Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
des Rates über Meisterin Winter schockiert. Natürlich war
es bei den Verhören durch den Fürsten und den Grafen hilfreich gewesen, dass tatsächlich keine von ihnen auch nur die leiseste Idee hatte, wohin die Flüchtligen verschwunden waren.
Obwohl sie genauso müde war wie alle anderen, kam es Lark vor, als glühe sie vor Freude wie eine Lampe. Die Sonne, die ihr am Vortag so düster vorgekommen war, schien heute unerträglich hell. Sie konnte es kaum abwarten, den Unteren Hof, Broh und Edmar zu sehen … sie freute sich sogar auf Peonie. Nachdem die Last über Meisterin Winters Schicksal von ihrem Herzen gefallen war, fühlte sie sich so leicht, dass sie das Gefühl hatte, vom Karren schweben zu können.
Nikh grinste, als sie auf die Straße einbogen, während Molly hinter ihm auf dem Karren schaukelte und Tup glücklich hinterhertrottete. »Nun sieh dich nur an, Lark«, spöttelte er. »Du scheinst ja richtig froh zu sein, hier wegzukommen.«
»Nein, aber nein, Nikh.« Lark lachte. »Nein, überhaupt nicht! Warte nur, ich verrate dir gleich den Grund!« Auf dem Weg ins Hochland, begleitet von dem Zwitschern der Kleiber und dem Keckern der Eichhörnchen, die in den Hecken miteinander stritten, erzählte sie ihm alles über die Sitzung des Rats der Edlen, wie Meisterin Winter Fürst Wilhelm herausgefordert hatte und über das grausame Urteil, das in der Rotunde gefällt worden war.
Gerade als die Sonne hinter den Hügeln im Westen unterging, erreichten sie den Unteren Hof. Lark blieb beinahe die Spucke weg, als sie Prinz Frans sah, der sie mit einer Mistgabel in der Hand und einem von Brohs Strohhüten auf dem Kopf erwartete. Er war sonnengebräunt und sah kräftig aus. In dem karierten Hemd und der derben Hose
wirkte er eher wie ein Bauer aus dem Hochland als wie einer der vornehmsten Adeligen von Oc.
Nachdem sie Tup und Molly im Stall untergebracht und gefüttert hatte und sich alle an dem langen Tisch versammelten, um Peonies gute Gemüsesuppe zu essen, musste Lark die Geschichte um Meisterin Winter noch einmal erzählen. Broh runzelte die ganze Zeit die Stirn und schnitt ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter, aber Peonie, Edmar und Nikh applaudierten, als sie von der erfreulichen Wendung hörten, dass Meisterin Winter und Soni es irgendwie geschafft hatten, vor dem Fürsten zu fliehen. Nur Broh starrte weiterhin düster vor sich hin und schwieg.
»Sie hätte nach mir schicken lassen sollen«, meinte Prinz Frans schließlich.
»Nein, Hoheit, sie hatte Angst um Ihre Sicherheit. Der Fürst hat nur sein Ziel im Auge, und niemand kann ihn aufhalten.« Sie wurde rot und fügte hastig hinzu: »Bitte verzeihen Sie, Hoheit, ich vergesse manchmal, dass er Ihr Bruder ist.«
»Wo ist sie denn hin?«, fragte Broh.
Lark zuckte mit den Schultern und lachte. »Das weiß niemand, und das ist das Beste an allem! Wenn es niemand weiß, kann auch niemand gezwungen werden, etwas zu verraten!«
»Ich hoffe nur, dass sie an einem sicheren Ort ist.« Brohs Blick war weiterhin finster. »Der Fürst wird niemals aufhören, nach ihr zu suchen.«
Brohs Vorhersage erwies sich als richtig, als Fürst Wilhelm am nächsten Tag auf seinem schäumenden, ausgelaugten braunen Wallach in den Hof galoppierte. Pamella rannte aus der Scheune ins Haus, schnappte sich unterwegs Brandohn
und versteckte sich mit ihrem Sohn in der Speisekammer. Lark rief nach Nikh, der im Kühlkeller war. Frans, der im Küchengarten Unkraut gejätet hatte, sprang über die kleine Mauer, um ihr beizustehen. Er hielt die Spitzhacke in der Hand und stellte sich mitten im Hof direkt vor seinen Bruder. Lark stand im Eingang zu den Ställen und beschützte ihren Hengst. Nikh Hammloh kam die Stufen hinauf und hielt den Butterschlägel mit beiden Händen wie eine Keule umklammert.
Wilhelm sprang vom Pferd und warf die Zügel achtlos auf den Boden. Der Wallach stand mit hängendem Kopf da und rang keuchend nach Luft. Seine mächtigen Flanken hoben und senkten sich, und er zitterte am ganzen Körper.
»Du wirst das arme Tier eines Tages noch umbringen«, sagte Frans kühl.
»Frans.« Wilhelms Gesicht war gerötet und das Haar vom Wind zerzaust, doch sein Ton war ebenso kühl wie der von Frans. »Ich bin überrascht, dich so wohlauf zu sehen. Ich dachte, du lägest irgendwo im Sterben.«
»Ich bin weit entfernt davon zu sterben, was ich von deinem Pferd allerdings nicht so eindeutig sagen kann.«
Ohne das Tier eines weiteren Blickes zu würdigen, rief Wilhelm.
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