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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Waschlappen aus dem Badezimmer und wischte das Blut von der Wand.
    Als Nächstes kümmerte er sich um sein Gesicht. Lloyd George, Bonar Law und den anderen bei der Einladung heute Abend würde er sagen, er sei auf der Straße in eine Rauferei mit einem Mann geraten, der seinen Sohn in Frankreich verloren habe und einen Deutschen dafür büßen lassen wollte, irgendeinen Deutschen. Was von der Wahrheit gar nicht so weit entfernt war.
    Nachdem er sich gesäubert hatte, goss er sich ein Glas Whisky ein, um seine Nerven zu beruhigen. Schließlich hätte er fast eine Kugel in den Kopf bekommen. Während er sein Glas leerte, kam ihm der Gedanke, dass es wahrscheinlich klug wäre, Billy Madden zu töten. Sofort. Heute Abend. Aber das war nicht möglich. Madden hatte immer mindestens einen seiner Schläger bei sich, wenn nicht mehr. Zudem war er selbst inzwischen zu bekannt, um sich inkognito durch London zu bewegen, und selbst wenn er sich irgendwie verkleidet hätte, wusste er nicht, woher er die Zeit hätte nehmen sollen, um Madden zu verfolgen. Seine Abende waren mit Dinnerpartys ausgefüllt. Er musste jetzt die Rolle des kultivierten Diplomaten spielen und konnte sich nicht mehr auf heimliche Streifzüge durchs zwielichtige East End begeben.
    Er müsste die Sache auf sich beruhen lassen. Er hatte keine andere Wahl. Obwohl ihn kurzfristig ein leises Unbehagen beschlich, weil er Madden von Josie erzählt und damit möglicherweise sowohl sie als auch ihren Sohn in Gefahr gebracht hatte. In seinem momentanen Zustand war Madden vermutlich wahnsinnig genug, um tatsächlich nach Paris zu fahren.
    Was würde Madden tun, wenn er Josie dort fand? Sie wahrscheinlich wegen des Kindes ausquetschen. Sie möglicherweise vermöbeln. Vielleicht verriet sie ihm, wo der Junge war, vielleicht auch nicht, aber selbst wenn, wäre Madden wirklich wahnsinnig genug, einem Mann wie Seamus Finnegan das Kind wegzunehmen? Der Mann war ein Held. Er hatte die schlimmsten Attacken der deutschen Marine überlebt. Er würde jeden töten, der versuchte, seinen Sohn zu entführen. Und selbst wenn es Madden gelänge, des Jungen habhaft zu werden, und die Zeitungen davon Wind bekämen, würde das ganze Land nach ihm suchen.
    Nein, entschied Max, Billy Madden war im Moment über den Tod seiner Söhne verstört. Sobald er sich wieder ein bisschen beruhigt hätte, würde er den Irrsinn des Ganzen einsehen und die Finger davon lassen. Ganz sicher sogar.
    Max trank seinen Whisky aus und beschloss, den Vorfall zu vergessen. Er hatte anderes zu tun, als sich mit einem Irren aus dem East End herumzuärgern. Das meiste, was er erledigen sollte, war noch nicht getan. Er hatte seine Telefonate noch nicht geführt und die Berichte noch nicht gelesen. Und jetzt musste er sich schleunigst baden und anziehen, wenn er noch rechtzeitig zu dem Dinner erscheinen wollte.
    Und danach hatte er noch eine andere Verabredung. Eine sehr private. Hier in seiner Suite. Zu ziemlich später Stunde.
    Max von Brandt war aus einem ganz bestimmten Grund zum Leiter der Handels- und Finanzdelegation ernannt worden, aber nicht etwa deshalb, weil er dem deutschen Präsidenten so nahestand, egal, was die Zeitungen auch schreiben mochten. Er hatte noch andere Verpflichtungen in London, für die die Wirtschaftsdelegation nur Tarnung war. Er verfolgte weitaus wichtigere Ziele als den Verkauf von Motorrädern.
    Er musste eine neue Verbindungskette erschaffen.

   111   
    B onjour , Willa!«, rief die Bäckerin, als Willa den Laden betrat.
    » Bonjour, Adelaide. Ça va?«, erwiderte Willa.
    »Oui, ça va! Et toi?«
    »Je suis bien, merci, mais j’ai faim. Un croissant, s’il vous plaît, et aussi une baguette.«
    Während die Bäckerin Willas Einkäufe einpackte, erklärte sie ihr, dass sie zu dünn sei und nie einen Mann finden werde, weil kein Mann einen Besenstiel umarmen wolle. Daher werde sie ihr statt einem zwei Croissants einpacken, und sie müsse ihr versprechen, beide zu essen.
    Willa zwang sich zu lächeln und versprach es. Sie bezahlte und ging langsam zu ihrer Wohnung zurück. Sie hatte keinen Grund zur Eile. Niemand erwartete sie. Als sie in ihrer Wohnung war, legte sie die Tüten auf den Tisch und setzte Wasser für Kaffee auf. Sie hängte ihren Mantel an einen Haken, und da sie immer noch fror, schlüpfte sie in die Wolljacke, die Oscar an der Garderobe neben der Tür zurückgelassen hatte. Sie war warm und von guter Qualität. Ich sollte sie ihm wirklich zurückgeben, dachte

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