Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
einander, ehe Farva in stummer Akzeptanz den Blick abwandte.
Mashdin musterte Carath nachdenklich, während er sich unbewusst über die Schläfe rieb. »Bei Makraza, ein Galdana ohne Haelra. Das wäre fast so, als würde ich meinen eigenen Lebensbaum fällen«, seufzte er schließlich.
Farvas Mundwinkel zuckte. »Vorausgesetzt, du schaffst es, ihn lebend zu erreichen.«
»Könnte schwierig werden.« Mashdin lächelte, wurde aber gleich darauf wieder ernst. »Du bist ein Fremder, Carath. Mehr noch, du bist Gast in meinem Hause. Ich will dich nicht dazu drängen, etwas zu sagen, was du nicht sagen willst. Solltest du jedoch in Schwierigkeiten stecken, kannst du dich jederzeit an uns wenden.«
Serrashil blickte von einem zum anderen. Sie verstand weder, was genau ein Haelra war, noch, warum Carath Probleme haben sollte. Nicht, dass es nicht zu ihm passen würde.
Carath sah so aus, als wolle er etwas erwidern, dann überlegte er es sich anders und schüttelte den Kopf. »Ich stecke nicht in Schwierigkeiten.«
Mashdin hob ungläubig die Augenbrauen, kam aber nicht dazu, etwas darauf zu erwidern. Paia betrat in diesem Augenblick den Raum. Sie trug einen dampfenden Topf und der Utera sprang auf, um ihr zu helfen, das Essen zu servieren. Kurze Zeit später war der Tisch voll mit duftenden Speisen, die Serrashil das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen.
Stumm verzehrten sie ihr Abendmahl. Es war ein langer Tag gewesen und die anderen schienen ebenso hungrig zu sein wie Serrashil. Nur ihr Lehrmeister stocherte lustlos in seiner Portion herum, obwohl er den ganzen Tag nichts zu sich genommen hatte. Schließlich erhob er sich seufzend.
»Entschuldigt mich bitte.«
Paia warf ihm einen besorgten Blick zu, tat aber nichts, um den Utera am Gehen zu hindern. Farva ignorierte es, ebenso wie Carath. Serrashil sah ihm hinterher und schlang den Rest ihres Mahls hinunter. Sie wollte unbedingt mit Mashdin sprechen. Einerseits interessierte sie brennend, was ein Haelra war, und sie wagte keinen der Galdana danach zu fragen. Auf der anderen Seite spukte ihr immer noch Randefs Hinweis durch den Kopf, dass Mashdin ihr Antworten auf die Vorgänge an der Hohen Schule liefern konnte, insbesondere was Rinartin betraf.
»Es hat sehr gut geschmeckt.« Serrashil schenkte Paia ein Lächeln, ehe sie sich so schnell wie höflich vom Tisch entfernte. Sie vermutete, ihren Lehrmeister in seinem Arbeitszimmer zu finden, doch als nach mehrmaligem Klopfen keine Antwort kam und sie vorsichtig ins Zimmer spähte, lag der Raum im Dunkeln und von Mashdin war keine Spur zu sehen.
Serrashil tastete sich im Dunkeln durch die Gänge, um verräterisches Licht aus Türritzen sofort zu bemerken, aber im Erdgeschoss wurde sie nicht fündig. Auch im ersten und zweiten Stock war alles dunkel. Mashdin konnte sich folglich nur in der Bibliothek im dritten Stock aufhalten. Oder aber er war zu Bett gegangen. Verdenken konnte sie es ihm nicht, sie selbst war vom Training hundemüde. Mit den vielen Fragen, die sie quälten, konnte sie jedoch lange nicht schlafen. Mashdin nahm offensichtlich an, dass Carath ein Problem hatte, und Serrashil war sich sicher, dass sie durch ihren neuen Lehrmeister wichtige Informationen über Carath und das Rätsel erhielt, das ihn umgab.
Sie schritt die Stufen in den dritten Stock hinauf und kam an eine dicke Holztür. Mit ihrem ganzen Gewicht musste sie sich dagegen werfen, damit sie nachgab und Serrashil den Weg in den Raum dahinter freimachte.
Zahlreiche Magischen Feuer erhellen das Zimmer, das ein ganzes Stockwerk einzunehmen schien. Ein Labyrinth aus Bücherregalen ragte bis an die hohe Decke. Die oberen Bücher konnten nur über Leitern erreicht werden, die hin und wieder an einem der Regale lehnten.
Serrashil folgte dem Verlauf der Bücherregale, bis sie zu einem freien Platz zwischen ihnen gelangte. Er wurde von zwei Tischen und zahlreichen Stapeln an Büchern, Schriftrollen und losen Dokumenten eingenommen. Auf einem der beiden stand eine Schale mit Magischem Feuer. Mashdin saß regungslos davor, über ein Blatt gebeugt.
Sie räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. Blinzelnd sah der Utera auf.
»Oh, Serrashil. Brauchst du etwas?« Er legte das Blatt beiseite und wandte sich ganz ihr zu.
»Darf ich mich zu dir setzen?«
»Natürlich.«
Serrashil ließ sich ihm gegenüber auf einen Stuhl sinken. Das kalte Feuer zwischen ihnen flackerte in ihrem Luftzug. Sich seines erwartungsvollen Blickes bewusst, faltete sie
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