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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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einfallen. Ich regle das irgendwie. Aber erzähl erst deine Geschichte zu Ende. Erzähl mir alles. Ich versteh immer noch nicht, was das mit dem Tod von Maud Selwyn-Jones zu tun hat.«
    »Ihr Tod war eine Riesengeschichte. Alle Zeitungen waren voll davon. ERBIN BEGEHT SELBSTMORD , hießen die Schlagzeilen. Es gab Fotos von ihr. Die hab ich gesehen. Und ich hab sie erkannt. Weil ich sie schon mal gesehen hatte. Und Stiles auch. Zusammen. Bloß dass er damals nicht Stiles hieß.«
    »Warte mal, John. Langsam. Ich komm nicht ganz mit«, sagte Sid.
    »Wir haben uns ein Haus ausgeguckt, ich und ein paar andere von Maddens Leuten. Im West End. Es hat irgendeinem reichen Pinkel gehört und war von oben bis unten mit Silber, Gemälden und solchem Zeug vollgestopft. Den Bruch wollten wir an einem Wochenende machen, wenn er weg war. Eines Nachmittags sind wir dann hin – ich und ein anderer Typ – und haben uns als Inspektoren vom Gaswerk ausgegeben. Wir wollten uns mal umschauen – mal nachsehen, was im oberen Stockwerk so ist, und rauskriegen, wo die Türen und Fenster im Keller sind. Während wir in der Diele an einer Gaslampe rumgeschraubt haben, hab ich sie reinkommen sehen – diese Selwyn-Jones und Peter Stiles. Bloß dass sie ihn Max genannt und ihn der Dame des Hauses als Max von Brandt vorgestellt hat. Nach ihrem Tod hab ich diesen Max von Brandt mal genauer unter die Lupe genommen und rausgekriegt, dass er aus Deutschland ist. Er hat sich bloß als Stiles, als Engländer, ausgegeben, damit er Maddens Boot benutzen konnte. Danach hab ich ihn nie mehr gesehen – diesen Stiles. Und Billy hab ich nie gesteckt, dass er eigentlich von Brandt heißt. Aber diesen Flynn seh ich alle vierzehn Tage. Und was der den Deutschen gibt … sind sicher keine Diamantohrringe.«
    Sid lehnte sich völlig fassungslos in seinem Stuhl zurück. Tausend Fragen schwirrten ihm durch den Kopf, dass er kaum wusste, welche er zuerst stellen sollte.
    »John«, erwiderte er schließlich. »Ich glaub dir, was du mir erzählst – dass dieser Stiles oder von Brandt Dokumente an die Deutschen übergibt, aber daraus folgt doch nicht, dass er Maud umgebracht hat. Max von Brandts Alibi war absolut wasserdicht. Er wurde von jeglichem Verdacht freigesprochen, irgendetwas mit Mauds Tod zu tun zu haben. Der Polizeibericht besagt, dass sie sich selbst mit einer Überdosis Morphium getötet hat.«
    »Ich weiß, was in den Berichten steht. Ich hab die Zeitungen gelesen«, antwortete John. »Aber seit wann haben die Bullen das letzte Wort bei irgendeiner Sache? Sind die denn plötzlich alle superschlau? Sie sagen, er hat’s nicht getan. Na und? Ich sag, er war’s.«
    »Wie?«
    John schüttelte den Kopf. »Ja, genau, da liegt der Hund begraben. Ich hab keine Ahnung. Vielleicht war er schnell und hat ihr die Injektion verabreicht, als er sie heimgebracht hat. Vielleicht hat er den Droschkenfahrer bestochen auszusagen, dass er bloß ein paar Minuten im Haus war, obwohl er viel länger drin gewesen ist. Vielleicht hat er einen Schlüssel gehabt und sich später in der Nacht wieder reingeschlichen. Vielleicht hat er gar keinen Schlüssel gebraucht. Vielleicht hat er nett und freundlich bei ihr angeklopft und so getan, als wollt er sich wieder vertragen, und sie hat ihn reingelassen. Wenn einer so was durchziehen kann, dann der. Der ist ein ganz ausgekochter Dreckskerl.«
    »Aber wieso? Warum sollte er sie umbringen? Er hat doch mit ihr Schluss gemacht, nicht umgekehrt.«
    John dachte eine Weile nach. »Vielleicht hat’s gar nichts zu tun gehabt mit ihrer Liebesaffäre. Vielleicht hat sie irgendwas mitgekriegt. Oder irgendwas gesehen, was sie nicht hätte sehen sollen.«
    »Ja, vielleicht hast du recht«, antwortete Sid langsam. »Da wäre noch eine Frage: Wo steckt Stiles oder Max von Brandt jetzt?«
    »Keine Ahnung. Ich hab ihn seit Kriegsausbruch nicht mehr gesehen.«
    »Aber du bringst Flynn das Zeug immer noch in die Nordsee raus?«
    John nickte.
    »Also wird Billy immer noch bezahlt«, schlussfolgerte Sid. »Sonst bekämst du ja auch keine Kohle. Er macht schließlich nichts aus Herzensgüte, unser Billy. Jemand schickt also immer noch Geld.« Sid dachte einen Moment lang nach. »Wie kommt Flynn an die Dokumente?«
    »Ich weiß nicht. Er redet nicht viel. Er kommt einfach alle vierzehn Tage an Bord. Du kannst die Uhr danach stellen. Erst vergangene Woche hab ich ihn rausgefahren. Diesen Freitag kommt er nicht, aber am nächsten ist es wieder so

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