Die Wildrose
lächelte traurig. Detective Inspector Barrett tippte an seinen Hut und verschwand. Max schloss die Tür, goss sich ein Glas Wein ein und ließ sich in einen Sessel fallen. Die Dämmerung brach herein, aber er machte kein Licht an. Er starrte ins Kaminfeuer, und eine Träne lief ihm über die Wange, dann noch eine.
Dies waren keine vorgetäuschten Gefühle für den Polizeibeamten. Sein Schmerz war echt. Er hatte Maud sehr gerngehabt. Ihre Gesellschaft, ihren Humor und den Sex mit ihr genossen, und er vermisste sie. Sie hatte nicht verdient, was ihr geschehen war. Und er bereute es aufrichtig.
Aber er hatte keine andere Wahl gehabt. Gleich nach dem Öffnen der Tür wusste er, dass sie im Zimmer war. Er hatte ihr Parfüm gerochen. Er hatte gebetet, dass sie nur gekommen war, um ihn willkommen zu heißen, um ihn nackt im Bett zu erwarten. Aber es hatte ihm einen scharfen Stich versetzt vor Kummer und Wut, als er sich leise zum Schlafzimmer schlich und die Fotos und Dokumente auf dem Schreibtisch ausgebreitet sah. Er beobachtete, wie sie die Papiere in ihre Tasche steckte, und wusste, was sie damit vorhatte. Sie würde sie zur Polizei oder zu jemandem in der Regierung bringen. Zu Joe Bristow vielleicht. Oder zu Asquith persönlich. Und damit hätte sie sein kunstvoll aufgebautes Kartenhaus zum Einsturz gebracht.
Ihm war klar, was er tun musste, und er hatte es, ohne mit der Wimper zu zucken, getan. Für solche Fälle hatte er immer einen kleinen Vorrat an Drogen parat. Und dennoch hatte es ihm schrecklich wehgetan – weitaus mehr, als er vermutet hätte –, ihr Drogen einzuflößen, sie nach Hause zu bringen, sie mehrmals in die Armbeuge zu stechen und ihr zwei Ampullen Morphium in die Adern zu spritzen.
Während er dasaß und ins Feuer starrte, hörte er ein scharrendes Geräusch. Er hob den Kopf und sah zur Tür. Ein Umschlag war durch den Schlitz geschoben worden.
Weitere Anweisungen, dachte er und fragte sich, ob sie auf Deutsch oder Englisch wären. Aber egal, auf dem Umschlag wären weder Absender noch Briefmarke. Wie immer.
Ein paar Sekunden lang packte ihn unbändiger Zorn. Zitternd vor Wut, griff er nach einer Vase und schleuderte sie an die Wand. Sie zerbrach in tausend Stücke, und die Scherben stoben in alle Richtungen.
Maud bedeutete ihnen nichts. Sie war verzichtbar. Genau wie Hoffman und Bauer. Auch er selbst war austauschbar. Ihnen bedeutete niemand etwas.
»Ein Leben«, würden sie sagen. »Was ist ein Leben im Vergleich zu Millionen?«
Aber dieses eine Leben war ihm wichtig gewesen. Er hatte die Frau fast geliebt. Aber während er seine Wut wieder unter Kontrolle brachte, wurde ihm klar, dass seine Verbindung zu Maud und die Gefühle, die er sich für sie gestattet hatte, ein Fehler gewesen waren – den er niemals wiederholen durfte. Wenn er sich nicht mit ihr eingelassen hätte, wäre sie vermutlich nie in seine Suite gekommen und hätte nie herausgefunden, was sie nichts anging.
Max schob mit dem Fuß die Scherben zusammen und rief die Rezeption an, damit ein Zimmermädchen zum Aufräumen geschickt wurde. Dann ging er zur Tür, hob den Umschlag auf und las die Nachricht darin. Es war an der Zeit, sich wieder an die Arbeit zu machen.
Maud war tot. Das Herz war ihm schwer vor Trauer um sie. Aber das zählte nicht. Seine Tarnung war nicht aufgeflogen. Nur das zählte. Sonst nichts.
Liebe ist gefährlich, sagte er sich. Viel zu gefährlich. Diese Lektion hatte er bereits gelernt gehabt, aber sich dann gestattet, sich nicht daran zu halten.
Max ging zum Kamin hinüber. Während er die Nachricht und den Umschlag in die Flammen warf, schwor er sich, dies niemals mehr zu vergessen.
34
S eamie starrte aus dem Fenster des Hotelzimmers. Die Sonne stand tief im Westen. Vermutlich war es schon fünf. Er blickte auf die schräg einfallenden Strahlen, die Willas nackten Körper überfluteten, während sie dösend neben ihm lag. Dieses diffuse Licht war ihm inzwischen vertraut. Es war das traurige Licht der Untreue. Verheiratete Paare, zumindest die glücklich Verheirateten, kannten es nicht, denn die liebten sich im Dunkeln oder im klaren Morgenlicht.
Er zog Willa an sich und küsste sie aufs Haar. Sie murmelte verschlafen.
»Ich muss bald gehen, Liebste«, sagte er.
Willa blickte zu ihm auf. »Schon?«
Er nickte. Heute Abend fand in der Royal Geographical Society ein Dinner statt. Für Sponsoren. Man erwartete, dass er daran teilnahm, und Jennie ebenfalls. Er hatte ihr erklärt,
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