Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)
töten kann. Smith und McIntyre haben herausgefunden, dass Rudel, die sich von größeren Tieren ernähren, auch größer in der Anzahl zu sein scheinen.
In Yellowstone hatte 1998 das Rose-Creek-Rudel 24 Mitglieder. Sie ernährten sich hauptsächlich von Hirschen. Die Rose Creeks konnten ihre Zahl nicht lange halten, die Gruppe brach auseinander. Ein Grund dafür könnte die hohe Zahl der Druid-Wölfe gewesen sein, die einen Teil des Rose-Creek-Reviers übernahmen – und damit auch einen Großteil ihrer Beute; schließlich hatten sie viele Mäuler zu stopfen.
Im Winter 2001/2002 gab es drei große Wolfsrudel in Yellowstone: das Druid-Peak-Rudel (37), das Nez-Perce-Rudel (etwa 20) und das Delta-Rudel (16). Diese Gruppen bekämpften sich oft um Beute und Grenzen. Die kleineren Rudel blieben stattdessen innerhalb ihrer Territorien.
Um eine derartig große Wolfsfamilie zu ernähren, muss regelmäßig ausreichend Nahrung herbeigeschafft werden. Das heißt, die Wölfe müssen ständig auf der Jagd sein. Dies ist auf Dauer kaum möglich. Hinzu kommt der soziale Aspekt. Es ist für das Leitpaar fast unmöglich, eine Gruppe von 37 Wölfen gemeinsam zur Jagd anzuleiten.
Darum wurden die Druids in voller Rudelgröße nur wenige Male bei der Jagd beobachtet. Danach teilten sie sich auf.
Das Traumpaar: Natasha und Arnold (9F und 10M)
Von allen Wölfen in Yellowstone erregte durch ihr tragisches und auch romantisches Schicksal keine Wölfin mehr Aufmerksamkeit als Nummer Neun. Viele Besucher kamen in den ersten Jahren extra hierher, um sie zu sehen. Nummer Neun – oder auch »Natasha«, wie sie von ihren Fans genannt wurde, und wie ich sie im Folgenden nennen werde – war vom Schicksal dazu bestimmt, die Mutter der Yellowstone-Wölfe zu werden. Durch ihre Nachkommen wird sie immer mit dem Park verbunden sein.
Natashas Geschichte beginnt lange vor ihrer Ankunft im Park. Sie war die Leitwölfin des McLeod-River-Rudels, das in der Nähe von Hinton, Alberta, in Kanada lebte. Als die Biologen im Dezember 1994 begannen, örtliche Trapper für das Einfangen einzelner Wölfe auszuwählen, meldete sich Wade Berry. Er hatte einen Freund, Rick Stelter, der 70 Meilen entfernt bereits fünf Wölfe eines Rudels in Schlingen gefangen hatte (in Kanada ist das Einfangen und Töten von Wölfen mittels Schlingen und Falleisen legal). Drei von ihnen waren bereits tot, aber zwei lebten noch. Sie würden sich perfekt als »Judaswölfe« eignen, um später die Biologen zum restlichen Rudel zu führen. Die überlebenden Wölfe waren zwei Weibchen, eines schwarz, das andere, jüngere, grau. Sie bekamen beide ein Radiohalsband und wurden im Gebiet des McLeod-Flusses wieder freigelassen.
Wenige Tage später kontrollierte Rick Stelter seine Fallen und sah drei Wölfe, die gerade ein Elchkalb rissen. Die Wölfe flohen, aber Stelter konnte noch einen Blick auf ein schmales, dunkles Tier mit einem Radiohalsband werfen. Er nahm an, dass dies die Wölfin war, die er ein paar Nächte zuvor mit vier weiteren Rudelmitgliedern eingefangen hatte. Er hatte Recht, aber er konnte nicht ahnen, wie wichtig diese beiden Wölfe für Yellowstone werden sollten.
Die schwarze Wölfin mit Radiohalsband, die Rick gesehen hatte, war Natasha (offiziell: Nummer 9F). Am 10. Januar 1995 kamen die Biologen zurück, um wie geplant die Wölfe nach Yellowstone zu holen. Natasha und ihre Tochter waren durch die Halsbänder leicht zu orten. Sie wurden vom Hubschrauber aus betäubt und nach einer gründlichen Untersuchung in einer metallenen Transportkiste nach Yellowstone gebracht.
Natasha war dunkel; nicht schwarz, sondern eher von einem warmen, dunklen Braunton mit einigen hellen Grauschimmern auf dem Rücken. Die grauen Haare an ihrer Schnauze zeigten, dass sie auch die äußere Reife einer erwachsenen Wölfin erreicht hatte.
Am 12. Januar 1995 wurden Natasha und ihre Tochter in das Rose-Creek-Gehege nach Yellowstone gebracht. Als am 20. Januar die nächsten Wölfe aus Kanada eintrafen, war auch ein karamellfarbener, 60 Kilo schwerer, sehr großer und wunderschöner Rüde dabei. Offiziell hieß er Nummer 10M«, die Biologen nannten ihn jedoch wegen seines machohaften Auftretens und seiner Furchtlosigkeit passend »Arnold« oder »Big Guy«.
Arnold war dazu ausersehen, gemeinsam mit Natasha und ihrer Tochter Nummer 7F eine Familie zu gründen. Die Kuppelei war riskant, denn niemand wusste, wie sich die beiden Leitwölfe aus verschiedenen Rudeln begegnen würden.
Weitere Kostenlose Bücher