Die Wohltäter: Roman (German Edition)
den Nacken. Dann öffnete sie sie wieder. »Ich möchte mehr darüber wissen, was du denkst ... Fühlst. Erlebst. Siehst.«
Sie nahm seine Hand. »Verstehst du? Es sollte sinnlich sein. Von Dingen handeln, die uns mit Lust erfüllen.« Sie schloss die Augen halb, sah in seine Richtung und streichelte seine Hand mit beiden Handflächen. »Von deiner Lust.«
Ninos wich zurück und versuchte, sich etwas einfallen zu lassen, das die Pheromone abwehren würde, die auf ihn einströmten. Doch Marie-Louise, die gerade hereingekommen war, kam ihm zuvor. Sie trat einen Schritt auf Ninos und Yvette zu. Dann trennte sie die beiden brüsk.
»Er gehört mir«, zischte sie Yvette zu. »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich ihn eingeladen habe, damit du dich hier mit ihm produzieren kannst.«
Yvette sah sie böse an. Dann warf sie ihren Kopf in den Nacken und trampelte aus der Küche.
Ninos blieb erstarrt zurück. Er gehört mir. Was auch immer das bedeuten sollte. Er wurde von Furcht gepackt.
»Ich muss gehen«, sagte er schnell und sah auf den Boden. »Vielen Dank für die Einladung, es war sehr nett.« Dann schielte er wieder zu seiner Chefin hoch.
Marie-Louises Gesichtsausdruck zeugte von Wut oder zumindest deutlicher Missbilligung. »Wie kannst du es wagen? Hier zu stehen und Yvette zu befummeln. Diesen alten Drachen, der über alles herfällt, was Beine hat.« Ihr harter Malmöer Dialekt klang noch durchdringender, wenn sie wütend war.
»Nein, nein«, entgegnete Ninos resigniert. »Ich wusste nicht, oder, ich wollte auf keinen Fall ... « Er verstummte, als er bemerkte, wie dumm er klang.
Marie-Louise beugte sich zu ihm und sprach in gedämpftem Ton: »Du bist heute hier, damit wir beide uns kennenlernen, verstehst du. Du kannst viel erreichen, glaube ich. Und das Ganze kann nur noch besser werden, wenn ich hinter dir stehe.«
Ninos sah sie misstrauisch an. Jetzt wurde ihm klar, was »er gehört mir« bedeuten sollte. Wie konnte es so weit kommen, schoss es ihm durch den Kopf. Er versuchte, eine dänische Sekte zu entlarven, und war stattdessen im besseren Teil von Södermalm in die Fänge einer Bande alternder schwedischer Damen geraten, die sich selbst als Mädels bezeichneten. Nun war er gezwungen, sich zunächst aus dieser Sekte zu befreien. Und zwar bald.
»Das glaube ich kaum. Ich muss gehen«, wiederholte er und ging geradewegs an ihr vorbei und beschleunigte seinen Schritt. Fieberhaft überlegte er, was er getan haben könnte, um den Eindruck zu erwecken, dass sich eine Romanze zwischen ihnen anbahnte. Aber ihm fiel nichts ein.
Marie-Louise folgte ihm schnellen Schrittes, und als sie ihn einholte, griff sie seinen Arm und wirbelte ihn herum, bis sie sich gegenüberstanden.
»Das musst du überhaupt nicht. Ich weiß, wer ich bin«, sagte sie und sah ihn scharf an, »und mit mir spielt man nicht. Aber wer, glaubst du eigentlich, bist du?«
»Jemand, den du behandeln darfst, wie es dir gerade einfällt?«, schlug Ninos trotzig vor. Innerhalb einer Zehntelsekunde war er wutentbrannt. Ein weiteres Wort von Marie-Louise würde er nicht akzeptieren. Er wünschte sich inständig, sie würde seinen Arm loslassen, und verspürte eine allzu große Lust, den ihren gewaltsam wegzuschlagen.
Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, der Griff um seinen Arm ließ nach. Sie lachte, und ihre Stimme klang nun ein wenig gurrend. »Jetzt verstehst du es doch. Ja, ja.« Sie kicherte entzückt. »Du willst nur erst ein bisschen spielen. Das können wir natürlich, mein schöner Freund; natürlich können wir erst ein bisschen spielen. Du und ich.«
Sie bohrte ihren Zeigefinger gegen sein Kinn und legte den Kopf schräg. »Du läufst fort. Und ich laufe dir nach. Dann darf ich machen, was ich will. Genau das, was ich will. So machen wir es. Das wird gut.«
Ninos konnte nicht glauben, was da an seine Ohren drang. Glaubte sie wirklich immer noch, sie seien dabei, ein erotisches Spielchen zu spielen?
Er nahm langsam ihren Zeigefinger weg und trat einen Schritt zurück, nachdem ihr Becken eine Umdrehung in seine Richtung vollführt hatte, während sie sprach. Er hielt ihren Finger hart umschlossen, während er sprach.
»Ich werde jetzt gehen. Dein krankes, kleines Fest verlassen und hoffen, nie wieder eingeladen zu werden.« Ihr Gesicht war immer noch so nah an seinem, dass er den Geruch von säuerlichem Wein und süßlicher, aufdringlicher Körpercreme wahrnahm.
»Au«, zischte Marie-Louise und zog ihren Zeigefinger zurück.
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