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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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essen. Falls, und nur falls, du dich dazu in der Lage fühlst.«
    »Ich wäre entzückt«, antwortete Willa.
    »Wundervoll. Ich hole dich um acht Uhr ab.«
    Willa blickte plötzlich auf das Kleid und wich seinem Blick aus.
    »Stimmt etwas nicht? Ist acht zu spät?«, fragte er besorgt.
    Willa lächelte wehmütig. »Nein, alles bestens. Es ist einfach nur schön, etwas zu haben, worauf man sich freuen kann. Es ist so lange her, dass ich so etwas hatte.«
    Max legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es an. »Du kannst dich auf den Rest deines ganzen Lebens freuen, Willa Alden«, sagte er und küsste sie. »Mit mir.«
    Willa erwiderte seinen Kuss. Er nahm sie in die Arme, drückte sie an sich und ließ sie erst los, als auf dem Gang Schritte erklangen.
    »Schwester Anna wird mich ausschimpfen«, flüsterte er. »Sie wird sagen, ich strenge dich zu sehr an.«
    »Ich hoffe, dass du das machst. Mich anstrengen«, entgegnete sie flüsternd. »Später.«
    Max tat so, als hätten ihn ihre Worte schockiert. Als Schwester Anna eintrat, sagte er: »Bis heute Abend, Miss Alden.«
    »Bis heute Abend, Mr von Brandt.«
    »Und wie geht’s unserer Patientin heute?«, fragte Schwester Anna. Sie hatte gerade erst ihre Schicht angefangen.
    »Sehr gut, Schwester Anna«, antwortete Willa, als Max den Raum verließ. »Mr von Brandt hat mich heute Abend zum Essen eingeladen.«
    »Heute Abend?«, fragte die Schwester. »Sind Sie sich sicher, dass Sie das schaffen? Sie nehmen doch immer noch dreimal am Tag Morphium.«
    »Ich schaffe das. Man darf den Schmerzen und der Schwäche nicht immer nachgeben. So gewinnt man doch keinen Krieg, oder? Außerdem haben Mr von Brandt und ich verschiedene Dinge zu besprechen, die den Krieg betreffen.«
    »Ja, natürlich«, antwortete Schwester Anna. »Kann ich noch etwas für Sie tun? Brauchen Sie noch irgendetwas?«
    Willa blickte auf ihre schönen neuen Kleider. »Ja, da gäbe es noch etwas. Ein Bad.«
    Schwester Anna lächelte. »Ja, sicher. Ich lasse eines für Sie ein und hole Sie in einer Viertelstunde ab.«
    Willa nickte, und die Schwester ging hinaus. Sobald sie draußen war, verschwand Willas Lächeln, und ein grimmiger, entschlossener Ausdruck trat auf ihr Gesicht.
    So bald schon, dachte sie.
    Sie hatte gehofft, sie hätte noch ein paar Tage Zeit. Ihre Rippen schmerzten nach wie vor, und die Nachwehen der Typhuserkrankung schwächten sie noch. Aber sie müsste beides überwinden, denn Max lud sie heute Abend zu sich nach Hause ein. Sobald sie dort wäre, hieße es, jetzt oder nie. Sie würde ihr Bestes tun, um so gut wie möglich auszusehen. Und sie hoffte inständig, dass er Wein servierte. Und zwar eine ganze Menge.
    Plötzlich überfiel sie Angst. Ihr Plan war doch völlig aussichtslos. Mit größter Wahrscheinlichkeit würde das Ganze gründlich schiefgehen, und dann stünde sie mit verbundenen Augen im Gefängnishof und wartete auf das Erschießungskommando.
    Sie dachte an Lawrence, der jahrelang Mühsal und Entbehrung in der Wüste ertragen hatte, um die Sache der arabischen Unabhängigkeit voranzutreiben. Sie dachte an Khalaf und Fatima und ihren kleinen Sohn. Sie dachte an Auda und die wilden, unbeugsamen Beduinen. Und sie hörte Audas Stimme in ihrem Kopf: »Denk nicht an deine Müdigkeit, deine Stärke entspricht immer der Kraft deines Willens.«
    Willa schob die Hand unter die Matratze und tastete nach den versteckten Tabletten.
    »Also, dann heute Abend«, flüsterte sie leise. »Inshallah.«

   77   
    W illa war bereit.
     Es war ein paar Minuten vor acht. Das Kleid von Max schmiegte sich wundervoll an ihren schlanken Körper und betonte ihren blassen Teint, ihr dunkles Haar und ihre leuchtend grünen Augen. Um den Hals trug sie die Kette, die Max ihr im Souk gekauft hatte. Eine der jüngeren Schwestern hatte ihr Haar zu einem lockeren, eleganten Knoten geschlungen und ihr eine Tube mit Lippenrouge geliehen.
    »Du meine Güte, Willa«, sagte Max, als er sie abholte. »Du siehst wunderschön aus.«
    Willa lächelte. Sie stand am Fußende ihres Bettes. Dr. Meyers hatte ihr eine neue Prothese beschafft anstelle der alten, die bei dem Absturz zerbrochen war. Sie passte ihr gut, und sie konnte relativ gut damit gehen – obwohl das niemand wusste außer ihr.
    »Nun, vielen Dank, Max. Du siehst aber auch gut aus.«
    Max verbeugte sich bei dem Kompliment. Willa machte langsam ein paar Schritte auf ihn zu und nahm seinen Arm.
    Er runzelte die Stirn. »Ich hole dir einen Rollstuhl, ich

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