Die Witwe
Lieutenant.«
»Wahrscheinlich?«
»Es muß so gewesen sein«, sagte
sie mit Festigkeit.
»Sie riefen Romair an und
erzählten ihm, ich käme auf Ihren Vorschlag hin zu ihm«, sagte ich. »Er
seinerseits rief Candy Logan an und erzählte ihr, ich käme zu ihr. Ich bin heute abend von Pontius zu Pilatus geschickt worden.
Warum?«
»Ich weiß nicht, was Sie
meinen«, sagte sie.
»Ich habe ausreichend
Verdachtsgründe gegen Sie, um Sie jetzt sofort als Hauptzeugin festnehmen zu
können, Stella«, sagte ich. »Ich habe genügend Beweismaterial beisammen, um
Ihnen eine Anklage wegen Doppelmords anzuhängen.«
»Das werden Sie nicht tun«, sagte
sie atemlos. »Das können Sie mir nicht antun. Sie wissen genau, daß ich keinen
von beiden umgebracht habe.«
»Ich bin heute
nacht niedergeschlagen worden«, sagte ich. »Ich habe Kopfschmerzen. Ich
bin müde und illusionslos. Ich möchte nach Hause fahren und schlafen. Und im
Augenblick gibt es eine leichte Lösung für alle meine Probleme — ich nehme Sie
mit und verhafte Sie. Der Sheriff würde Sie mit offenen Armen willkommen
heißen.«
»Al!« Ihre Augen weiteten sich,
während sie mich anblickte. »Das werden Sie mir nicht antun. Sie wissen, daß
ich unschuldig bin.«
»Den Teufel weiß ich«, sagte
ich.
»Sie müssen mir glauben«, sagte
sie schnell. »Ich habe weder Julia noch Harry Weisman umgebracht. Ich schwöre
es Ihnen!«
»Ich bin ein weichherziger
Mensch«, sagte ich, »wenn nicht gar dumm. Vielleicht könnte ich anfangen, Ihnen
zu glauben, wenn Sie aufhörten zu lügen und mir der Abwechslung halber einmal
die Wahrheit sagten. Was ist mit diesen Dolchen?«
Sie setzte sich aufs andere
Ende der Couch und blickte mich ein paar Sekunden lang schweigend an. Dann kam
sie zu dem Schluß, daß ich es ernst meinte.
»Ursprünglich waren es drei«,
sagte sie. »Ich habe sie auf einer Auktion erworben, als ich das letztemal in Los Angeles war. Zwei waren tadellos, aber der
dritte war nicht ganz so gut. Die beiden perfekten befestigte ich an der Wand.
Der andere müßte eigentlich noch dort drüben in der Kommodenschublade sein.«
Sie wies mit dem Kopf auf eine an der gegenüberliegenden Wand stehende Kommode.
»Warum sehen Sie nicht selber
nach, ob er noch dort ist?« sagte ich.
Sie ging durchs Zimmer und
öffnete die Schublade. Ein paar Sekunden starrte sie hinein und kehrte dann zur
Couch zurück. »Er ist weg«, sagte sie dumpf.
»Nun sagen Sie mir noch etwas«,
fuhr ich fort. »Erzählen Sie mir von Harry Weisman und Julia. Erzählen Sie mir
die Wahrheit.«
»Candy Logan hat die Wahrheit
gesagt«, murmelte sie. »Ich hörte von Julias neuem Freund und wurde neugierig.«
Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. »Ich war bei neuen Männern immer
neugierig. Und besonders neugierig, wenn es sich um Julias neue Männer
handelte. Wir waren sozusagen feindliche Konkurrentinnen. Als ich nun von Harry
hörte, legte ich es darauf an, ihn kennenzulernen. Es war nicht schwierig. Er
versuchte nicht, zu widerstehen. Jedenfalls habe ich keinen Protest gehört.«
»Er muß wesentlich zäher
gewesen sein, als er aussah«, sagte ich verwundert, »um Sie und Julia
gleichzeitig zu verkraften.«
Sie nickte zerstreut, als ob
sie gar nicht richtig gehört hätte, was ich sagte. »Natürlich mußte ich Julia
das mitteilen«, fuhr sie fort. »Da kam die liebenswertere Seite meines Wesens
zum Vorschein. Sie war so wütend, daß sie Cornelius alles erzählte.«
»Ich hätte nicht gedacht, daß
Ihnen das irgendwie etwas ausmacht«, sagte ich. »Er ist doch Mr. Stella Gibb,
nicht wahr?«
»Ich hatte mich in Cornelius
geirrt«, sagte sie leise. »Er war jung, fünfzehn Jahre jünger als ich — und er
hatte hübsche Muskeln. Als ich ihn mir damals an Land zog und heiratete, war er
Bademeister am Strand. Ich dachte, es wäre ein Vergnügen, ihn um mich herum zu
haben, und er würde, solange ich ihn ausreichend mit Taschengeld versorgte,
tun, was man ihm sagte.«
Sie schüttelte bedächtig den
Kopf. »Es ist erschreckend, wie sehr man sich irren kann! Sobald wir
verheiratet waren, entwickelte er einen Hang zur Eifersucht. Er wird verrückt,
wenn er in Wut gerät! Er — ängstigt mich. Julia erzählte ihm von mir und Harry
Weisman.«
»Und?«
»Er kippte völlig aus den
Pantinen. Er versetzte mich buchstäblich in Entsetzen. Ich habe noch nie zuvor
einen Mann so wahnsinnig wütend gesehen. Er schlug mit seinen Fäusten auf mich
ein — er riß mir die Kleider vom Leib und
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