Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)
Trost an, dass er nicht das Gesicht seines Mörders sehen musste, sondern dass sein letzter Blick dem Himmel und der Wildnis galt). Er trug ein Radiohalsband mit der Inschrift: »National Park Service« und »Hinton, Alberta«. In jedem Ohr trug er eine rote Plastikmarke mit »FWS« (Fish and Wildlife Service) in weißer Schrift auf der einen und »10« auf der anderen Seite.
Steinmasel bekam es mit der Angst zu tun und wollte den Abschuss melden. McKittrick aber, der wusste, dass ihm Gefängnis drohte, zog es in die nächste Kneipe. Auf dem Weg dorthin fiel ihnen ein, dass das Radiohalsband sicher noch Signale aussendete und die Behörden auf ihre Spur bringen konnte. Sie fuhren zurück, luden den Wolf auf McKittricks Wagen und entfernten das Halsband und die Ohrmarken. In einem kleinen Wäldchen hängten sie den Wolf an einem Baum auf. McKittrick schnitt seinen Kopf ab und enthäutete ihn. Dann fassten sie den kopf- und felllosen Kadaver an den großen, dicht behaarten Pfoten und warfen ihn ins Unterholz.
Während Steinmasel das Radiohalsband einpackte, um es später zu zerstören, fuhr McKittrick mit dem Kopf und dem Fell des Wolfes in einem Plastiksack nach Hause und hing das Fell zum Trocknen in seiner Hütte auf.
Steinmasel, der inzwischen zuhause mit dem Radiohalsband saß, wusste nicht, dass es ein »Tot-Signal« abgab. Normalerweise sendet ein Halsband 40 Pieptöne pro Minute an den Empfänger. Ist es aber mehr als fünfeinhalb Stunden nicht mehr bewegt worden, dann piept es maschinengewehrähnlich über hundert Mal pro Minute. Da sich auch ein Tier, das fest schläft, immer ein wenig bewegt, ist dies ein Hinweis für die Biologen, dass das Halsband entweder abgefallen oder der Träger tot war.
Steinmasel, den inzwischen schon starke Gewissensbisse plagten, zerstörte das Radiohalsband nicht. Er wischte seine Fingerabdrücke ab, zog die Stiefel an und ging aus der Stadt hinaus. Weit draußen warf er das Halsband in einen Fluss. Er fühlte sich schuldig und hoffte insgeheim, dass sein Freund und er erwischt würden.
Inzwischen machten sich die Biologen Gedanken um Natasha. Die Tatsache, dass sie sich in letzter Zeit nur wenig fortbewegt hatte, wies darauf hin, dass sie vermutlich eine Geburtshöhle gegraben hatte, wo sie sich aufhielt. Plötzlich empfingen die Forscher das Tot-Signal von Arnold. Die Hölle brach los. Aus allen Teilen des Parks machten sich Biologen, Ranger, Sheriffs, Beamte der verschiedenen Wildtier-Abteilungen der Regierung und ein Spezialagent der US Fisch- und Wildbehörde auf die Suche nach dem Tier. Nach längerem Suchen fanden sie schließlich das Halsband im Fluss und hatten damit auch die Gewissheit, dass Arnold tot war.
Für das Auffinden von Arnold und seinem Mörder hatten die Regierung und verschiedene Umweltorganisationen blitzschnell eine Belohnung im Gesamtwert von 13.000 US-Dollar ausgesetzt.
Nun stellte sich die Frage: Wo war Natasha und was sollte mit ihr geschehen, falls man sie fand? Die Signale von ihrem Halsband zeigten, dass sie zwar lebte, sich aber immer noch nicht fortbewegt hatte. Wenn sie jetzt ihre Welpen bekam, dann hatte sie niemanden mehr, der für sie sorgte. Allein konnte sie nicht auf die Jagd gehen. Ihre Welpen könnten von anderen Beutegreifern getötet werden oder erfrieren. Wenn aber die Mutter nichts zu fressen bekam, dann würden ihre Milchdrüsen austrocknen und die Welpen verhungern. Die Situation war hoffnungslos für die Wölfin. Die ersten Wolfswelpen, die nach 60 Jahren in Yellowstone geboren werden sollten, waren in größter Gefahr.
Nach längerer Diskussion über das Schicksal der vaterlosen Familie beschlossen die Biologen – entgegen der ursprünglichen Pläne – Natasha und ihre Welpen einzufangen und zurück in die Sicherheit des Rose-Creek-Geheges zu bringen, bis die Kleinen allein überleben konnten. Man wollte den ersten Wurf von Wölfen in Yellowstone nicht gefährden.
Endlich entdeckte ein Biologe die Höhle von Natasha und zählte dort sieben Welpen, vielleicht sogar acht. Der Forscher hatte Angst, dass die Wölfin, wenn sie einen Menschen roch, vielleicht nicht mehr zur Höhle zurückkehren würde. Er entfernte sich darum schnell wieder.
Etwa zur selben Zeit fand ein Rancharbeiter im Wald den Kadaver von Arnold. Wolfsspuren in der Nähe des enthaupteten und gehäuteten Körpers wiesen darauf hin, dass Natasha vermutlich ihren toten Gefährten gefunden und in seiner Nähe ihre Wurfhöhle gegraben hat. In der
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