Die Wolkenkinder
„Wer mir in die Quere kommt, hat nichts zu lachen! Jetzt sehen wir zu, dass wir wieder ins Lager kommen, den Wolf zu verfolgen hat keinen Sinn: Wer weiß, wie weit sich das Tier noch schleppt!“
Alle waren seiner Meinung, sodass man nach wenigen Minuten wieder im Lager eintraf, wo sie von jeder Menge neugieriger Bauerngesichter beglotzt wurden.
„ Alles erledigt, Männer!“ verkündete Dietbert gelassen. „Ich hab den Rudelführer der Wolfsbande erledigt!“
Unter großem Gejubel wurde kräftig einer gehoben, was am nächsten Morgen erneut zu den bekannten Ausfallerscheinungen und den unausweichlichen Wutanfällen des Obersts führen sollte!
Jetzt war man bereits drei geschlagene Tage unterwegs und hätte der Oberst gewollt, er hätte bei einem strammen Ritt im Schloss zu Mittag essen können, so wenig Wegstrecke war mit diesem Volk, das zu nichts Nutze war zurückgelegt.
„ So Leute!“ gab der Oberst streng von sich. „Jetzt aber mal ein bisschen zackig! Heute wird Knüppelholz gesammelt! Ich will eure Karren überquellen sehen! Ist das klar?“
Kaum einer kümmerte sich um den Oberst, der herrisch durch die Reihen ritt und fast jeden der Männer einzeln zusammenstauchte, und siehe da, gegen Spätnachmittag hatten fast alle ihre Karren mit dürrem Holz überbordend voll geladen.
„ Na also!“ war der Oberst einigermaßen zufrieden, meckerte aber dennoch lat aber wahllos vor sich hin, sodass ein jeder ihn hören konnte: „Wenn dieser Einsatz zu Ende ist, habe ich aus diesen verlausten Bauernlümmeln ganz brauchbare Männer gemacht!“
Auch an diesem Tag kam man nicht besonders weit voran, was einerseits an der Holzsammelaktion und andererseits daran lag, dass schon wieder einige Speichenräder von ihren Naben gesprungen waren.
Dietbert war sich spätestens jetzt sicher: Im Lager musste es einen Saboteur geben, der für die Gegenseite arbeitete. Dietbert beschloss, mit dem Oberst über die Sache zu reden.
„ Das ist kein Zufall mehr!“ endete er nach der Zusammenfassung der vielen Radschäden.
„ Da wirst du wohl Recht haben!“ stimmte Oberst Gottfried verärgert zu. „Wenn ich die Sau erwische ...!“
„ Wir müssen ihn erwischen!“ beschwörte Dietbert den Oberst. „Wenn es hart auf hart kommt, kann so ein Kerl den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen!“
„ Da hast du schon wieder Recht! Wir müssen die Nachtwachen verstärken! Aber unser Verdacht muss geheim bleiben, sonst stellt der Verräter vorübergehend seine Aktivitäten ein, um erst im entscheidenden Moment zuzuschlagen!“
„ Genau! Außerdem können wir nur auf Männer zurückgreifen, die absolut zuverlässig sind!“
„ Absolut zuverlässig? Wer ist das schon, wenn er von der gegnerischen Seite einen Batzen Geld geboten bekommt?“
„ Auf meine Freunde ist Verlaß!“
„ Ich würde auch für zwei meiner Männer die Hand ins Feuer legen! Für mehr aber wirklich nicht!“
„ Na gut! Wenn wir uns selbst noch dazurechnen, dann wären wir ja schon zu sechst! Mit einem halben Duzend Männer lässt sich doch schon ganz schön was anfangen!“
„ Viel ist das zwar nicht, aber immerhin besser als in die Hose geschissen!“ kommentierte Gottfried in seiner deftigen Art die Lage. „Wir müssen einen Plan aufstellen, in dem wir festlegen, wann, wer aufpassen soll!“
In der nächsten Nacht begannen die Männer um Gottfried ihre geheime Überwachungsaktion. Zunächst passierte lange Zeit nichts. Erst als sie schon zwei Mal gewechselt hatten und Randolf an der Reihe war, hörte dieser ein verdächtiges Rascheln im Gebüsch - Randolf erstarrte! Was sollte er jetzt tun? Niemand hatte ihm irgendeinen Verhaltenshinweis im Falle des Falles gegeben. Er beobachtete die Ecke des Lagers genauer, aus dem die verdächtigen Geräusche kamen. Sollte er großartig Alarm schlagen, sollte er einen seiner Freunde zu Hilfe holen? Nein! In der Zwischenzeit wäre der Kerl abgetaucht. Er musste die Sache selbst in die Hand nehmen.
Langsam und auf allen Vieren näherte sich Randolf den Gebüschen. Er hatte seinen Dolch gezogen und war bereit sofort zuzustechen, denn eins war klar: Der Kerl hatte nichts zu verlieren, wenn er geschnappt werden würde!
Randolf war mittlerweile so dicht an seinem Gegner, dass er ihn laut atmen, ja sogar etwas stöhnen hörte. Komisch, dachte sich Randolf, Geräusche macht der Kerl... Noch
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