Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
nippte höflich an ihrer Schokolade, stellte den Becher jedoch fast voll wieder ab. Baronin Beeht sah es und sagte: »Also gut, Mädchen, Jolinda wartet an der Hintertreppe. Geht jetzt mit ihr.«
»Kommst du auch mit, Mamá?«, fragte Hester.
Baronin Beeht, die so groß, so stark und so beherrscht war, schüttelte sich fast unmerklich. »Nein, Liebes, diese Dinge überlasse ich euch. Die Geburten meiner eigenen Kinder haben mir für ein ganzes Leben gereicht.«
Hester lachte herzlich. »Sieh an, Mamá.« Sie umarmte ihre Mutter zärtlich. »Dann gibt es also doch etwas, in dem du keine Meisterin bist.«
Amelia sagte nichts. Sie zog mit blassem Gesicht und angespanntem Mund ihren Mantel über. Als sie dem Stallmädchen durch den Hintereingang des Hauses folgten und in die offene Tür der großen, luftigen Stallungen traten, legte Lark ihr einen Arm um die Schultern. Während sie den mit Sägemehl bestreuten Gang zwischen den geräumigen Pferdeboxen mit den hohen Decken hinuntergingen, holte Lark das Amulett von Kalla aus ihrem Wams und zog es über den Kopf. »Warte, Amelia«, sagte sie.
Amelia blieb stehen und sah Lark an. Lark zeigte ihr das Zeichen und hielt ihr das Band hin. Amelia wollte erst ablehnen, doch dann nahm sie es mit einem kleinen Seufzer in die Hände und hängte es sich um den Hals. »Danke«, murmelte sie. »Das wird mich beruhigen.«
»Gern geschehen«, erwiderte Lark. »Komm jetzt. Gehen wir und sehen, ob dein Fohlen schon da ist!«
Jolinda hatte Amelias Ankunft gut geplant. Das Fohlen lugte schon hervor, als die Mädchen am Stall ankamen. Seine Nase und die zwei winzigen Vorderhufe waren durch die
Fruchtblase hindurch zu erkennen. Die Mutter, eine wunderschöne braune Noble mit glänzenden dunklen Flügeln, die sie vorsichtig zusammengefaltet hatte, um sie während der Geburt zu schützen, stöhnte und presste die Flanken zusammen. Amelia legte die Hände auf ihr Maul, und Lark und Hester drängten sich nah an sie und unterstützten sie mit allen Kräften.
In gewisser Weise, dachte Lark später, war es, als hätte Amelia selbst Wehen gehabt. Sie stöhnte bei jeder Kontraktion und hechelte gemeinsam mit der Stute. Als das Fohlen auf das frische Bett aus Stroh glitt, keuchte sie, als hätte sie selbst die Arbeit geleistet. Jolinda säuberte schnell Maul und Nüstern des Fohlens und trat zur Seite.
»Ein geflügeltes Fohlen, junge Damen«, sagte sie knapp. »Wer auch immer von Ihnen die Reiterin ist, sollte schnell herkommen und es atmen lassen.«
Amelia stieß die Luft aus und sagte mit hoher, dünner Stimme: »Ich. Ich bin das!« Sie beeilte sich, das Tor zu öffnen und zu dem Fohlen zu gehen, das auf dem Stroh lag. Als hätte sie es bereits tausend Mal getan, wischte sie die Nase des Fohlens ab und blies vorsichtig und sicher in die Nüstern. Ohne auf ihre Kleidung oder ihre Hände zu achten, wischte sie Reste der gallerartigen Masse von Augen, Wangen und Ohren. Die Stute wieherte, stand auf und zerriss dadurch die Nabelschnur.
»Gut«, befand Jolinda. »Lassen Sie mich das Fohlen sauber machen, und dann bekommen Sie es und lassen es trinken.« Sie ging in die Ecke und holte einen Stapel zusammengefalteter Handtücher. Lark sah den Gang hinauf, erblickte eine Mistgabel und eine Schubkarre und holte sie schnell zum Stall. Das Stallmädchen gab durch ein Nicken zu erkennen, dass sie ihre Unterstützung schätzte. Lark
ging hinein und half ihr die Nachgeburt aufzukratzen, dann standen sie gemeinsam über dem Fohlen und untersuchten jede Einzelheit, um zu sehen, ob es wirklich gesund war.
»Perfekt«, stellte Jolinda fest.
»Ja«, stimmte Lark zu.
Jolinda blinzelte ihr zu. »Sie haben bereits ein paar Fohlen auf die Welt gebracht, oder?«
Lark schüttelte den Kopf. »Nur eins. Aber haufenweise Ziegen und Kühe.«
»Ah. Jedenfalls machen Sie das gut.«
Lark folgte Jolinda hinaus, stützte sich auf das halbhohe Gatter und beobachtete, wie Amelia mit Fohlen und Muttertier umging. Amelias ganze Zweifel schienen sich angesichts des aktuellen Ereignisses in Luft aufgelöst zu haben. Sie führte das Fohlen an die Zitzen der Stute heran, dann rieb sie es mit den Handtüchern ab, bis sein weiches Fell trocken war und in kleinen Wellen von Brust und Rücken abstand.
Jetzt konnten sie erkennen, dass es ein männliches Fohlen war. Seine Flügel sowie Mähne und Schweif waren so schwarz wie bei seiner Mutter. Sein Körper schimmerte in einem leuchtenden Mahagonirot. Amelia trat zur Seite,
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