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Die Wolkenkinder

Die Wolkenkinder

Titel: Die Wolkenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Hanks
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die Kutsche des Grafen, mächtig rumpelnd und links und rechts Boden und Steine aufwirbelnd, durch den Sandsteinbogen des Haupteingangs polterte, war, zum echten Verdruss des Grafen, alles soweit in Ordnung gebracht. Das Hofpersonal versammelte sich gerade, um ihm demütig zu huldigen. Und als die Kutsche ratternd und klappernd, mit vier glänzend schwarzen Rössern angespannt, den Hof durchquerte, konnte der Ausschau haltende Graf im ersten Moment nichts entdecken, was er seinem Untertanen hätte vorwerfen können. Verdammt, dachte Boos, ich bin zu früh entdeckt worden, hätte doch heute in aller Früh auftauchen sollen, wie es mein Hofmarschall empfohlen hatte. Na ja, dafür hatte ich heute morgen die schöne Cecilia mit ihren dicken Brüsten im Bett und habe außerdem ein vorzügliches Frühmahl zu mir genommen – das war’s wohl wert! Aber noch ist nicht aller Tage Abend, dachte der Graf weiter, wart’s nur ab Bacher, du alter Gauner, irgendwie kriege ich dich schon noch am Schlawittchen!
       Der elegant, nach neuester französischer Mode ausstaffierte, Kutscher hatte gerade die schwer durch die Nüstern prustenden Araber zum Stehen gebracht, als auch schon zwei nicht minder elegante Diener mit gepuderter Perücke vom Trittbrett des Hecks sprangen, um ihrem Herren die Tür zu öffnen und tief gebeugt, Spalier zu stehen.
       Boos von Waldeck ließ sich etwas Zeit – das Volk sollte in gesteigerter Spannung auf die Erscheinung des wichtigsten Herren der Grafschaft warten, außerdem musste er noch einen Moment lang seinen Ärger verdauen und ein gelassenes Gesicht aufsetzen. Doch dann war es endlich so weit: Boss von Waldeck gab seinem massigen Körper einen Ruck und hievte sich selber aus den tiefen Polstern seiner neuen Prunkkutsche. Aus der, vom livrierten Diener gehaltenen, Tür herausgeduckt, verharrte er auf der obersten Stufe und ließ seinen strengen Blick über das meist schäbig gekleidete Personal des Hofes gleiten.
       Wirklich ein schlauer Fuchs, dieser verschlagene Bacher dachte Boos, alles stellt sich viel ärmlicher da, als es mir von meinen Spitzeln seit Tagen berichtet wurde – will mich wohl um meinen Zehnt bringen, das Schlitzohr! Das wird ihm nicht gelingen, weiß ich doch ganz genau, wo seine Weinfässer liegen und seine Mehlkisten stehen und den Rest bekomme ich auch noch raus!
       „Mein lieber Eugen!“ begrüßte von Waldeck den gerade im Türrahmen erscheinenden Bauern und dieser bücklingte sich einige Schritte auf seinen Herren zu.
       „Mein lieber Eugen!“ wiederholte von Waldeck. „Immer schön fleißig, dass auch die Ernte reichhaltig wird! Ich höre eure Schweine sind besonders fett in diesem Jahr!“
       Von Waldeck ließ sich herab und bot seinem Untertanen die Hand, auf das dieser sie andeutungsweise küsste. Bacher wagte nicht zu widersprechen, erlaubte sich lediglich eine äußerst gequälte Leidensmiene.
       „Na ja, mein Lieber!“ fuhr der Graf, die Nase über die herb riechende Landluft rümpfend, fort. „Wir werden sehen! Wir werden sehen!“
       Für einen Bauern hatte es Bacher zu einigem Wohlstand gebracht, da musste von Waldeck von Zeit zu Zeit in weit schäbigeren Räumen Platz nehmen, um seine Abgaben einzutreiben. Das tat er bisweilen gerne persönlich, um den Überblick zu bewahren und die Kontrolleure zu kontrollieren. Auf dem großen Tisch der guten Stube lag ein frisches, reichlich besticktes Leinen, der schwere, gusseiserne Leuchter darüber strahlte mit zwölf echten Wachskerzen, die Wände waren frisch gekalkt und unter dem kunstvoll gemauerten Rauchfang schnalzte ein erst kürzlich entzündetes Feuer.
       „Nicht schlecht!“ würdigte der Graf das Ambiente, als er sich an der Stirnseite des Tisches auf einen beschnitzten, mit Rosshaar gepolsterten, Lehnsessel niederließ. „Wie ich sehe lebt Ihr wie ein Fürst, mein Lieber! Freut mich! Freut mich wirklich für Euch!“
       „Nun ja, mein Herr!“ hatte Bacher endlich seine Stimme gefunden. „Alles noch alter Besitz! Im Moment sind die Zeiten schwer ...“
       „Schwer? Mein lieber Bacher, Ihr wollt doch nicht etwa sagen, dass meine Leute euch nicht genügend gegen die Übergriffe der herumstreunenden Banditen geschützt hätten und Ihr deshalb Einbußen erlitten hättet?“
       „Um Himmels willen, Herr! Ihr habt mich missverstanden!“ duckmäuserte Bacher schnell, denn er wusste, dass er die Söldner des Grafen zu fürchten hatte, sollte denen zu Ohren kommen,

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