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Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Titel: Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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zugeben.
     
    Inzwischen ist es auch in Cooke City ruhig geworden. Die Fahrer der Schneemobile haben ihre Maschinen abgestellt und lärmen in den Restaurants und in der Bar weiter. Spät nachts werden sie noch einmal mit ihren schweren Stiefeln die Treppen zum Hotel hoch poltern und sich lautstark verabschieden. Ich räche mich dafür auf meine Art: Am nächsten Morgen dusche ich ausgiebig um fünf Uhr und kratze wenig später laut das Eis von den Autoscheiben, bevor ich noch in der Dunkelheit wieder in den Park aufbreche, um die Wölfe zu beobachten.

Ein Jahr als Wolf in Yellowstone
     
    Mai 2001
    In gleichförmigen Tropfen prasselt der Regen an mein Fenster. Ich sitze zuhause an meinem Computer und hänge meinen Träumen nach. Gerade habe ich eine E-Mail von Freunden aus Yellowstone bekommen. Die Welpen der Druids sind zum ersten Mal gesehen worden!
    Es ist keine zwei Monate her, dass ich aus dem Park zurückgekommen bin, und schon werde ich wieder unruhig. Jetzt, wo ich vom Nachwuchs weiß, packt mich die Sehnsucht. Kurz entschlossen rufe ich meine Eltern an und frage, ob ich meinen Hund zu ihnen bringen kann. Dann packe ich all meine Vielflieger-Meilen zusammen und buche bei Delta Airlines einen Freiflug nach Bozeman. Die Maschinen in die USA sind ziemlich voll und ich werde voraussichtlich nur noch einen Mittelplatz bekommen, aber das ist mir egal. Schnell wird der kleine Koffer gepackt (in den 30 Jahren, in denen ich schon unterwegs bin, wird mein Gepäck zum Glück immer weniger) und ein Haufen Filme in die Kameratasche geworfen. Vorsichtig lege ich noch mein Zeiss-Spektiv ins Handgepäck. Eher würde ich auf meine Kleidung als auf dieses heiß geliebte Gerät verzichten. Es ist ein unersetzliches Werkzeug bei meinen Wolfsbeobachtungen geworden. Mit seiner 20- bis 60-fachen Vergrößerung kann ich einen Wolf auch noch auf fünf Kilometer Entfernung beobachten. Dagegen bin ich bei der Kameraausrüstung bescheidener. Hier reicht mir meine Canon EOS 300 mit einem 300er Objektiv. Um die Wölfe gut zu fotografieren, müsste ich mir ein Teleobjektiv mit einer Brennweite von mindestens 500 oder 600 kaufen, was ich mir nicht leisten kann. Also überlasse ich die Nahaufnahmen den zahlreichen Wildtierfotografen im Park, die mit ihren geschützähnlichen Objektiven das Weiße im Auge eines Bären einfangen können. Ich beschränke mich darauf, mit meinem Spektiv den Wölfen quasi »auf Distanz« ungestört nahe zu sein.
    Das und das dazu gehörige stabile Stativ erregen am Flughafen das Misstrauen der Sicherheitsbeamten. Aber ich bin es gewohnt und lasse geduldig die Kontrollen über mich ergehen.
    Nach einem langen Flug mit zwei Zwischenstopps in Atlanta und Salt Lake City lande ich endlich kurz vor Mitternacht in Bozeman. Ich hole mein Auto ab und fahre ins Hotel, um mich am nächsten Morgen, nach einer kurzen Jetlag-Nacht und einem kräftigen amerikanischen Frühstück, so schnell wie möglich auf den Weg nach Yellowstone zu machen.
    Diesmal kann ich - im Gegensatz zum Winter - die kürzere Route über West Yellowstone nehmen. Die Straße von West Yellowstone nach Mammoth Hot Springs ist erst vor einer Woche für den Autoverkehr geöffnet worden. Der Schnee türmt sich am Straßenrand hoch auf. Im Winter dürfen hier nur Schneemobile fahren.
    Jetzt haben sich der Lärm und der Gestank der lauten Motorräder auf Kufen verzogen, und es herrscht eine beruhigende Stille.
    Der geschmolzene Schnee bringt überall frisches Wachstum hervor. Deutlich sind die Auswirkungen der Brände von Yellowstone zu sehen. Beim großen Feuer von 1988 verbrannte ein Drittel der Bäume des Parks. Ich war in dieser Zeit mit einer Reisegruppe in Yellowstone. Mein Organisationstalent war gefragt, da viele Straßen und Hotels gesperrt waren. So schrecklich so ein Feuer aussieht, so wichtig ist es für die Ökologie. Nur durch starke Hitze öffnen sich die Zapfen der Drehkiefern und lassen ihren Samen frei, der dann im Frühjahr - genährt von Asche und Schnee - neues Leben hervorbringt. Andere Bäume, wie die Douglastannen, haben eine feuerresistente Rinde, die sie vor kleineren Bränden schützt.
    Jeden Sommer gibt es zahlreiche natürliche Feuer in Yellowstone; etwa 22 von ihnen werden jährlich durch Blitze entzündet. Der National Park Service hat mehrmals seine Politik zur Bekämpfung von Waldbränden geändert: von »alles löschen« zu »brennen lassen«. Zurzeit wird »modifiziert« bekämpft, das heißt, dass Feuer, die bis zum 15. Juli

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