Die Wolkenkinder
wahrnahm, saß die gräfliche Familie bereits und seine Freunde dienerten heftig. Er musste sich unmerklich schütteln, um gänzlich wieder bei Sinnen zu sein und brachte dann auch einen verspäteten Diener zu Stande.
„ Da wären sie ja nun“, hob der Graf an, „unsere jungen Freunde! Wirklich prächtig beieinander! Der alte Bacher hat nicht übertrieben“
Bacher hatte wirklich Glück gehabt, denn was eigentlich als Strafexpedition gedacht war, nämlich die Salzkuhlen, war ja tatsächlich eine unbeabsichtigte Sommerfrische für die Jungs geworden, wobei die unerlaubten Jagdkünste der Salzmänner auch noch kräftig zum Wohlergehen der jungen Männer beigetragen hatten. So wohlgenährt, mit rosig frischer Hautfarbe und in nagelneuer Kleidung konnte man die Burschen durchaus als schmuck bezeichnen!
„ Was sagst du, Liebste!“ wandte sich der schwerfällige Graf, Lob erwartend, seiner Gattin zu. „Habe ich doch gut daran getan, unsere Mündel, die dir so am Herzen liegen beim Bacher in Ausbildung zu geben! Was?“
„ Ich muss schon sagen“, war die sanfte Stimme der Gräfin zu hören, „das hätte ich nicht erwartet! Dieser Bacher ist doch hie und da zu etwas zu gebrauchen!“
Der Graf war sichtlich mit den Äußerungen seiner Frau zufrieden, hatte er doch befürchtet, das dieser Bacher ihn nicht ernst genommen hatte, als er ihm sagte, er solle die jungen Herren, wie seine Söhne behandeln. Wenn das schief gegangen wäre, hätte er sich auf ein Riesengezänk mit seiner Gattin einstellen müssen und das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. Na was soll’s, dachte der Graf, ist ja noch mal gutgegangen.
„ Schön, schön!“ setzte die Gräfin neu an und verließ ihren Sessel. „Wer von euch ist nun also Randolf?“
Randolf schnitt es in den Magen. Die Gräfin fragte nach ihm. Ausgerechnet nach ihm, obwohl doch Lothar so eine Art Prinz war und nicht er - so dachte er doch die ganze Zeit Lothar wäre der Grund für die hervorgehobene Behandlung am Hofe.
Außer einem: „Ich!“ brachte er nichts heraus und trat einen Schritt nach vorne.
„ So, so!“ klang die klare Stimme der Gräfin an sein Ohr. „Du also!“ Sie hob ihr Kleid ein wenig an und zog, mit dem Stoff ihres Kleides raschelnd, eine kleine Runde um den Auserkorenen, indem sie ihn äußerst genau beäugte: „Was hast du beim Bauern gelernt? Kannst du etwas Besonderes?“
„ Ja, Madame!“ war Randolf stolz. „Ich bin des Kräuterheilens ein wenig mächtig!“
„ So, so! Des Kräuterheilens also! Na immerhin! Und was ist mit deiner Allgemeinbildung? Kannst du lesen und schreiben?“
Und wieder hatte Bacher Glück, denn Lothar hatte im letzten Jahr Randolf abends im Bett eine Art Privatunterricht erteilt und Randolf war ein aufmerksamer Schüler gewesen, sodass er jetzt in der Lage war die Frage zu bejahen.
„ Man glaubt es nicht!“ war die Gräfin erneut überrascht und wandte sich zu ihrem Gemahl: „Der Bacher hat seinen Auftrag gut gemacht, ich bin sehr zufrieden. Gib ihm seinen Titel!“
Die Jungs schauten sich verkniffen an, hatten sie doch offensichtlich gerade dem Bacher zu einem Titel verholfen.
„ Wunderbar, alles Bestens!“ strahlte der Graf über seine feisten Backen. „Ihr seid heute Abend meine Gäste! Ihr werdet dem Hof entsprechend eingekleidet und verbringt den Nachmittag im Schlossgarten. Ich muss derweil meinen Geschäften nachgehen und lasse euch heute Abend rechtzeitig zu Tisch bitten.“ Mit dem Wort: „Gnädigste!“ stand er auf, hielt seiner Gattin die Hand hin und wandte sich zum Gehen. Da erst fiel Randolfs Blick erneut auf die junge Comtesse und wieder stockte ihm das Blut im Leib. Er merkte, wie er glühende Wangen bekam und ihm die Knie weich wurden und merklich zu schlottern begannen.
Plötzlich sah sie ihn an! Wie aus heiterem Himmel sah sie ihn an! Mitten ins Gesicht! Tief in seine Augen! Sie lächelte! Viel hätte nicht gefehlt und er hätte die Besinnung verloren. Sie lachte, hielt sich die Hand vor den Mund und lachte erneut. Hatte sie etwas bemerkt? Hatte er sich verraten? Sein Herz raste, er wusste nicht, was er tun sollte. Er war vollkommen hilflos ihren sinnlichen Augen ergeben. Sie drehte sich ab, ging ein paar Schritte, verharrte und sagte, ohne sich zu drehen: „Ich hoffe Euch im Garten anzutreffen!“
Eine Stimme wie von tausend Geigen! Randolf wusste nicht, wo ihm der Kopf stand. Hatte sie da
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