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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Küchenfenster aus sehen.« Jetzt tat ich es mit dem Lügen schon meiner Mutter gleich, aber ich wagte nicht zuzugeben, dass unser Kind vermisst wurde, noch nicht.
    »Prissy …« Howie klang sehr skeptisch. »Gib mir Quentin.«
    »Er schläft«, sagte ich. »Er ruft dich später an.« Dann habe ich aufgelegt, und Howie hat noch vier Mal angerufen, aber ich bin nicht mehr ans Handy gegangen.
    Vor lauter Erleichterung darüber, dass Georgia Quentin gesund und heil bei uns abgeliefert hatte, hatte ich völlig vergessen, Howie zurückzurufen und ihm zu versichern, dass wirklich alles bestens sei. Darum habe ich jetzt diese Höllenangst, mein Mann könne auf der Suche nach seinem Sohn Zeuge seiner eigenen Beerdigungsfeier werden.
    Ich halte den Kopf tief gesenkt, sodass es wirkt, als würde ich beten. Fast alle Plätze in St. Augustine sind gefüllt, und ich spüre die vielen Blicke in meinem Rücken. Am liebsten würde ich unter die Bank schlüpfen und mich dort verstecken. Ich fühle mich wie eine Blenderin und muss mir auf die Zunge beißen, um nicht aufzustehen und allen die Wahrheit ins Gesicht zu schleudern. Ich bin jetzt seit elf Tagen in Paradise Bay, und wenn ich noch ein einziges Mal umarmt werde und die Beileidsformel höre, muss ich schreien.
    Mom hingegen sonnt sich in all der Aufmerksamkeit. Sie lächelt im richtigen Moment ein schickliches Lächeln, umarmt die Kondolierenden in der passenden Weise und nickt zu meinem Entsetzen sogar bei dem Vorschlag, ich solle den nächsten Single-Abend in der Legion besuchen. Es stört sie kein bisschen, dass Howie gar nicht tot ist, und sie scheint auch meine wütenden Blicke nicht zu bemerken, wenn sie der Geschichte ständig neue Wendungen hinzufügt. Ich kann nur noch ungläubig schauen, als sie erzählt, Howies Ärzte hätten versucht, ihn in ein Programm für Experimentalmedizin aufzunehmen, der Krebs hätte jedoch, als die Krankenhausverwaltung endlich zustimmte, schon gestreut. Je mehr Einzelheiten sie erfindet, umso mehr scheint sie selbst daran zu glauben.
    Barb Donovan singt »Amazing Grace«, also muss die Messe ihrem Ende entgegengehen. Zum ersten Mal während der gesamten Gedenkfeier schaue ich auf, weil ich das Gefühl habe, dass Barb nur für mich singt und ich das würdigen sollte. In dem Moment sehe ich es: Oberhalb des Altars, gleich unter dem Kruzifix, steht eine Staffelei mit einem riesigen Foto von Howie, umgeben von rosa und weißen Nelken. Er wirkt darauf so jung, dass er mich einen Augenblick lang an den Mann erinnert, in den ich mich einmal verliebt habe.
    Ich erkenne das Bild sofort, ich habe es nämlich selbst aufgenommen, bei unserem ersten Besuch in Paradise Bay, gleich nach Quentins Geburt. Quentin war erst wenige Monate alt, und ich hatte ständig die Kamera in der Hand, machte Schnappschüsse von meinem Kind mit seiner Großmutter, seinem Großvater, mit Onkel Charlie, mit jedem, der ihn auf dem Arm halten wollte. Kurz bevor ich dieses Bild geschossen habe, hatte sich Quentin in den Arm meiner Mutter gekuschelt, und ich hatte diese Szene so oft fotografiert, dass mich meine Mutter schließlich fortscheuchte, damit ich das Baby nicht weckte.
    Ich war nach draußen gegangen. Howie und mein Dad saßen in den Gartenstühlen und tranken in der Sonne des späten Nachmittags Bier. Ich konnte nicht hören, worüber sie sprachen, aber Howie lachte so sehr, dass ich ein Foto machte, unwillkürlich mitlächeln musste und mich dann zu ihnen gesellte.
    Ich rutsche auf der harten Holzbank hin und her und frage mich beklommen, womit mein Vater Howie damals so zum Lachen gebracht hat, und seltsamerweise fließen dabei die Tränen. Mein lautes, herzerweichendes Schluchzen hallt an den Steinwänden der Kirche wider und schallt zurück in den Chorraum. Ich bin ebenso beschämt wie entsetzt, aber ich kann mich nicht bremsen. Meine Mutter wirft mir einen erstaunten Blick zu und legt mir eine Hand auf die Schulter. Ob zur Beruhigung oder Ermunterung, weiß ich nicht.
    Als der Gottesdienst endlich vorüber ist, bin ich völlig erschöpft und unendlich erleichtert, es hinter mir zu haben. Ich will nur noch nach Hause und Quentin in meinen Armen wiegen, so wie früher.
    Aber als wir zu Hause ankommen, würde ich mich doch lieber in Luft auflösen. Denn in der Auffahrt parkt eine schwarze Limousine, und am Steuer sitzt Howie. Ich parke hinter ihm, er steigt aus, und Mom fleht Jesus um Hilfe an.
    »Was zur Hölle macht der hier?«, fragt sie.
    Ich beiße die Zähne

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