Die Wolkenkinder
die, die noch nicht fertig sind, eben nachkommen!“ lies der Graf diesen Einwand nicht gelten.
„ Aber Eure Durchlaucht...“ wollte Oberst Gottfried noch Bedenken äußern.
„ Nichts aber!“ würgte ihn Boos von Waldeck ab. „Wenn wir nicht losmarschieren, scheitert unser Feldzug!“
Und obwohl Gottfried sich sicher war, dass ein überhasteter Aufbruch unter Zurücklassung einzelner Gruppen von Nachteil sei und neue Probleme bringen würde, musste er tun, wie ihm befohlen war. Er ließ seine Gardisten sammeln und in Reih und Glied antreten, gab Befehl zum sofortigen Aufbruch und bestimmte einige Männer, die im gesamten Lager die Entscheidung des Grafens verkünden sollten.
Für die bedauernswerten Überbringer der schlechten Nachricht war es das reinste Spießrutenlaufen: Überall, wo sie auftauchten und zum Abmarsch blasen wollten, trafen sie auf verkaterte und sich noch müde auf ihrer Schlafstätte wälzende, mürrische Zecher, die teilweise erst vor wenigen Stunden noch, mit selbstgebranntem Schnaps, ums Lagerfeuer gesessen hatten. Die Gardisten hatten es nicht leicht, auch nur wenige der meuternden Männer auf Trapp zu bringen: Das Einzige, was sie für ihre Mühe ernteten, waren dumme Sprüche, Fäkalausdrücke und Verfluchungen und in zwei, drei Fällen flogen ihnen gar Gegenstände entgegen und in einem besonders verwerflichen Fall wurde ein Gardist sogar in eine handgreifliche Auseinandersetzung verwickelt. Die Männer des Obersts hatten es nicht anders erwartet, nahmen das rüpelhafte Benehmen des Landvolkes zum Großteil gelassen hin und kehrten schließlich zum Oberst zurück, um Bericht zu erstatten.
„ Saubande!“ fluchte dieser. „Da sieht man’s mal wieder: Keine Zucht und Ordnung unter den Zivilisten! Die können mich jetzt alle mal am Arsch lecken! Aufsitzen Männer! Wir lassen die verfluchte Bande zurück! Sollen die stinkenden Kerle doch sehen, wie sie alleine zu Recht kommen!“
Doch bevor der Graf mit seinen Getreuen und der regulären Truppe aufbrechen wollte, packte Gottfried doch noch einmal die Wut und er galoppierte ein letztes Mal mit ein paar ausgewählten Männern im Schlepptau durchs Lager, stieß wilde Drohungen aus und brachte auf diese Weise tatsächlich noch einige Langschläfer auf die Beine. Letztendlich setzte sich der Tross mit höchstens der Hälfte aller Bauern in Bewegung, mit der man aus der Stadt gezogen war.
Dietbert, der sich an der letzten Weckrufaktion beteiligt hatte und bis zum Schluss noch einige Männer aufgescheucht hatte, ritt zum Oberst an die Spitze des Zuges und brachte seinen Missmut zum Ausdruck: „Verdammte Bande, die! Ich wette, das die Wenigsten sich die Mühe machen und uns später folgen; die meisten werden schnurstracks heimreiten!“
„ Befürcht’ ich auch!“ grummelte der Oberst vor sich hin.
„ Können wir dann überhaupt noch ein so riesiges Feuer entfachen, wie wir es vorgesehen hatten?“ zweifelte Dietbert.
„ Ausgeschlossen! Nichts gegen deinen Vorschlag, aber ich hatte schon bei den Beratungen im Schloss so meine Bedenken. Eure Ortschaft, die ihr so damals genommen hattet, hatte mit Sicherheit keine so hohen Mauern, wie das Objekt, um das es jetzt geht. Darüber hinaus braucht man für den von dir beschriebenen Effekt eine große natürliche Hitze, all das und noch einiges mehr verhindern, dass dein Plan auch nur ansatzweise klappt!“
Dietbert war verblüfft: „Und all das wusstest ihr und habt keine Einwände erhoben?“
„ Erinnre dich! Wir redeten uns über Stunden hinweg die Köpfe heiß. Für mich war wichtig, dass wir möglichst viele Leute überzeugen konnten und dafür brauchten wir einen Plan. Die Leute sollten einer Idee folgen, sie mussten begeistert werden – und dafür war dein Vorschlag gut genug! Hat ja schließlich auch geklappt!“
„ Nun ja! Zunächst hat es geklappt...“
„ Das, was passiert ist, war vorherzusehen! Das kenne ich seit Jahren von vielen, vielen anderen Einsätzen. Da hilft meist nur blanke Gewalt: Wenn der Erste lebendig gehäutet wurde, überlegen sich die Anderen, ob sie es riskieren Befehle zu verweigern oder nicht! Aber mit unserem Grafen ist so eine Vorgehensweise nicht zu machen! Was sein alter Herr so ungerecht hart war, ist der junge Graf zu weich! Normalerweise würden in einer anderen Grafschaft alle Deserteure hängen!“
„ Hm?“ überlegte Dietbert. „Kann schon sein, dass man auf
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