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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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illa saß auf ihrem Kamel, beugte sich zur Seite und übergab sich. Sie hielt das Tier nicht an, wenn ihr übel wurde, sondern ließ es einfach weiterlaufen. Die Sonne, die erbarmungslos auf sie herabbrannte und die Wüstenluft zum Flimmern brachte, verschlimmerte ihren ohnehin schon elenden Zustand, und sie fühlte sich grauenhaft.
    Aber sie wollte sich gar nicht genau klarmachen, wie sie sich fühlte, was die Übelkeit und die Krämpfe im Bauch und in den Beinen bedeuteten: klare Anzeichen von Cholera. Wenn sie sich dies eingestünde, würde sie darüber nachdenken und sich Sorgen machen. Und das konnte sie sich nicht leisten.
    Gestern hatte sie an einem Brunnen haltgemacht. Er war alt und wurde nicht mehr genutzt, offensichtlich nicht grundlos. Das Wasser – oder was davon übrig war – wirkte trüb und roch modrig. Eigentlich wusste sie, dass sie es nicht trinken durfte, aber ihr blieb nichts anderes übrig. Der Wasserbeutel, den der Händler ihr gegeben hatte, war leer. Attayeh zeigte sich stur und ungehorsam, ein sicheres Zeichen, dass auch er dringend Wasser brauchte. Sie hatten beide getrunken, ein paar Stunden ausgeruht und sich dann wieder auf den Weg gemacht. Attayeh schien das Brunnenwasser nicht geschadet zu haben, im Gegensatz zu ihr.
    Vor ein paar Stunden hatte sie noch einmal die Karte von Max studiert. Danach müsste sie bald zu einem kleinen Dorf kommen. Sie besaß auch noch das Geld und die beiden Pistolen, die sie Max gestohlen hatte, und hoffte, dafür Wasser und Medizin eintauschen zu können – falls ihr die Leute dort freundlich gesinnt waren und das Dorf kein Räubernest oder türkischer Außenposten war. Falls sie sich dort einen halben Tag ausruhen, sich etwas verarzten und Attayeh tränken konnte, könnte sie es in einem Tag zum Lager von Lawrence schaffen – falls es sich dort befand, wo Max annahm. Oder in zwei Tagen, wenn es sich dort befand, wo der Kamelhändler meinte. Eine ziemlich lange Liste von Unwägbarkeiten, das war ihr klar.
    Sie beugte sich erneut zur Seite, übergab sich heftig, und die Krämpfe trieben ihr die Tränen in die Augen. Als es vorbei war, spuckte sie in den Sand und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab.
    Türkische Soldaten, räuberische Beduinen, die erbarmungslose Sonne, die Gefahr auszutrocknen, wenn sie nicht aufhörte, sich zu übergeben …
    Willa fragte sich mutlos, welches Schicksal sie wohl als Erstes treffen würde.

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    S eamie, das kannst du nicht machen. Das ist Wahnsinn. Das schaffst du nie. Damaskus ist mindestens fünf Tage entfernt von hier. Das heißt, du brauchst allein fünf Tage, um hinzukommen, und noch mal acht oder neun Tage für den Rückweg von Damaskus nach Haifa. Und dabei ist noch gar nicht eingerechnet, wie lange es dauert, um in der Stadt Erkundigungen über Willa einzuziehen, ohne dabei selbst erkannt zu werden. Du hast doch gesagt, dass du in acht Tagen wieder in Haifa sein musst. Was du vorhast, ist einfach nicht zu schaffen«, sagte Lawrence.
    »Bist du dir sicher, dass es fünf Tagesritte nach Damaskus sind?«, fragte Seamie. »Ist die Strecke schon mal schneller zurückgelegt worden?«
    »Vielleicht«, antwortete Lawrence, »aber von dort musst du schließlich doch wieder zurück Richtung Süden. Außer du willst unbedingt vors Kriegsgericht. Selbst wenn du es schaffen und Willa finden solltest, was dann? Glaubst du, die türkische Armee gestattet dir so einfach, mit ihr in den Sonnenuntergang zu reiten?«
    Darauf wusste Seamie keine Antwort.
    »Unser Angriff auf die Stadt ist nur eine Frage von wenigen Wochen. Wenn Willa in Damaskus ist, finde ich sie. Überlass es mir. Lass mich nach ihr suchen. Du musst nach Haifa zurück. Das ist deine einzige Möglichkeit«, sagte Lawrence.
    Seamie gab sich geschlagen und nickte. Hier gab es nichts mehr, was er tun konnte.
    Am Tag zuvor hatte er endlich das Lager von Lawrence erreicht, gemeinsam mit Khalaf, Aziz und ihren Männern – sein neues Lager. Beunruhigt durch Gerüchte über türkische Patrouillen, hatte er sein letztes Lager früher abgebrochen als beabsichtigt und war weiter nach Osten ausgewichen. Als Seamie und seine Kameraden das neue Lager fanden – dank der Auskunft eines durchreisenden Tuchhändlers –, wären sie nach all den Mühen fast erschossen worden. Ein Wächter hatte sie erspäht und war ihnen mit fünfzig bewaffneten Männern entgegengeritten. Sie wurden festgenommen und zum Lager gebracht. Lawrence erkannte Seamie und Khalaf sofort und

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