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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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hat sie das Abendessen bereits um vier Uhr fertig, aber sie giftet gleich zurück.
    »Bei dem, was du kochst, sterben wir um halb sieben schon wieder vor Hunger.«
    Ungeduldig sehe ich nach dem Topf. Auf der kleinen Elektroplatte dauert es eine Ewigkeit, bis das Wasser kocht. »Also«, sage ich, um das Thema zu wechseln, »was habt ihr da draußen gemacht?«
    »Wir machen Omas Sarg«, antwortet Quentin.
    Ich halte in meiner Bewegung inne und drehe mich fassungslos zu meinem Bruder um. »Was bitte? Was bitte macht ihr?« Vor Wut würde ich am liebsten eine Schimpftirade loslassen, und gleichzeitig bin ich sprachlos. Ich spiele mit meinen Händen herum, um meinem Bruder nicht ins Gesicht zu schlagen.
    Charlie sieht zur Seite und windet sich auf seinem Stuhl. Er weiß, dass er mein Kind nicht in diese groteske Sache hineinziehen sollte. »Quentin hat echt Talent zum Schreinern und viele gute Ideen. Das is’n richtiger Künstler.«
    Welche Ideen mag mein vierzehnjähriger Sohn wohl zur Herstellung eines Sarges beitragen können? »Dann macht doch einen Tisch«, sage ich ausdruckslos.
    »Na, auf einem Tisch könnt ihr mich nicht beerdigen«, mischt sich Mom ein. »Ich finde es wunderbar, dass Quentin hilft.« Und zum ersten Mal an diesem Tag lächelt sie zufrieden. Mir gibt das den Rest. Man sollte meinen, sie würde es genießen, mit einem Glas Wein in der Küche zu sitzen, während ich koche, aber nein. Das Einzige, was ihr ein Lächeln entlockt, ist die Tatsache, dass ihr Sohn und ihr Enkel einen Sarg für sie schreinern.
    »Klar doch.« Ich grinse höhnisch. »Du … du … du hast überhaupt keine Ahnung, was du da sagst, oder?« Ich verliere jeden Moment die Beherrschung, aber da hebt Charlie die Hände. Er will Frieden stiften, dabei bin ich seinetwegen überhaupt erst so wütend geworden.
    Als die Pasta endlich fertig ist, ist mir der Appetit vergangen. Quentin und Charlie essen ihren Teller leer, was mich ein wenig aufheitert – doch dann drängt Charlie meine Mutter, wenigstens etwas zu probieren. Mit den Worten: »So übel ist das gar nicht.« Es klingt, als hätte ich ihm Essen mit abgelaufenem Verfallsdatum vorgesetzt. Am Ende hockt meine Mutter, wie ein bockiges Kind, vor Toast und Tee.

Kapitel 16
    Lottie
    Nachdem ich einen weiteren Vormittag erfolglos mit der Jobsuche verbracht habe, treffe ich mich mit Georgia bei Lawlor’s zum Mittagessen. Es ist viel los, es dauert lange, bis wir unsere Bestellung aufgeben können. Ich nehme einen Kaffee – in meinem Portemonnaie sind nur noch wenige Dollar und ein paar Zerquetschte. Georgia wählt Erbsensuppe, einen Gartensalat und ein Stück Kokoscremetorte, das sie zusammen mit der Suppe haben möchte. Mir erscheint das ziemlich ungewöhnlich, aber sie könne, so erklärt sie mir, kaum noch etwas schmecken, wenn sie nicht zuvor Süßes gegessen habe, da sie ständig backe und daran gewöhnt sei, das Dessert zuerst zu essen.
    »Willst du gar nichts bestellen?«, fragt sie.
    »Ich hab schon gegessen«, lüge ich. Von den vielen Gerüchen knurrt mir der Magen, was zum Glück im allgemeinen Trubel niemand bemerkt. Ich hätte mich gar nicht mit Georgia zum Essen treffen sollen, doch sie hatte am Telefon ganz verzweifelt geklungen.
    »Alles okay?«, frage ich, denn sie sieht so aus, wie sie sich angehört hatte. Sie wickelt ihr Besteck in die Papierserviette und wieder aus. Offensichtlich ist sie mit den Gedanken irgendwo anders.
    »Ich wollte dich etwas fragen«, sagt Georgia sehr nervös. Ängstlich verknotet sich mein Magen. »Wenn Joseph nicht in jener Nacht gestorben wäre … glaubst du, dass wir dann immer noch glücklich wären?« Georgia sieht beschämt zur Seite, und zu Recht. So eine dumme Frage, denn das spielt doch wirklich keine Rolle.
    Aber irgendetwas muss passiert sein, sonst hätte sie diese Frage nicht gestellt. Georgia hat noch niemals etwas geäußert, was man als Zweifel an ihrer Ehe deuten könnte. Sie spricht immer nur davon, dass sie und Joseph füreinander bestimmt gewesen seien und das Schicksal sie in jener Nacht des Schneesturms zusammengeführt habe. Dass sie sich vor dem Traualtar absolut sicher gewesen sei und sich bei Joseph immer so behütet gefühlt habe. Niemals hat sie ihre gemeinsame Zukunft skeptisch betrachtet.
    »Warum fragst du?«
    »Neulich abends, als wir uns getroffen haben … Nachdem du weg warst, haben Prissy und ich noch ein wenig gequatscht, und sie hat so eine Andeutung gemacht. Wenn Joseph nicht gestorben wäre, meint

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