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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Gruppe stand, Oliven aß und die Kerne ausspuckte.
    »Ich brauche ein Kamel und Zaumzeug«, sagte sie in seiner Sprache. Dabei senkte sie die Stimme und hoffte, in ihrem Gewand und Turban als Mann durchzugehen.
    Der Mann führte sie zu seinen Tieren und stieß sie an, damit sie aufstanden. Willa wählte eines aus. Der Mann schüttelte den Kopf und meinte bedauernd, dass dieses Kamel sein bestes und daher sehr teuer sei.
    Willa zog das mit Edelsteinen besetzte Schwert aus dem Kissenbezug und bemerkte erst jetzt, dass Blut daran war. Der Kamelhändler bemerkte dies auch.
    »Ich gebe dir dieses Schwert für das Kamel.«
    Der Mann nahm das Schwert, inspizierte es und reichte es ihr wieder zurück. »Das ist eine Fälschung«, sagte er. »Sehr hübsch, aber eine Fälschung. Ich nehme es als Teilzahlung. Was hast du noch?«
    »Es ist keine Fälschung. Wenn du es nicht nimmst, will es vielleicht ein anderer«, erwiderte Willa und steckte das Schwert wieder in den Kissenbezug.
    »Vielleicht habe ich vorschnell gesprochen«, sagte der Mann.
    »Gut. Aber mein Angebot steht nicht mehr«, entgegnete Willa. »Ich biete dir immer noch das Schwert, aber ich will einen Sattel, Proviant und einen Wasserbeutel dazu.«
    Der Mann neigte den Kopf. »Einverstanden.«
    Willa zog erneut das Schwert heraus. Als sie es ihm reichte, packte er sie grob am Handgelenk. Sie wagte nicht zu schreien, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Lass mich los«, zischte sie.
    Aber das tat er nicht. Stattdessen schob er den Ärmel ihres Gewands hoch. »Deine Haut ist weiß wie Ziegenmilch, genau wie die des großen Scheiks Lawrence.« Dann schob er ihren Turban zurück. »Und du bist eine Frau.« Seine Stimme klang jetzt drohend. »Ich frage mich, ob du diejenige bist, die Lawrence sucht? Diejenige, die am Himmel geflogen ist? Was hast du getan, kleiner Vogel? Wie bist du an dieses Schwert gekommen? Warum ist Blut daran?«
    Todesangst packte Willa. Der Mann war ein Händler. Er würde sie verkaufen, aber nicht an Lawrence. Der war zu weit weg. Er würde sie den Türken übergeben. Ihre einzige Chance bestand darin, ihn irgendwie zu überzeugen, dies nicht zu tun.
    »Lass mich gehen, Howeitat«, begann sie. »Der Türke ist nicht dein Freund. Lass mich gehen, um Lawrence und Auda abu Taji zu helfen, dir und deinen Söhnen das Land zurückzugeben, das die Türken gestohlen haben. Das Land deiner Väter.«
    Ein paar Sekunden lang entspannte sich sein Gesichtsausdruck, aber dann kniff er die Augen zusammen und sagte: »Lawrence kann nicht gewinnen. Er hat zu wenig Leute.«
    »Er kann gewinnen. Er wird gewinnen. Wenn du mich gehen lässt.« Sie schüttelte den Kissenbezug. »Ich habe Informationen hier drin. Karten, die ich den Türken und Deutschen abgenommen habe. Sie werden Lawrence helfen, den besten Weg nach Damaskus zu finden. Ein großer Scheik aus Kairo, ein großer Krieger, wird Lawrence begleiten. Gemeinsam werden sie die Stadt erobern.«
    Willa spürte, wie der Kamelhändler überlegte, sie abschätzte und sie schließlich losließ.
    »Reit nach Süden. Das Lager von Lawrence ist jenseits der Hügel des Jabal Ad Duruz. Gleich nördlich von Azraq. Ein gutes Stück östlich von Minifir. Sechs Tage entfernt, fünf, wenn du schnell bist. Halt dich von den Eisenbahnschienen fern. Türkische Bataillone patrouillieren täglich dort. Sei auf der Hut.«
    Erleichtert dankte Willa ihm. Sie ging auf das Kamel zu, das sie ausgewählt hatte, aber der Mann hielt sie zurück. »Das ist lahm. Nimm das hier. Sein Name ist Attayeh. Er ist jung und gesund«, erklärte er und führte sie zu einem größeren Tier. Der Händler sattelte das Kamel, gab Willa etwas zu essen und Wasserbeutel, wie sie gewünscht hatte, band den Kissenbezug an den Sattel und empfahl sie dem Schutz Allahs.
    Kurz darauf ritt sie die Straße zum Bab-al-Jabiya-Tor entlang. Es war nicht weit vom Souk entfernt, und sie konnte das Licht der Laternen zu beiden Torseiten sehen. Willa betete, dass das Tor offen war. Wäre es schon geschlossen für die Nacht, wäre sie erledigt. Sie zog ihr Tuch tief in die Stirn.
    Als sie näher kam, sah sie, dass es noch offen war. Und besser noch, es standen keine Wächter daneben. Ihr Herz machte einen Sprung. Sie spornte das Kamel zuerst zum Trott, dann zum Galopp an. Sie hatte nur eine einzige Chance, um in die Freiheit zu gelangen, und nichts und niemand würde sie jetzt noch aufhalten können.
    Als sie noch etwa zwanzig Meter entfernt war, trat plötzlich eine

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