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Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Titel: Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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entstehen, brennen dürfen, während größere Brände, die im heißen, trockenen Sommer entstehen, bekämpft werden.
    Ich fahre durch die verbrannte Landschaft von West Yellowstone und sehe die positiven Auswirkungen des Feuers. Überall treiben zwischen verkohlten Stämmen frische, kleine Tannenbäumchen aus. Wie Phoenix steigen sie aus der Asche, bereit für neues Leben. Dies wiederum lockt die Hirsche und Rehe an, die sich von dem schmackhaften Grün ernähren.
    In den flachen Tälern wächst auch das Sumpfgras neu - ein wahres Schlaraffenland für die Elche. Von denen sehe ich mehr als genug. Schon kurz hinter dem Parkeingang stehen drei der langbeinigen Gesellen direkt neben der Straße, etwa drei Meter von mir entfernt, und fressen sich satt. Nachdem sie im Herbst ihre Schaufeln abgeworfen haben, sehen sie jetzt reichlich komisch aus mit den kurzen Stoppeln, die ihnen aus der Stirn wachsen.
    Ich fahre weiter, vorbei am Old Faithful, der pünktlich wie ein Uhrwerk seine Fontäne in die Luft schießt, nach Mammoth Hot Springs.
    Noch sind relativ wenige Touristen unterwegs, und so kann ich ganz allein einen hungrigen Grizzly in der Nähe vom Roaring Mountain beobachten, der eifrig die Erde umgräbt und Steine wegrollt, um an die saftigen Wurzeln zu kommen.
    Heute scheint ein »Elchtag« zu sein, ein mächtiger Elchbulle überquert vor mir die Straße. Schwarzer Elch von links nach rechts - das kann doch nur Glück bedeuten. Wenig später sehe ich noch eines der pferdegroßen Tiere im Gras stehen. Fünf Elche innerhalb von einer Stunde, so kann es weitergehen.
    In Mammoth Hot Springs halte ich mich diesmal nicht auf, biege auf die Straße nach Tower Junction ab und fahre weiter zum Ziel meiner Sehnsucht, dem Lamar Valley.
    Ich kann es kaum erwarten, die ersten Wolfswelpen zu sehen – und werde auch nicht enttäuscht. Einige Familienmitglieder der Druids haben einen Kurzausflug unternommen und halten im Tal ihre Siesta. Bei ihnen befinden sich fünf Welpen, die ihre äußerst geduldigen Eltern und Geschwister mit zahlreichen Streichen so lange nerven, bis diese sie mit einem wohl platzierten Schnauzengriff in ihre Schranken weisen. Dann verschwindet die Familie mit dem Nachwuchs wieder in dem kleinen Wäldchen, in dem sich die Höhle befindet.
    Bei den Druids hat in diesem Jahr neben der Leitwölfin noch eine weitere Wölfin Junge bekommen. Insgesamt gibt es acht Welpen. Schon im letzten Jahr hatten die Druids 20 (!) Welpen. Mit dem diesjährigen Nachwuchs ist das Rudel nun auf 35 Wölfe angewachsen, eine gigantische Zahl.
    Rick McIntyre teilt mir in den nächsten Tagen eine Aufgabe zu: Ich soll Wölfin Nummer 105 und ihre drei Welpen an der Höhle beobachten und Aufzeichnungen machen. Diese Ehre habe ich vermutlich auch meinem Spektiv zu verdanken, da sich die Höhle von Nummer 105 etwa fünf Kilometer entfernt in einem Berghang befindet, der zwar einsehbar, aber für »normale« Ferngläser zu weit entfernt ist. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die Höhle zu finden – inmitten von Felsen und Salbeibüschen ist sie gut getarnt – entdecke ich die aufgeworfene Erde vor dem Eingang. In den nächsten Tagen beobachte ich nun das Familienleben von Nummer 105 und ihrer Kinder, notiere die Zeiten, in denen die Wölfin unterwegs ist, wann sie zurückkommt oder wann die Welpen aus der Höhle kommen. Gleichzeitig beantworte ich zahlreiche Fragen von Touristen und lasse sie durch mein Spektiv einen Blick auf die Wölfe werfen. Fast immer erlebe ich als Reaktion ein »Wow« und ein verzücktes Lächeln, manchmal auch ein paar Tränen in den Augen der Beobachter.
    Als ich nach zehn Tagen schweren Herzens »meine Familie« verlasse, ist sie mir ans Herz gewachsen, und ich frage mich, wie es ihnen wohl weiter ergehen wird.
     
    Aufzuwachsen als Wolf ist ein harter Job! Als Teil einer sozialen Einheit, dem Rudel oder dem Familienverband, wie wir es jetzt nennen, gilt es viele Dinge zu lernen und viele Gefahren zu meiden. Das Leben von Beutegreifern ist schwierig und oft nur kurz. Ein Wolf muss schnell lernen und schon früh selbstständig werden.
    Ein typisches Jahr im Leben eines Wolfes beginnt im tiefen Winter.
    Der Winter in Yellowstone ist ein aufregender Kontrast von unglaublicher Schönheit und reiner, ursprünglicher Kraft und Macht. Weiße Berggipfel blenden vor indigoblauem Himmel. Aus heißen Quellen steigt dichter Wasserdampf auf und verwandelt die nahegelegenen Bäume in eine Märchenwelt aus

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