Die Wolkenkinder
alles so lange dauerte, einige Krüge Schnaps, Wein und Bier ausgepackt und jeder hatte kräftig zugelangt. Die ersten stimmten Lieder an, andere hatten Mühe ihre scheuenden Tiere zu bändigen und zu guter letzt brach auch noch das Speichenrad einer Ochsenkarre, dass dann aufwändig und lautstark repariert werden musste.
Der Oberst war mit den Nerven am Ende. Er machte kurzerhand Dietbert zum Befehlshaber der Bauernabteilung, während er sich um die reguläre Mannschaft kümmern wolle, bevor er noch vor lauter Wut einem dieser unzivilisierten Bauern den Garaus machen würde!
Nach einer kleinen Ewigkeit erst konnte Dietbert endlich mit der frohen Botschaft zum Oberst nach vorne reiten: „Hinten ist jetzt alles in Ordnung! Der Graf kann geholt werden! Der Zug kann beginnen!“
„ Wird auch Zeit!“ gab der Oberst mürrisch von sich. „Es dämmert ja bereits! Verdammter Sauhaufen!“
Im Schloss hatte Boos von Waldeck sich inzwischen für den anstehenden Feldzug präpariert: Die Kutsche, die er ausgewählt hatte war mit allerlei Annehmlichkeiten, wie gutem Essen und reichlich Rotwein, ausstaffiert worden. Auf einem weiteren Wagen war sein Zelt, jede Menge Waffen und warme Kleidung, sowie Decken und Haushaltswaren aufgeladen worden, sodass er von seinem reichlich mitgenommenen Personal gebührend versorgt werden konnte.
Wenn man den Zug jetzt so sah, konnte man sagen, dass so gut wie jeder in Stadt und Land, der irgendwie zu gebrauchen war, an dem legendären Großereignis teil nahm - wer fehlte war einzig und alleine Amelie. Sie hatte zwar alle Register gezogen: gebettelt, gedroht, geflucht und zum Schluss sogar geweint, aber diesmal war nichts zu machen und da der Graf selbst am Unternehmen teilnahm, war sie auch nicht in der Lage, sich vom Schloss zu stehlen und sich unterwegs in den Tross zu schmuggeln - der Graf hatte ihr mit drakonischen Strafen gedroht, falls sie wieder eines ihrer Dinger drehen würde.
Seine gräfliche Durchlaucht war mittlerweile bei der Truppe angekommen und setzte sich mit seiner Kutsche vor seine obskure Armee aus aufgeregt schwätzendem und heftig gestikulierendem Landvolk, gepaart mit pickfein herausgeputzten Gardisten. Er gab dem Oberst einen großartigen Wink zum Starten und die wuselnde Kolonne setzte sich, nachdem der Oberst lautstark zum Aufbruch befohlen hatte, scheppernd und stampfend in Gang.
Selbstverständlich kam es auch bei diesem Manöver zu Rangeleien. Einige Tiere verweigerten den Dienst, andere gingen durch. Der Oberst und seine Leute waren überall zur Stelle: trieben Tiere an, schlichteten Streit, verjagten kläffende Hunde und dergleichen mehr.
Weit kam das kunterbunte Völkchen auf ihrem Weg zur Burg an diesem Tage allerdings nicht mehr – gut für einige Nachzügler, die erst nach Schlichtung von häuslichem Zwist oder ähnlich gelagerten Problemen glorreich in den Kampf ziehen konnten.
Man war also noch in recht guter Sichtweite zur Stadt, als die ersten meinten, man solle ein Nachtlager errichten. Zunächst überhörte der Oberst geflissentlich diese Ansinnen, musste dann aber selbst feststellen, dass es bereits am dämmern war und man gut daran tun würde, die Lager noch schnell vor Einbruch der Dunkelheit zu errichten – wer wusste schon, was diese Bauern für ein Durcheinander anrichten würden, wenn sie bei Nacht ihr Lager aufschlagen müssten!.
Einige der Männer dachten darüber nach, den Tross zu verlassen und zu Hause zu nächtigen, denn so weit hatten es die Zugteilnehmer zum Teil überhaupt nicht. Soweit es allerdings der Oberst übersehen konnte, blieb sein Heer zusammen – was wohl auch daran lag, dass die Aussicht auf ein paar Flaschen Schnaps, am Lagerfeuer zusammen mit alten Freunden gekippt, angenehm genug war, um zu bleiben.
In aller Herrgottsfrüh, am nächsten Morgen, ließ der Oberst zum Wecken blasen – heute sollte nicht so lange herumgetrödelt werden und mindestens ein Drittel, wenn nicht sogar die Hälfte des Weges geschafft werden. Doch es ging, zum aller größten Ärger des Oberst, genauso weiter, wie am Tag zuvor: Die Männer waren vom nächtlichen Gelage noch ziemlich benommen und auch den Tieren fehlte noch die richtige Antriebskraft; da konnte der Oberst noch so sehr fluchen und von einer Ecke erbost in die andere hetzen – seine Bauernarmee kam nur äußerst langsam in Tritt.
Auffällig war, dass beim ersten Anziehen der Tiere gleich an mehreren Wagen
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