Die Wohltäter: Roman (German Edition)
Zeit so viel Torte in sich hineingestopft hatte, dass er einen leichten Zuckerrausch verspürte.
»Genau das habe ich in den letzten Tagen getan«, schmunzelte Emil. »Ich habe mehrere Hintergrundprofile für dich, die wir uns ansehen werden.«
Ninos folgte Emil zurück in sein Büro.
»Du hast mir eine Liste von sieben Vorstandsmitgliedern gegeben. Fünf ordentliche und zwei Stellvertreter.« Er legte die Liste auf den Tisch und deutete mit dem Zeigefinger darauf. »Ein Name klingt dänisch, einer könnte norwegisch sein – und zwar Ole Iversen. Über ihn finde ich nicht viel. Überhaupt nichts finde ich zu diesem Kerl – Stan Jaeger –, er klingt etwas englisch, oder amerikanisch. Und Erik Svensson ist hoffnungslos, darüber sprachen wir ja bereits.« Emils Zeigefinger fuhr die Liste hinab. »Hier wird es dagegen schön. Diese zwei kreise ich gerade näher ein; es gibt zwischen fünf und zehn mögliche Kandidaten in Schweden. Laut Einwohnermelderegister gibt es nur einen Simon Berger, der allerdings bereits vor zwei Jahren verstarb.«
»Was hat das zu bedeuten?«
»Entweder war er im Vorstand und ist es jetzt nicht mehr, aus dem einfachen Grund, dass er tot ist, oder es ist etwas merkwürdig, dass er hier steht. Es ist jedenfalls nicht in Ordnung, verstorbene Personen in den Vorstand zu berufen.«
Ninos schauderte. Er hatte sich so sehr auf die kopierten Dokumente aus der Sortierungsanlage konzentriert, dass er völlig vergessen hatte, Emil von dem Engländer zu erzählen. Außerdem wollte er nicht so viel darüber nachdenken. Er gab Emil eine kurze Zusammenfassung. Der runzelte die Stirn, als er die Geschichte hörte.
»Ich habe von der Sache gelesen. Wir hatten einen kleinen Artikel darüber veröffentlicht. Aber was ist eigentlich damals passiert? Hast du Unterlagen über die Voruntersuchung beantragt?«
»Ja«, antwortete Ninos etwas schüchtern. »Sie haben gesagt, sie sei noch nicht abgeschlossen. Aber die Polizisten, mit denen ich in der Gaststätte geredet habe, sagten, dass wahrscheinlich nichts dabei herauskommt.«
Ninos dachte an Zoran, der normalerweise einfach bei einem seiner Polizeichefs anrief, wenn er etwas brauchte, aber Ninos hatte keine große Lust gehabt, mit Zoran Kontakt aufzunehmen. Obwohl Ninos einsah, dass der Engländer wahrscheinlich wichtig war, fiel es ihm schwer, noch mehr in dessen Schicksal zu wühlen. Das wollte er wirklich nicht. Seit er wusste, dass er einer der Letzten war, die mit ihm gesprochen hatten, fühlte er eine unbehagliche geistige Nähe zu dem Mann.
Emil überredete ihn nicht, sondern kehrte zu seiner Liste zurück. »Hier haben wir auf jeden Fall Björn Lemmelstrand. Er ist ein Volltreffer. Über ihn wissen wir das meiste. Schweden – ein Paradies für investigative Journalisten, weißt du. Jetzt, wo wir seine Personenkennziffer haben, wissen wir fast mehr über ihn als er selbst.«
Ninos bekam eine dünne Mappe in die Hand gedrückt, die er aufschlug und zu lesen begann. Die erste Seite war die Kopie eines Passbildes, danach folgte eine Reihe von Informationen. Lemmelstrand, geborener Larsson, wurde 1962 in Luleå geboren. Er hatte zwei Geschwister, und seine Mutter lebte noch. Die Volksschule hatte er mit guten Noten abgeschlossen und dann in Vaxholm seinen Wehrdienst geleistet. Danach verlor sich die Spur in den öffentlichen Registern für eine Zeit, um später beim Finanzamt wieder aufzutauchen, wo sein Einkommen mehrere Jahre lang exakt dem offiziell berechneten Existenzminimum entsprach, weshalb davon auszugehen war, dass er Sozialhilfe bezog. Er hatte keine Kinder, eine Partnerin war nicht bekannt, aber unter derselben Adresse in der Reihenhaussiedlung in Vällingby war noch ein anderer Mann gemeldet. Lemmelstrand hatte im Vorstand einer Firma gesessen, die Geschäftsräume vermietete und in Konkurs gegangen war. Außerdem lagen drei Zeitungsartikel in der Mappe. Einer davon war eine Reportage über die Angebote für Kinder in einer Kirche, in der Lemmelstrand Chorleiter gewesen war, in dem zweiten Artikel wurde er zu seiner Meinung zu einem Kinofilm befragt, den er gerade gesehen hatte, und im letzten war er auf einem Bild von der Jahreskonferenz der Allianzkirche in Jönköping in den achtziger Jahren zu sehen. Dann hatte sich die Spur in den öffentlichen Registern verloren. »Ausgewandert oder ins Register ›unbekannt verzogen‹ überführt«, war hinter Lemmelstrands letzter Adresse vermerkt.
»Okay, mein Kopf raucht jetzt«, schloss
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