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Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Titel: Die Wohltäter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nordberg , Nuri Kino
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laut und einförmig zu lachen. Die anderen folgten seinem Beispiel. Dann lachte er erneut, in einem etwas anderen Rhythmus. Alle lachten genau so viele Male zurück. Es war, als sängen sie Tonleitern. Perera sah einen nach dem anderen an und erhöhte die Lautstärke seines Lachens bei jeder Person. Das sollte wohl eine Art Lachcrescendo darstellen. Ninos überlegte kurz, ob er aufstehen und fortlaufen sollte, bevor er an der Reihe war, aber er blieb sitzen und fing schließlich vor lauter Erschöpfung ebenfalls an zu lachen.
    Als Ninos mit seiner persönlichen Lachübung dran war, sah Perera ihn starr an und lachte laut und irr. Ninos spielte mit. »Hahaaahahahaaha. «
    Perera wurde lauter, Ninos wurde noch lauter. Perera erhöhte die Tonlage, Ninos erhöhte sie noch mehr. Die anderen verfolgten das Schauspiel hysterisch.
    »Lachen reinigt«, rief Perera. »Jaaa«, riefen die Frauen zurück. »Lachen be-freiiit. «
    » Jaaa «, antwortete ihm der Chor.
     
    Nach zwanzig Minuten gab es eine Pause, und Ninos setzte sich vorsichtig auf ein Sofa, um zu verschnaufen. Es vergingen nur wenige Minuten, bis die Kulturredakteurin sich neben ihm niederließ. Sie hatte sich in einen knallgelben Sari gehüllt und einen roten Punkt zwischen die Augenbrauen gemalt. Ninos begrüßte sie dankbar. Es war besser, in ihrer Nähe zu bleiben, um der furchterregenden Glimstedt zu entgehen.
    Bevor er etwas sagen konnte, hatte Yvette seine Hand genommen und blickte ihn an, wie man ein Kind ansieht, das sich gerade wehgetan hat. Sie zog die Mundwinkel nach unten und legte die Stirn in grabentiefe Sorgenfalten.
    »Es ist so furchtbar, was ihr alles durchgemacht habt. Ihr müsstet ein eigenes Land bekommen.« Sie schwang ihren Arm in die Luft. »Es lebe Kurdistan!«
    »Jaa ...«, antwortete Ninos zögernd. »Aber ich bin doch gar kein Kurde.«
    Yvette sah bestürzt aus. »Nicht? Aber was für eine Sorte von Araber bist du denn dann?«
    »Araber bin ich auch nicht. Ich bin ein christlicher Assyrer aus dem Südosten der Türkei. Dem alten Mesopotamien.«
    Sie nickte eifrig. »Genau. Aber was war noch mal das Bedauernswerte an euch, wie war das noch?« Sie räusperte sich etwas, als sie sich selbst reden hörte. Dann lachte sie entschuldigend. »Oder, na ja ... Du weißt schon, was ich meine?«
    »Ob ich bedauernswert bin, weiß ich nicht«, sagte Ninos munter. »Aber wir haben auch kein eigenes Land.«
    »Der Kampf geht weiter!« Wieder hob Yvette ihre geballte Faust, wie zu einem Schlachtruf.
    Ninos sah sie verwundert an.
    »Ich bin eine alte Palästinenserin, weißt du«, erklärte Yvette.
    Ninos entgegnete nichts. Er hatte keine Lust mehr, Klarheit in die Vorstellungen über alle Völker zu bringen, die kein Land hatten, und zu diskutieren, dass sie nicht unbedingt viel gemein hatten.
    Yvette ließ sich von seinem Schweigen nicht abschrecken. Sie nahm einen Schluck Wein aus ihrem Glas, das mit fettigen Fingerabdrücken bedeckt war. Dann wandte sie sich ihm erneut zu und sah ihm ernst in die Augen.
    »Nur jemand, der selbst unterdrückt wurde, kann andere Unterdrückte wirklich verstehen, oder, Neno?«
    »Du bist unterdrückt worden?«, fragte Ninos verwirrt und vergaß, sie zu korrigieren.
    »Die ganze Zeit.« Sie machte eine Handbewegung und seufzte dramatisch. »Als Frau«, verdeutlichte sie. »Vom Patriarchat.«
    Sie hob eine Augenbraue an. »Aber du verstehst uns, das weiß ich.«
    Ninos verdrängte einen kurzen Impuls, selbst ein wenig mehr in die Rolle des Unterdrückers einzutauchen. Er lächelte höflich und ging in die Küche, wo er die Flügeltüren zum Balkon öffnete und sich zum Rauchen nach draußen stellte. Nachdem er das Papier angeleckt hatte, zündete er die Zigarette an und sog so viel Rauch ein, wie er konnte. Schon stand Yvette wieder neben ihm. Ihre Wangen glühten rot vor Eifer.
    »Wir dachten, du könntest vielleicht etwas für uns schreiben, wenn du mit der Sache fertig bist, an der du jetzt arbeitest.«
    Ninos freute sich. »Ja natürlich. Worüber denn?«
    »Alles Mögliche. Über deine Kindheit.« Sie verdrehte dramatisch die Augen. »Deinen Kampf gegen Macht und Ungerechtigkeit. Die kulturellen Unterschiede. Warum wir Schweden so steif sind.«
    »Aha«, begann Ninos zögernd. »Ich würde lieber mehr etwas in die Richtung schreiben, wie Emil und ich es gerade tun. Über die, die lügen und stehlen.«
    Yvette schüttelte den Kopf. »Nein, nein, nicht diese Art von Texten. Sie schloss die Augen und legte den Kopf in

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