte sein schwer beladenes, erschöpftes Pferd neben die beiden von Jacks, hämmerte mit dem Stiefelabsatz einen Pflock in den Schnee und band das Tier an.
    Dann beugte er sich übers Feuer und streckte Jack eine Hand entgegen: »Jim Goodman. Wir sind auf dem gleichen Schiff gewesen, glaub ich.«
    Jack lächelte und nahm seine Hand. »Ja, ich erinnere mich.«
    Ein angenehmes Gefühl stieg in ihm auf. So seltsam sie auch schienen, waren hier doch zwei Kerle, zäh genug, um den Chilkoot-Pass zu bezwingen, sich der Herausforderung zu stellen und nicht schlappzumachen. In der kurzen Zeit seit Dyea hatte Jack genug Niederlagen gesehen und genug Verwesung eingeatmet für ein ganzes Leben. Nun war ihm die Gesellschaft dieser beiden herzlich willkommen.
    »Du hast nicht zufällig noch so eine Tasse Kaffee, oder?«, fragte Goodman niedergeschlagen. Jack schüttelte die Kanne. »Kaum noch ein Schluck, fürchte ich. Merritt hat den letzten Rest genommen.«
    Goodman ließ die Schultern hängen. »Natürlich«, sagte er, als wenn das sein übliches Los wäre.
    Überwältigt von seinem neuen Gefühl der Kameradschaft griff Jack in seinen Rucksack.
    »Aber wir haben ja noch mehr davon. Ich koch uns noch eine Kanne, ja?«
    »Im Ernst?«, sagten beide Männer gleichzeitig und hoben überrascht die Augenbrauen.
    »Warum nicht?«, antwortete Jack. »Wir habe es bis nach oben geschafft, Jungs. Wir hängen da jetzt alle gemeinsam drin.«
    Nach fast einer Woche Aufstieg auf dem Chilkoot-Trail schmerzten Jacks Knochen, und die Muskeln brannten. Doch er fühlte sich auf eine ganz besondere Weise lebendig. Eine Lebendigkeit, die wohl wenig andere Menschen erleben durften. Unrasiert und ungewaschen

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