Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
Vom Netzwerk:
Hampshire. Das war im letzten Zombiekrieg gewesen, damals im neunzehnten Jahrhundert.
    Es klopfte leise an der Tür. »Billi? Bist du das?«
    »Wassilissa?«
    Das Mädchen kam herein. Sie hatte sich in einen von Billis alten Bademänteln eingemummelt, der über den Boden schleifte.
    »Ich konnte nicht schlafen«, sagte sie. Billi hatte sie vorhin weinen gehört. Sie hatte erwogen, hineinzugehen und etwas zu sagen, aber was? Nichts würde Wassilissas Eltern zurückbringen, und nichts, was Billi sagen konnte, würde den Schmerz lindern.
    »Was willst du?« Es klang ruppiger, als Billi beabsichtigt hatte.
    Wassilissa stand mitten auf dem ausgeblichenen roten Teppich. »Ich will nach Hause.« Sie sagte es mit leisem, hoffnungslosem Stimmchen. »Es gefällt mir hier nicht.«
    Wem gefällt es hier schon? »Das Bauernhaus ist nicht sicher.«
    »Nein. Nach Hause. Nach Karelien.«
    »Da ist es auch nicht sicher. Mach dir keine Sorgen. Mein Dad wird schon etwas in die Wege leiten.« Billi schüttelte den Kopf; sie würde Wassilissa nicht loswerden, also zog sie ihr einen Stuhl heran. »Na gut. Setz dich hier hin, aber fass nichts an.«
    Billi schnitt das dicke Klebeband durch, das den Pappkarton geschlossen hielt, und ließ die Finger auf dem Deckel ruhen. Das hier war alles, was von Kay übrig war. Sie öffnete den Karton.
    CD s, ein Stapel Bücher, ein Heft der Musikzeitschrift NME und ein paar Taschenbücher. Nichts Besonderes, abgesehen davon, dass alles Kay gehört hatte. Billi begann, den Inhalt des Kartons auszupacken und in ordentlichen Stapeln auf dem Schreibtisch aufzuschichten. Wassilissa richtete sich auf und sah zu.
    Billi blätterte ein Album mit Zeitungsausschnitten durch. Sie betrafen alle scheinbar belanglose Vorfälle: eine Grabschändung oder den Angriff eines wilden Hundes in einem Park. Sie klangen nicht nach viel, aber die Templer hatten ein Auge auf seltsame Ereignisse. Man wusste nie, ob eines vielleicht auf einen Ghul oder einen Werwolf hinwies. Kay hatte in seiner kleinen, ordentlichen Schrift am Rand Notizen dazu gemacht und die Geschehnisse markiert, die es ihm wert gewesen waren, weitere Nachforschungen anzustellen. Er hatte sogar die Werwolfsangriffe bemerkt, die Daten und Orte unterstrichen. Dann kamen die Ausschnitte über die seltsame Krankheit, die sich in Großbritannien ausgebreitet hatte. Der letzte Artikel war ein paar Tage vor Kays Tod erschienen. Billi lächelte. Er war solch ein Streber gewesen! Während Billi Kays Anmerkungen durchblätterte, sah sie, wie Wassilissa in den Karton griff.
    »Nein!« Billi schlug dem Mädchen auf die Hand, und etwas Silbernes flog durch den Raum und prallte gegen die Wand. Billi starrte Wassilissa an. »Ich habe doch gesagt, dass du nichts anfassen sollst.«
    »Ich habe doch nur geholfen.« Sie senkte den Kopf, und das ungekämmte blonde Haar fiel ihr ins Gesicht. »Tut mir leid.«
    Billi stand auf und hob den Gegenstand hoch.
    Es war Kays altes Handy. Billi drehte es in der Hand. Der Bildschirm hatte jetzt einen Sprung. Billi biss sich auf die Lippen. Wenn Wassilissa es kaputt gemacht hatte, würde sie wütend sein. Sie zog ein Ladegerät aus einer der Schubladen und steckte es in die Steckdose.
    Der Bildschirm wurde hell, und das blutrote Templerkreuz erschien.
    Es funktioniert, Gott sei Dank . Das Logo verblasste, und Billi starrte den Bildschirmschoner an.
    Sie erinnerte sich nicht einmal mehr, dass er dieses Foto gemacht hatte. Sie waren draußen, irgendwo in den Gärten, und saßen auf einer Bank. Der Wind hatte einige Strähnen seines platinblonden Haars erfasst, die sein Gesicht halb verdeckten. Er lächelte in der für ihn typischen Art, als ob er um ein großes Geheimnis wüsste. Wassilissa spähte Billi über die Schulter und betrachtete das Foto aufmerksam.
    Billi sah Wassilissa an. Sie hatte ein breites, blasses Gesicht und Grübchen in den Wangen, die zu einem kleinen, spitzen Kinn zusammenliefen. Ihr blondes Haar war dicht und zerzaust. Sie hatte die Nase eines kleinen Kindes, einen runden Knopf, der vom Schniefen gerötet war.
    Wende dich jetzt den Lebenden zu .
    »Du hast ein Gesicht wie eine Pixie«, sagte Billi und kämpfte den plötzlichen Drang nieder, Wassilissa sachte die blonden Locken hinters Ohr zu streichen. Wo kam das denn her?
    »Gibt es Pixies?«
    »Seit 1807 nicht mehr.«
    »Ich mag dich mit langen Haaren«, sagte Wassilissa. Sie deutete auf das Foto an der Wand. »Wie deine Mama.«
    Es war ein Bild von ihnen dreien –

Weitere Kostenlose Bücher