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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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habe unten einen gesehen.«
    »Nicht nötig, Max«, protestierte sie. »Ich kann gehen. Das sollte ich auch.«
    »Wir nehmen ihn nur für den Weg zu mir nach Hause. Sobald wir dort sind, kannst du so viel herumspazieren, wie du willst.«
    Willa seufzte. »Wenn du darauf bestehst.«
    Während Max sie durch die Stadt schob, machte Willa Bemerkungen über die Menge der Tiere in den Straßen und stellte viele Fragen. Wer in den prächtigen Steinhäusern lebe? Den weiß gekalkten? Den mit Kacheln verzierten? Wo Jamal Pasha wohne?
    Währenddessen schob Max sie zu einer Reihe schöner, weiß gestrichener Häuser etwa eine halbe Meile vom Stadtplatz entfernt. Die bogenförmigen Fenster waren mit aufwendigen arabischen Mustern umrahmt, der leicht zurückversetzte Eingang mit blauen, grünen und orangefarbenen Kacheln verkleidet. Üppige rote Rosen rankten sich um die Säulen zu beiden Seiten der Tür, über der eine bleiverglaste Lampe warmes Licht verströmte.
    »Max, das ist ja hinreißend!«, rief Willa aus.
    »Freut mich, dass es dir gefällt. Ich habe es von einem reichen türkischen Händler gemietet, der nach Aleppo umgezogen ist.«
    »Sind wir hier nahe am Souk?«, fragte Willa. »Ich fürchte, ich kann mich immer noch nicht ganz orientieren.«
    »Der Souk ist etwa vier Straßen westlich von hier. Südwestlich, genauer gesagt.«
    »Ah, das erklärt die vielen Tiere in den Straßen«, sagte Willa.
    »Ja, sie werden sonntags und mittwochs dort verkauft. Aber die Händler bringen sie am Abend zuvor in die Stadt, weshalb gerade jetzt so viele unterwegs sind. Weil morgen Mittwoch ist.«
    Das wusste Willa bereits von Schwester Anna. Der Tiermarkt am Mittwoch war auch der Grund gewesen, weshalb sie die Einladung am heutigen Abend angenommen hatte. Hätte er einen anderen Abend vorgeschlagen und wäre am nächsten Tag kein Tiermarkt gewesen, hätte sie sich entschuldigt und Müdigkeit vorgeschützt.
    Max’ Diener, ein großer Damaszener in besticktem Gewand und Seidenturban, begrüßte sie. Der Koch habe ein exquisites Mahl zubereitet, erklärte er, das in Kürze fertig sei.
    »Zeigst du mir das Haus, bevor wir essen?«, fragte Willa, stand auf und hakte sich bei Max unter.
    »Mit Vergnügen«, erwiderte er und führte sie von Raum zu Raum.
    Sie begannen im Salon. Willa bestaunte die reichen Schnitzereien an Stühlen und Sofas, die alle mit schwerer Seide bezogen waren, und die persischen Teppiche am Boden.
    »Hat dir der Händler das Haus möbliert vermietet?«, fragte sie.
    Max nickte. »Er hat alles zurückgelassen. Möbel, Teppiche, Bücher und Küchengeräte. Sogar einige seiner Gewänder in einem Schrank. Für den Fall, dass ich mich als Einheimischer verkleiden möchte, schätze ich.«
    Im Billardzimmer lagen Zebrafelle am Boden, und an der Wand hingen Löwen- und Tigerköpfe. Es hingen auch Schwerter und Pistolen dort, viele davon mit edelsteinbesetzten Griffen.
    »Spielzeug für Jungs«, sagte Willa und strich über einen prächtig verzierten Schwertgriff.
    Max lachte. Er führte sie ins Arbeitszimmer, wo an den Wänden Regale mit in Leder gebundenen Büchern aufgereiht waren. Auf den Tischen stapelten sich weitere Bücher, Magazine und Zeitungen. Ein Paar Stiefel und Reitzeug lagen auf dem Teppich vor einem Sofa. Sein Schreibtisch war mit Karten und Schriftstücken bedeckt, von denen einige zu Boden gefallen waren. Willa warf im Vorbeigehen einen kurzen Blick darauf, dann drehte sie sich um und meinte: »Sehr schlampig, Max. Ich finde, du brauchst eine Ehefrau.«
    Max ging zum Schreibtisch, schob die Schriftstücke zu einem Stapel zusammen, dessen Kopfseite er nach unten drehte.
    »Hättest du da eine bestimmte Kandidatin im Sinn?«, fragte er und rollte die Karten auf.
    »Lassen Sie mich mal überlegen. Vielleicht fällt mir eine ein.«
    In dem Moment kam der Diener herein, verbeugte sich und verkündete, dass das Essen serviert sei.
    »Hast du Hunger?«, fragte Max.
    Willa stellte ein Buch ins Regal zurück, das sie sich angesehen hatte, und drehte sich zu ihm um.
    »Wahnsinnig«, antwortete sie und nahm seinen Arm. »Hunger auf gutes Essen, guten Wein und gute Gesellschaft. Nach Jahren in der Wüste habe ich plötzlich das Gefühl, im Paradies gelandet zu sein.«
    »Komm«, sagte Max und führte sie ins Esszimmer. »Lass uns nachsehen, was der Koch gezaubert hat.«
    Das Esszimmer war üppig und romantisch dekoriert. Auf dem Tisch standen Silberleuchter mit brennenden Kerzen, die den Raum in ein sanftes Licht

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