Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
Fingern durchs Fell. Es fühlte sich überraschend weich an.
»Ich habe bereits an deinen und Caraths Sachen zusammengepackt, was mir am Wichtigsten für die Reise erschien.« Delren wies auf die drei Reisesäcke, die an den breiten Sattel des Tieres geschnallt waren. »Ich muss sofort aufbrechen, wenn ich meine Aufgabe rechtzeitig erledigen will. Also kommt.« Er strich ihr wie beiläufig über den Rücken. Seine Hand hinterließ ein angenehmes Prickeln auf ihrer Haut, aber Serrashil bemühte sich, es zu ignorieren. Stattdessen kletterte sie mit seiner Hilfe hinter Carath in den Sattel und zuckte zusammen, als sich das Rushkro unter ihr bewegte. Hoffentlich lief es nicht einfach so davon. Als Letztes schwang sich Delren auf den Rücken des Rushkros. Er nahm die Zügel auf und wandte sich zu seinen Mitreisenden um.
»Alles in Ordnung?«
»Mehr oder weniger«, erwiderte Serrashil und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper. Aus den Augenwinkeln sah sie ihn lächeln.
»Du wirst dich daran gewöhnen. Wir werden die ganze Nacht brauchen, bis wir den Fluss Palsa erreicht haben. Dort trennen sich unsere Wege. Ihr nehmt ein Schiff, das euch direkt nach Uratha bringt, und ich werde noch ein Stück weiterreiten. Kerib, du wirst uns beim Palsa auch verlassen, habe ich das richtig verstanden?«
»Ja. Ich muss ab da in eine andere Richtung«, kam es von hinten mit dünner Stimme. Hoffentlich wurde Kerib auf dem Rushkro nicht seekrank. Verdenken konnte Serrashil es ihm nicht, so wie das Tier sich unter ihnen bewegte. Und es war auch noch so hoch …
Delren schnalzte mit der Zunge, woraufhin sich das Tier in Bewegung setzte. Bei jedem Schritt schaukelten sie ein wenig hin und her, doch es war nicht so schlimm, wie Serrashil angenommen hatte.
Sie erreichten das Tor des Schulgeländes. Studenten wie Delren mit ihren merkwürdigen Tieren waren wohl der Grund, weshalb es so groß war. Auf jeden Fall passten sie mit Leichtigkeit hindurch.
Auf der Hauptstraße Jadestadts wurden sie von den meisten Leuten ignoriert. Lediglich ein paar Kinder starrten sie aus sicherer Entfernung mit großen Augen an. Die anderen wichen ihnen zwar aus, würdigten sie aber keines zweiten Blickes. Mit einem mulmigen Gefühl beobachtete Serrashil, dass die meisten schon Vorbereitungen für das Jadefest trafen. Marktstände wurden errichtet, Handwerker liefen geschäftig umher und über ihnen wurden bunte Banner über die Straße gespannt. Zum Jadefest wurde ein großer Andrang erwartet, wenn die Angehörigen und Freunde der Studenten kamen, um ihre Vorführungen zu bestaunen und eventuell die bestandene Prüfung zu feiern. Noch acht Tage, dann wurde mit einer feierlichen Zeremonie das Fest eröffnet. Noch acht Tage, bis sie ihre Vorstellung machen musste. Hoffentlich ist dieser Mashdin ein guter Lehrer …
Nachdem sie die Stadt verlassen hatten, trieb Delren sein Reittier zu einer schnelleren Gangart an. Der Gegenwind peitschte ihnen ins Gesicht. Serrashil klammerte sich um ihren Liebsten und lehnte sich gegen seinen Rücken. Nachdem sie sich an die Bewegungen des Rushkron gewöhnt hatte, machte es Spaß, auf dem Tier durch die Landschaft zu rasen.
Sie folgten der Straße nach Südwesten und passierten bald die Grenze Jadestadts, die durch einen Pfeiler mit der Flagge des Stadtstaats gekennzeichnet war. Wenige Schritte weiter stand einer mit der Flagge Ledapras.
Es dämmerte bald, während das Rushkro ununterbrochen die Straße entlang rannte. Zwei oder drei Weiler säumten ihren Weg, doch ansonsten änderte sich kaum etwas an der verschneiten Landschaft. Serrashil schaffte es, sich durch das Rushkro in einen leichten Schlaf schaukeln zu lassen, aus dem sie jedoch immer wieder hochschreckte, aus Angst, von seinem Rücken zu gleiten.
Bis zum frühen Morgen des nächsten Tages dauerte ihre Reise auf dem Rushkro, dann erreichten sie die Anlegestelle am Fluss Palsa. In dem Dorf, das sich darum herum angesiedelt hatte, machten sie Halt. Das Gasthaus hatte gerade geöffnet und während Delren sein Reittier versorgen ließ, nahmen sie eine Mahlzeit zu sich. Jeder von ihnen sah unausgeschlafen aus und sie sprachen nicht viel, bis sie zu Ende gegessen hatten.
»Hier endet unsere gemeinsame Reise.« Delren lehnte sich zurück und blickte zu Serrashil. »Beim Hafenmeister könnt ihr euch erkundigen, wann das nächste Schnellboot fährt, und für die Fahrt nach Uratha bezahlen. Steht auf der Karte von Rinartin, wie euer Zielhafen heißt?«
»Ja.«
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