Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2
wie die Sympathien verteilt waren. Auf der linken Seite an der Wand standen die Wolfsgegner, angeführt von Rick und Brian Baldwin, die beide sogar Mützen mit dem Schriftzug »Kill the Wolves« trugen und ein Transparent mit der gleichen Aufschrift hielten. Auf die Fensterseite hatten sich die Wolfsbefürworter geschlagen, vertreten durch einige Greenpeace-Leute, Louise Fletcher und ihre Gruppe von Naturschützern, die vergrößerte Fotos von erschossenen Wölfen und ein Schild mit der Aufschrift »Wer sind hier die Bestien« mitgebracht hatten. Beide Parteien beschimpften sich lautstark, gefilmt von der Kamera eines lokalen Fernsehsenders mit einer Reporterin, die eindringlich auf den Kameramann einredete und ihn auf lohnenswerte Motive hinwies.
Die Professorin aus dem English Department brauchte geschlagene fünf Minuten, um die Zuhörer einigermaßen ruhig zu bekommen. Irgendjemand hatte ihr eine Glocke gereicht, die sie ausgiebig läutete. Sie würdigte den Superintendent in einer kurzen Einführung und verkündete dann: »Ladys and Gentlemen, der Superintendent des Denali National Parks … John W. Green!«
Green trat ans Podium und wartete geduldig, bis sich die Aufregung einigermaßen gelegt hatte. »Ich glaube, das letzte Mal ging es hier so zu, als die Uni beschloss, die Studiengebühren anzuheben«, entschärfte er die Situation und hatte die Lacher auf seiner Seite. Dann begann er mit seinem Vortrag. In seiner Einführung ging er auf die irrige Meinung vieler Leute ein, Wölfe seien blutgierige Bestien, die nichts anderes im Sinn hätten, als sich auf Menschen und Tiere zu stürzen und sie mit ihren scharfen Zähnen zu zerreißen.
»Und genau das tun die verdammten Viecher!«, schimpfte Rick Baldwin aufgebracht. Die anderen Wolfsgegner unterstützten seine Worte mit lautem Gejohle und Geklatsche. »Sie hätten das junge Kalb sehen sollen, das sie im letzten Frühjahr gerissen haben. Das bringen nur blutgierige Bestien fertig!«
»Wölfe sind keine Bestien«, ließ sich der Super nicht aus der Ruhe bringen. Er erzählte das, was Julie auch immer betonte, dass Wölfe den Menschen ähnlicher waren, als viele dachten, und Zweibeiner nur im äußersten Notfall angriffen. »Und was Ihr Kalb betrifft, Mister Baldwin: Der häufigste Grund für den Tod von Rindern und Kälbern sind Krankheiten. Ich habe hier einige Zahlen. Im letzten Jahr haben Wölfe ungefähr achttausend Rinder und Kälber getötet – nicht in Alaska, in den ganzen USA . Sie glauben, das ist viel? Im gleichen Zeitraum gingen über eine Million Rinder an Atemwegserkrankungen ein. Über eine Million! Und wenn Ihnen diese Zahlen noch immer nicht reichen: Normale Haushunde haben dreimal so viele Rinder und Kälber getötet. Müssen wir deshalb jetzt alle Schäferhunde und Collies töten? Sogar Geier … jawohl, Geier … töten mehr Rinder und Kälber als Wölfe, und ich habe noch nie gehört, dass wütende Farmer auf Geier-Jagd gehen. Aber bei Wölfen sehen sie rot. Das ist unfair. Wölfe gehören zu Alaska wie Grizzlys und Elche, und wir sollten diesen Tieren einen angemessenen Lebensraum zugestehen. Sie sorgen für das ökologische Gleichgewicht, das haben unsere Beobachtungen und Experimente im Denali National Park auf eindrucksvolle Weise bewiesen. Machen wir den Wolf nicht länger für etwas verantwortlich, das allein wir Menschen verschuldet haben: die Zerstörung unserer Umwelt und des Lebensraums unserer Pflanzen und Tiere. Wann erkennen wir, dass wir damit nicht nur unsere Umgebung, sondern auch uns selbst vernichten?«
Julie wurde langsam nervös. Sie hatte keine Ahnung, wann der Super sie auf das Podium rufen würde. Auf sein Anraten hatte sie sich keine Notizen gemacht. Ihre Worte sollten spontan und emotional sein, aber bis jetzt wusste sie noch nicht einmal, wie sie anfangen würde. Als sie merkte, dass die Kamera auf sie schwenkte, versuchte Julie, ihre Anspannung mit einem Lächeln zu überspielen, was ihr aber nur schlecht gelang. Und dass sie in diesem Augenblick sah, wie John das Auditorium betrat, war auch nicht besonders hilfreich. Sie beobachtete, wie er sich an die Wand neben der Tür lehnte.
Der Superintendent war kein kühler Denker, der nur mit Statistiken und Zahlen argumentierte. Als er auf die Wolfskiller zu sprechen kam, wurde er richtig wütend: »Für uns Ranger ist es nur schwer zu verstehen, dass die Regierung immer noch erlaubt, Wölfe außerhalb der Parkgrenzen zu töten. Eine preiswerte Fallensteller-
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